Samtpfoten im Schnee
»Bei einem Wetter wie diesem würde ich jeden aufnehmen, ob er Geld hat oder nicht.«
Er schmunzelte. »Das ist der Grund, warum du niemals reich sein wirst, Caro.«
»Dummes Zeug! Ich wusste, dass ich niemals reich sein würde, als ich dich geheiratet habe, George.«
Lächelnd wandte sich Stephanie wieder zum Fenster. Der Eissturm war vorüber. Er hatte die Bäume in kristallene Sil-houetten verwandelt, und Schnee bedeckte den Hof. Die Fußabdrücke der beiden Bauernburschen waren schon nicht mehr zu erkennen, man sah nichts als das unberührte Weiß.
Es war wunderschön, wenn auch heimtückisch. Stephanie erinnerte sich an die vielen rutschigen Stellen auf der Hauptstraße, mit denen sie auf ihrem Weg zum H orse and Hound Bekanntschaft gemacht hatte. Und zu der Zeit war das Wetter nicht so schlecht gewesen wie heute.
Tante Caroline gesellte sich zu ihr, strich ihr liebevoll über den Rücken. »Ach je, das Schneetreiben hört gar nicht auf.
Ich denke, ich werde die Mädchen nach Hause schicken, bevor es noch schlimmer wird.«
»Gute Idee.« Ihr Mann nickte zustimmend. »Warum sollen wir sie bezahlen, wenn es doch keine Gäste zu bedienen gibt?«
»Und Betsy kann auf ihr Zimmer gehen. Ihr Rheumatismus macht ihr arg zu schaffen. Wir drei werden auch allein zurechtkommen, mag kommen, was da wolle. O Stephanie, du bist erst seit zwei Wochen hier, aber schon weiß ich nicht mehr, wie wir es je ohne dich geschafft haben!«
»Das ist richtig«, pflichtete Onkel George ihr bei.
»Gibt es irgendetwas, was ich jetzt tun kann?«, fragte Stephanie und freute sich über dieses Lob.
»Nun, ja, Liebes. Du kannst hier weitermachen und den Boden fegen«, rief ihr die Tante über die Schulter zu, denn sie ging jetzt auf die Tür zu, die in den Speiseraum führte.
Bereitwillig ergriff Stephanie den Besen und begann, ihre Aufgabe zu erledigen. Onkel George schlenderte hinter die Theke, um sich einen Krug Bier einzuschenken. Auf der Treppe erklangen Schritte.
»Stephanie, was tust du da?«, verlangte Lady Blythe gebieterisch zu wissen.
»Hallo, Mutter.« Stephanie hielt inne und stützte sich auf den Besen. »Ich fege aus, was sonst.«
»Aber das ist der Schankraum!«
»Es ist niemand drinnen«, sagte sie, »und irgendjemand muss es schließlich tun.«
Lady Blythe richtete die Aufmerksamkeit auf ihren Schwager. »Nun sieh dich nur einmal an, George! Vertrinkst du gerade deinen Gewinn?«
»Oh, Dotty, es ist nur ein Krug Ale. Ich habe seit dem Mittagessen keinen Tropfen getrunken.«
Ärgerlich hob sie die Arme hoch. »Warum muss ich so leiden? Meine Nerven sind zerrüttet! Der Kopf will mir platzen!
Dieser Sturm hat mich und Rose fast um den Verstand gebracht! Als das Eis gegen die Fensterscheiben prasselte, ist Rose unter das Bett gekrochen, und Fluffy hat das Gleiche getan!«
»Fluffy? So rückgratlos ist sie?« Stephanie konnte nicht anders, als ihre Mutter zu necken.
»Nun, sie ist inzwischen wieder hervorgekommen. Jetzt liegt sie vor dem Feuer und leckt sich die Staubmäuse von ihrem Fell... äh, Fluffy, meine ich. Rose liegt noch immer darunter.« Sie stieß einen langen, tiefen Seufzer aus.
»George, ich verlange einen Drink, um meine angegriffenen Nerven zu beruhigen.«
»Natürlich, Dotty.« Er grinste. »Soll ich dir einen großen Krug Ale einschenken?«
Sie strafte ihn mit einem herablassenden Blick. »Ein Glas Sherry wird genügen. Danach kannst du im Salon den Kamin anzünden. Stephanie und Caroline sollen mir bei einem kleinen Plausch Gesellschaft leisten.«
»Zuerst muss ich mit dem Fegen fertig sein, Mama.« Stephanie wandte sich wieder ihrer Arbeit zu.
Onkel George nahm seine Flaschen in Augenschein. »Für den Sherry muss ich erst in den Keller gehen, Dotty.«
»Nun, dann tu das!«, schnappte sie und ließ sich auf dem nächstbesten Stuhl nieder. »Du meine Güte, Stephanie, warum verrichtet nicht eines der Mädchen diese Arbeit?«
»Tante Caroline hat sie nach Hause geschickt, damit sie hier nicht vom Schnee eingeschlossen werden. Es sind keine Gäste da, also brauchen wir keine Extrahilfe.«
»Das ist ein wahrer Segen! Vielleicht wird es weiterhin schneien, sodass wir Weihnachten in Frieden verbringen können.«
»Ich müsste noch einige Einkäufe erledigen.« Stephanie schaute besorgt aus dem Fenster, dann zuckte sie zusammen. »Ach du meine Güte! Da hält eine Kutsche!«
»Eine Kutsche?« Lady Blythe eilte an die Seite ihrer Tochter. »Und zudem eine sehr schöne! Ich kann es
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