Samtpfoten im Schnee
qualifiziert.«
»Mehr als ein wenig. Aber zurück zu meinem Problem.
Was soll ich tun? Ich habe von einem Arzt in der Schweiz ge-hört ...«
»Bevor du dich für Gott weiß wie lange auf den Kontinent davonmachst, lass uns versuchen, Joy für eine Zeit lang mit meinen wilden Rangen zusammenzubringen, und zwar für länger als die üblichen Stippvisiten. Wir werden deine Kleine in dem Schlafzimmer einquartieren, das meine Mädchen sich teilen. Die Kinder werden die meiste Zeit miteinander beschäftigt sein. Aber vergiss nicht, Justin, es kann eine ganze Weile dauern.«
»Ich kann sie einfach nicht für längere Zeit allein lassen.«
Justin wusste sehr gut, dass weder er noch seine Tochter ei-ne solche Trennung ertragen könnten. Joy redete zwar nicht, aber wenn sie zur Schlafenszeit die kleinen Arme um den Hals ihres Vaters schlang, sprach das Bände.
»Natürlich nicht! Ich wollte damit auch vorschlagen, dass ihr beide nach Everleigh kommt. Wir erwarten viele Gäste zu unserer großen Wintergesellschaft. Die meisten werden nicht vor Ende der ersten Dezemberwoche eintreffen, ein paar werden aber schon früher da sein. Und du kommst dann auch.«
»Es mag deiner Aufmerksamkeit entgangen sein, Mylady, aber jene von uns, die keine großartigen Titel und Pfründe geerbt haben, müssen für ihren Lebensunterhalt arbeiten.«
»Ach, dummes Zeug! Everleigh ist nur zwei Tagesritte von London entfernt - wenn man bequem mit der Kutsche reist.
Und wenn es sein muss, kommt man noch schneller hin.
ich bezweifle ernsthaft, dass es viel ist, was du nicht von Everleigh aus bewerkstelligen könntest. Und überdies gibt es solche Einrichtungen wie die Post - und Kuriere.«
In gespielter Niederlage hob er die Hände. »Also gut. Wir werden im November kommen.«
»Und bleiben, bis das Parlament eröffnet wird und wir in die Stadt zurückkehren müssen.«
»Wenn du uns nicht schon vorher leid bist.«
»Sollten wir euch vorher leid sein, werden wir dich kur-zerhand zu unserem Schlossgespenst in den Nordturm sperren.«
»Das würde nicht funktionieren. Es erscheint nur Kindern. Außerdem dachte ich, dass sie schon seit Jahren nicht mehr in Erscheinung getreten ist«, erwiderte er.
»Ist sie auch nicht. Nicht so richtig jedenfalls. Denn hin und wieder geschieht es, dass Bücher oder Spielzeug und andere Gegenstände plötzlich anders daliegen, als man sie abgelegt hat. Die dritte Marquise von Everleigh muss eine sehr anspruchsvolle Hausherrin gewesen sein - anders als ihre derzeitige Nachfolgerin!«
»Nun, aber dieser sehr ähnlich in ihrer Liebe zu Kindern.«
»Ja.« Irene schwieg einen Moment. »Aber ich denke, es werden die anderen Kinder und nicht die geisterhafte Lady Aetherada sein, die bei deiner Tochter eine Veränderung be-wirken könnten.«
»Ich hoffe es.«
Irene war, wie schon so oft, auf seine Bitte hin zu Besuch gekommen, da sie ihm raten sollte, was er tun könnte, um seiner kleinen Tochter zu einem normalen Leben zu verhel-fen. Jetzt erhob sich seine Schwägerin, griff nach ihren Handschuhen und machte sich zum Gehen bereit. Sie ordnete die Haube, die ihr sorgsam frisiertes blondes Haar bedeckte, und sah Justin dann eindringlich an. »Zwei Dinge noch, lieber Schwager.«
»Welche könnten das sein?«
»Du darfst kein Wunder erwarten. Es kann durchaus sein, dass Joy auf die anderen Kinder ebenso wenig reagiert, wie sie es bis jetzt auf all deine Bemühungen getan hat. Möglich ist aber auch, dass sie reagieren wird - wenn man ihr genü-
gend Zeit lässt. Wir werden es in Gottes Hand legen.«
»Ich weiß.« Justin schmunzelte. »Und Gott weiß sehr gut, dass Geduld nicht gerade zu meinen Tugenden zählt.«
Irene lachte und streifte sich die ziegenledernen Handschuhe über. »Nein, ich würde auch nicht sagen, dass sie dazugehört.« Und nach einer kleinen Pause setzte sie hinzu: »Du solltest daran denken, Joy eine neue Mama zu geben.«
Justin war mit seiner Antwort auf der Hut. »Ich habe diese Möglichkeit bedacht...«
Sie hob überrascht die Augenbrauen. »Hast du das wirk-lieh? Nun, es werden einige sehr passende Damen unsere Hausgesellschaft mit ihrer Anwesenheit beehren.«
»Welche du ganz zufällig ohnehin auf deiner Gästeliste stehen gehabt hättest, eh? Du bist sehr leicht zu durchschauen, meine Liebe.«
»Ich bin zu dem Schluss gekommen«, erklärte sie in dem Ton, in dem man eine tiefgründige Erkenntnis verkündete,
»dass manche Menschen - und ganz besonders ihr schrecklichen Männer -
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