Samtpfoten im Schnee
war.
»Aber, aber«, beharrte Eleanor, »was bleibt einer Frau in unserer Gesellschaft denn sonst noch übrig? Junge Witwen sind ständig dem Klatsch ausgesetzt...« Sie ließ den Satz unvollendet.
»Die Leute können so viel klatschen, wie sie wollen. Ich bezweifle, dass sie in meinen ziemlich langweiligen Angelegenheiten irgendetwas von Bedeutung finden würden, was sie verdammen könnten. Außerdem« - Meghan lächelte ihre Cousine an - »habe ich dich - und glücklicherweise gehöre ich nicht zu diesen bemitleidenswerten Frauen, die heiraten müssen.«
»Was wirst du tun? Ich habe immer angenommen, wenn du erst aus der Trauer heraus bist, würdest du -«
»Was ich tun werde? Nun, was ich jetzt auch tue. Ich habe meine Arbeit bei der Historischen Gesellschaft, gelegentlich werde ich Gesellschaften besuchen und vielleicht etwas reisen. Ich würde es von ganzem Herzen lieben, nach Rom zu fahren!«
»Oh, Meghan, du kannst dich doch nicht so einfach zusammen mit alten keltischen und römischen Artefakten wegschließen lassen.«
Meghan lachte über die Verzweiflung im Ton ihrer Cousine. »Warum denn nicht? Ich genieße meine Arbeit. Und wer könnte besser mit Kelten und Römern umgehen als jemand, der den Namen >Meghan Minerva< trägt?«
»Was hat dein Vater sich nur dabei gedacht, einem hilflo-sen Baby einen solchen Namen aufzubürden?«
»Nun ...« Meghan gab vor, über diese Frage angestrengt nachzudenken. »Vielleicht lag es an seiner Liebe zu seiner walisischen Mutter und seiner Liebe für das antike Rom?«
»Mag es sein, wie es will...« Eleanor winkte ab, nahm wieder ihre Stickarbeit zur Hand und kehrte zum Ausgangs-punkt des Gesprächs zurück. »Ich sage nach wie vor, dass sich bei dieser Gesellschaft einige interessante Leute versam-meln werden, und deshalb solltest du nicht zweimal überlegen, Lady Everleighs Einladung anzunehmen.«
»Ich habe sie angenommen. Aber -«
»Aber was?«
»Ich habe dir doch erzählt, dass auch Justin Wingate dort sein wird.«
»Und? Was hat er mit deiner Entscheidung zu tun hinzu-gehen?«
Meghan zuckte die Schultern, sie kam sich irgendwie dumm vor. »Es macht mich verlegen, ihm zu begegnen. Ich meine, schließlich habe ich ihn so gut wie angeklagt, den Unfall verursacht zu haben.«
»Ja, das hast du mir gesagt. Aber Lord Justin ist ein Gentleman, und gewiss hat er verstanden, dass du zu jener Zeit außer dir warst. Davon abgesehen dürfte er recht bald nach diesem Ereignis mit seinen eigenen Problemen beschäftigt gewesen sein.«
»Die Krankheit seiner Frau, meinst du?« Meghan erinnerte sich, dass Wingate, kaum sechs Monate nach dem Segel-unfall, bei dem ihr Mann und ihr Sohn ums Leben gekommen waren, seine Frau verloren hatte.
»Ja. Es war so tragisch.«
»Die Tatsache bleibt, dass ich mich sehr unvernünftig benommen habe, und ich werde mich bei ihm vermutlich entschuldigen müssen.«
Meghan erinnerte sich noch sehr gut an die Szene.
Und auch daran, dass die Wurzeln ihrer Feindseligkeit gegenüber Lord Justin in die Zeit lange vor dem Bootsun-glück zurückreichten ...
Meghan Minerva Godwin hatte sich glücklicher schätzen können, als viele andere Töchter eines Landvikars dies konnten. Ihr Großvater mütterlicherseits war der Earl of Fal-mouth gewesen, und das hatte ihr einen Platz in der guten Gesellschaft gesichert. Ihre Erziehung hatte sie jedoch nicht darauf vorbereitet, von dem gut aussehenden, charmanten Burton Kenwick wie im Sturm erobert zu werden. Gefangen im Wunder der ersten Liebe, hatte Meghan schlichtweg die Möglichkeit außer Betracht gelassen, dass einer der Gründe, aus denen Kenwick - nur der Erbe der Würde eines Baronets - sie attraktiv fand, im Titel ihres Großvaters zu suchen gewesen war.
Während des ersten Jahres war die Ehe recht glücklich gewesen. Kenwick zeigte sich aufmerksam und zuvorkom-mend und fand aufrichtiges Vergnügen an seiner jungen Frau - und sie an ihm. Burton schien mit den Freunden seiner Frau wenig gemein zu haben, und vehement lehnte er jeden ihrer männlichen Bekannten ab. Allmählich verlor Meghan den Kontakt zu vielen Menschen, in deren Gesellschaft sie sich einmal wohl gefühlt hatte.
Die größte Enttäuschung in ihren ersten Ehejahren war ihre Unfähigkeit, ein Kind auszutragen. Vor Stephen hatte Meghan eine Fehlgeburt erlitten. Kenwick hatte kein Wort darüber verloren, aber sie spürte, dass er ihr die Schuld daran gab. Und seine Mutter hatte ganz gewiss keinen Hehl daraus gemacht, wen sie für
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