Samtpfoten im Schnee
Ich will meinen Papa! Aber sie sind tot!«
Stephanie lief zu ihr. »Erlaubt mir, sie zu nehmen.«
Ehe David auch nur blinzeln konnte, waren Stephanie und Eugenia aus der Tür. Er starrte ihnen mit offenem Mund nach, ehe er sich zu den am Tisch Sitzenden umwandte. »Ich möchte mich entschuldigen ...«
Lady Blythe wehrte mit einer Geste ab. »Es ist endlich heraus.«
»Mylord, hat Lady Eugenia je um ihre Eltern geweint?«, fragte Caroline.
»Nicht, dass ich wüsste. Wir alle hielten das für recht seltsam, aber...«
»Sie hat ihren Kummer in sich verschlossen.« Lady Blythe seufzte. »Lasst uns hoffen, dass dies die Luft ein für alle Mal gereinigt hat und dass Eugenia von nun an ein neues und glückliches Leben führen wird, ohne Wutanfälle und ohne traurige Gedanken.«
»Ein Anfang wird es ganz gewiss sein«, stimmte, ihre Schwester zu.
Stephanie kehrte für eine lange Zeit nicht in den Salon zu-rück. Als sie wieder auftauchte, blieb sie an der Tür stehen.
»Es ist jetzt alles in Ordnung. Wir haben lange miteinander geredet, und sie hat angefangen, sich mit dem Schmerz auseinander zu setzen, den sie bislang verdrängt hat. Sie schläft jetzt. Fluffy ist bei ihr. Ich bin sicher, dass sie bis morgen durchschlafen wird. Sie war ziemlich erschöpft.«
Stephanie sah ebenfalls sehr angegriffen aus, aber David wünschte sich, sie würde noch ein kleine Weile bleiben.
Und wenn die anderen sich dann zurückgezogen hätten, würde er ungestört mit ihr reden können. »Darf ich Euch ein Glas Wein holen, Miss Blythe?«
»Nein, danke, Lord Donnington. Bitte entschuldigt mich.
Ich möchte auch zu Bett gehen.« Sie lächelte matt. »Gute Nacht.«
Die anderen reagierten mit Verständnis.
»Wartet!« David ging mit großen Schritten zu ihr.
»Ja, Mylord?« Die grünen Augen blickten matt vor Müdigkeit.
Er hatte nicht das Herz, sie zurückzuhalten. Und die Frage, die er ihr stellen wollte, konnte nicht gestellt werden, wenn andere dabei zugegen waren. Er würde bis morgen warten müssen.
»Ich möchte Euch danken«, sagte er deshalb anstelle der Frage. »Ihr seid mit der Situation viel besser umgegangen, als ich es gekonnt hätte.«
»Oh, das bezweifle ich, Mylord.« Stephanie schwankte ein wenig.
»Darf ich Euch hinaufbegleiten?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Das wird nicht nötig sein.«
»Wenn Ihr Euch sicher seid.« David sah ihr nach, als sie den Gang entlang- und die Treppe hinaufging, ehe er zu ihren Verwandten zurückkehrte. Hoffentlich würde morgen der Tag sein. Falls er sie allein anträfe. Was manchmal durchaus schwierig war.
Der Weihnachtstag dämmerte herauf. Stephanie erwachte von einem lauten Klopfen an der Tür. Noch nicht ganz beieinander, sprang sie aus dem Bett, warf sich den Morgenmantel über und beeilte sich, dem Klopfenden zu öffnen.
»Miss Stephanie! Miss Stephanie! Kommt und schaut!«, rief Eugenia ihr zu, packte sie bei der Hand und zog sie den Korridor hinunter.
»Was ist denn geschehen?«
»Kätzchen!«, rief das kleine Mädchen. »Als ich aufgewacht bin, waren überall Kätzchen! Ich glaube, es sind sechs, Miss Stephanie!«
Lord Donnington, angekleidet mit seinem Morgenmantel, kam aus seinem Zimmer gestürzt. »Was ist los? Was ist passiert?«
»Ich bin nicht angezogen!«, rief Stephanie.
»Das macht nichts! Es ist doch nur Onkel David!
Kommt!«, rief Eugenia.
»Und ob das etwas macht!«, widersprach Stephanie. »Es ist der Gipfel der Unschicklichkeit.«
»So wie sich auf dem Dachboden zu küssen!«
»Ihr habt das gesehen?«, keuchte Stephanie.
»O ja, und alle anderen wissen es auch. Kommt und schaut! Auf meinem Bett!«
Eugenia stürmte weiter. Und wirklich, Fluffy und ihre sechs neugeborenen Jungen lagen behaglich am Fußende des Bettes. Die Katze schaute ihre Herrin mit großen Augen an und blinzelte, fast schien es, als lächelte sie stolz.
»Sie scheinen alle wohlauf zu sein«, sagte Eugenia, »aber eine Sache stimmt nicht. Alle Kätzchen haben die Augen zu.
Sind sie vielleicht zu früh geboren worden?«
»Kätzchen und auch einige andere Tiere haben die Augen geschlossen, wenn sie neugeboren sind«, erklärte Onkel David und beugte sich über Stephanies Schulter.
Stephanie zuckte zusammen. Sie schaute erst zu ihm, dann zu der offen stehenden Tür und betete, dass niemand sie so sehen würde. »Ich muss mich ankleiden!«
Wie auf der Flucht lief sie den Korridor hinunter und verschwand in ihrem Zimmer. Oh, was für ein Glück hatte sie gehabt! Niemand
Weitere Kostenlose Bücher