Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz
Geräusche dämpfte, hallte der Pistolenschuss in ihren Ohren nach. Sie fuhr in Dashs Umarmung hoch. Wer hatte da geschossen?
Ein Wegelagerer?
Mitten in einem Wintersturm?
Die Kutsche brach plötzlich nach rechts aus, und laute Männerstimmen riefen durcheinander. Dashs Arm umklammerte sie, als sie vorwärts fiel, und er zog sie wieder zurück an seine harte Brust. Sie prallte mit dem Rücken gegen ihn, die Luft wurde aus ihren Lungen gepresst, und sie grub die Finger in seinen Arm, um sich festzuhalten. Seine Füße in den festen Stiefeln stemmten sich gegen den Boden des Wagens. Die Kutsche schlingerte heftig in die andere Richtung, dann rutschte sie wie über einen gefrorenen See, und alles kippte zur Seite weg.
Schreie erfüllten die Kutsche – sie war es, die schrie. Er hielt sie mit einem Arm fest, während er sie beide mit seinem freiem Arm und einem Bein stützte.
Die Kutsche hielt mit einem dumpfen Geräusch. Sie war kurz ins Kippen geraten, hatte sich aber wieder aufgerichtet, sodass sie jetzt wieder sicher auf den Rädern stand.
Maryanne schnappte nach Luft. „Sind wir von der Straße abgekommen?“
„Ja.“ Mit dieser einsilbigen Antwort schob Dash sie wieder auf den Sitz und beugte sich zur Tür vor. Als er die mit Schnitzereien verzierte Tür öffnete, blies ein eisiger Wind ins Innere der Kutsche. Maryanne zog sich ihren Umhang enger um die Schultern, während Schneeflocken sich auf ihren Wangen niederließen. Sie sah, wie einer der Reitknechte, die sie begleiteten, herbeieilte, dann füllte Dashs großer Körper die Türöffnung.
„Was ist passiert?“, hörte sie ihn brummen.
Die Stimme eines jungen Mannes antwortete. „Wir sind in eine Schneewehe geraten, Mylord. Ein Verrückter raste in einer zweirädrigen Kutsche an uns vorbei, wendete, kam dann auf uns zu und feuerte im Vorbeifahren einen Schuss ab.“
„Wurde jemand verletzt?“
„Nein, aber Riggs klagt über einen großen blauen Fleck.“
„Er ist großartig gefahren und hat uns davor bewahrt, im Graben zu landen.“
Maryanne stellte fest, dass sie noch immer zitterte, doch Dash war in der Lage, in ruhigem Ton seine Diener zu loben. Sie war erstaunt und ertappte sich dabei, wie eine Welle des Stolzes sie durchlief. Dieser bemerkenswerte Mann gehörte ihr.
Nur dem Namen nach, rief sie sich in Erinnerung.
Dash lehnte sich wieder zurück, und sie hörte die letzten Worte des Knechts: „Wir werden ein wenig schieben müssen, aber es wird nicht lange dauern, die Räder freizubekommen. Sind Sie und Ihre Ladyschaft unverletzt?“
Nachdem Dash genickt und etwas Unverständliches gemurmelt hatte, warf er die Tür wieder zu und sperrte die Kälte und den heulenden Wind aus, doch als er die Lampen anzündete, weiteten sich Maryannes Augen.
Seine Lippen waren zu einer harten Linie zusammengepresst, seine Augen halb geschlossen und düster.
Er sah … gehetzt aus.
12. KAPITEL
Konnte sie es wagen, Dash direkt zu fragen, worüber er sich Sorgen machte?
Aus den Augenwinkeln blickte Maryanne ihren Ehemann nachdenklich an.
Er lehnte am Fenster der Kutsche und sah hinaus, neben sich eine Pistole. Wegen der Waffe konnte sie sich nicht länger an ihn lehnen. Obwohl er seinen Arm einladend auf der Lehne der mit blauem Samt bezogenen Sitzbank ausgestreckt hatte, war die Mauer zwischen ihnen noch höher geworden. Sein offener Mantel enthüllte die kräftigen Beinmuskeln, die nervös unter seinen Hosen zuckten. Sein Kiefer war verkrampft, er hielt die Zähne so fest aufeinandergepresst, dass sie es knirschen hören konnte.
Er wartete darauf, dass der Kampf begann – der Kampf um sein Leben.
Auf den Straßen waren nur allzu viele schlechte Kutscher unterwegs, warum war er so furchtbar angespannt und erwartete offensichtlich einen Angriff?
Sie hasste es, so dazusitzen, die Hände im Schoß gefaltet. Ihr Nacken war so verspannt, dass es schmerzte, ihre Kehle so trocken, dass sie kaum schlucken konnte.
„Wir sind da. Zu Hause.“ Bei den Worten „zu Hause“ hatte seine Stimme einen leisen ironischen Unterton.
Dash beugte sich vom Fenster weg, und sie sah Lichter. Diener waren mit Lampen aus dem Haus geeilt und kamen auf die Kutsche zu. Sie reckte den Hals und wurde von dem vielen Licht, das ihr entgegenfunkelte, geblendet. „Du liebe Güte, ist jedes Fenster in deinem Haus erleuchtet?“
Ein zärtliches Lächeln glitt über seine wohlgeformten Lippen. „Sehr wahrscheinlich. Sie haben hier zuletzt vor dreißig Jahren die Ankunft
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