Samtpfoten im Schnee
Menschen weiter argumentierte.
Aber zu wissen, dass Boswan vermutlich rachsüchtig genug war, um das Gerücht in die Welt zu setzen, dass es mit ihrer Verlobung etwas Merkwürdiges auf sich hatte, veranlasste Grace, wie angewurzelt zu verharren.
Zudem war es ihr unmöglich, Byron diesem schrecklichen Kerl zu überlassen.
Sie stemmte die Hände in die Hüften, als sie in seine kalten Augen starrte. »Ihr glaubt doch wohl wirklich nicht, dass ich irgendwo ein paar hundert Pfund herumliegen ha-be?«
»Nein, aber ich glaube, Mr. Dalford hätte es«, sagte er schlau.
Grace schüttelte heftig den Kopf. »Das ist absurd. Ich werde Euch nichts geben.«
Mit einem hässlichen Knurren kam Boswan näher. Nahe genug, dass Grace seinen Schweißgeruch wahrnehmen konnte.
»Oh, ich glaube, das werdet Ihr ...«
»Keinen Schritt weiter, Boswan«, befahl eine Stimme von der Tür her.
Grace drohten vor Erleichterung die Knie einzuknicken, als Alexander an ihre Seite kam. Mit einem Gesichtsausdruck, der so unnachgiebig und eisig war wie der russische Winter. Boswan hingegen war von dieser Unterbrechung nicht annähernd so angetan wie sie. Seine schmierige Dreis-tigkeit wandelte sich zu einem süßlichen Lächeln.
»Mr. Dalford, ich wollte gerade ...«
»Erspart mir, welche Lüge auch immer Ihr auszusprechen versucht. Ich habe jedes Wort gehört«, schnitt Alexander ihm kalt das Wort ab.
Boswan versuchte, die Kontrolle über seine im Schwinden begriffene Unverschämtheit wiederzugewinnen.
»Das hier ist eine Sache zwischen Miss Honeywell und mir.«
»Jetzt nicht mehr«, versicherte Alexander ihm mit gefährlich ruhiger Stimme; dann wandte er sich an die Frau, die schweigend neben ihm stand. »Grace, würdet Ihr bitte auf Euer Zimmer gehen?«
Obwohl Grace nichts lieber wollte, als von Boswan fortzu-kommen, zögerte sie jetzt. Absurderweise stellte sie fest, dass es ihr widerstrebte, Alexander mit diesem Schurken allein zu lassen. Was, wenn Boswan gewalttätig werden wür-de? Sie könnte es nicht ertragen, sollte Alexander etwas geschehen.
»Vielleicht sollte ich bleiben«, sagte sie leise.
»Bitte.« Alexander befreite Byron aus Boswans Griff und drückte Grace die malträtierte Katze in die Arme. Er lächelte zärtlich über ihren angstvollen Gesichtsausdruck. »Byron wünscht ohne Zweifel, zu seiner Mutter gebracht zu werden.«
Sie begegnete dem tiefen Blick seiner blauen Augen und verstand dann, dass sie nur im Wege sein würde. Sie nickte langsam.
»Gut.«
Sie ließ sich aus dem Arbeitszimmer führen und ging einige Schritte den Gang hinunter, bis sie hörte, dass die Tür hinter ihr geschlossen wurde. Sie blieb stehen. Obwohl es lächerlich war zu befürchten, dass ein Mann mit Alexanders starken Muskeln und rascher Intelligenz ihre Hilfe brauchen könnte, konnte sich Grace nicht dazu überwinden weiterzu-gehen.
Alexander kennt Boswan nicht so gut, wie ich ihn kenne, sagte sie sich. Er hat nicht gesehen, wie er voller Wut über einen Stallburschen hergefallen ist oder einen Hund verprü-
gelt hat, der das Pech gehabt hatte, ihm über den Weg zu laufen. Und vor allem wusste sie, dass Boswan bisweilen sogar eine Pistole bei sich trug, die er unter seinem Wams verbarg.
Dieser beängstigende Gedanke verursachte einen scharfen Schmerz in ihrem Herzen. Sie konnte nicht gehen, ehe sie wusste, dass Alexander in Sicherheit war.
Grace lauschte angespannt auf die gedämpften Stimmen, die durch die Tür des Arbeitszimmers drangen.
Nach einer Weile, die ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen war, wurde die Tür unvermittelt aufgerissen. Grace fuhr herum und sah sich dem wutschnaubenden Boswan gegenüber.
»Oh.«
Er schnitt eine wilde Grimasse, als er sie beim Hinaus-stürmen sah. »Das ist das zweite Mal, dass Ihr mir eine dicke Chance zunichte gemacht habt«, stieß er hervor. »Ich werde wiederkommen, und wenn ich komme, wird es Euch Leid tun.«
Instinktiv presste Grace Byron fester an ihre Brust, eine Geste, die Boswan nicht entging. Glücklicherweise trat in diesem Augenblick Alexander auf den Gang hinaus und verwies Boswan mit ausgestrecktem Finger des Hauses.
»Hinaus!«
Es war nur dieses eine Wort, aber es genügte, um den Mann wie eine Ratte, die eine brennende Scheune verließ, den Gang hinunterhetzen zu lassen. Als sie allein waren, wandte sich Alexander zu Grace um und sah sie mit resignierter Amüsiertheit an.
»Ich dachte, ich hätte Euch gebeten, auf Euer Zimmer zu gehen.«
Sie überhörte seine Worte.
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