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Samuel Carver 04 - Collateral

Samuel Carver 04 - Collateral

Titel: Samuel Carver 04 - Collateral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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draußen war. Ich ... ich ...« Der Anflug eines erschöpften Lächelns huschte über ihr Gesicht. »Ich habe nicht zu hoffen gewagt, dass du es bist.«
    »Komm«, sagte Carver und half ihr aus der Wanne. »Bringen wir dich hier raus.«
    Zögernd suchte er nach den richtigen Worten und fragte dann: »Hat er ... hat er dich anständig behandelt?«
    Zalika drückte sich enger an ihn. Er fühlte ihr Nicken an seiner Schulter. Dann zog sie sich eine Handbreit zurück und sah ihm in die Augen, während sie mit den Fingerspitzen über seine Wange strich.
    »Alles in Ordnung«, flüsterte sie. »Er hat mir nichts getan. Ehrlich.«
    Sie zog sich an und verließ mit Carver das Haus, klammerte sich jedes Mal an ihn, wenn sie an einem Toten vorbeikamen. Draußen trafen sie auf Justus, und mit ihm machten sie sich auf den Weg zum Land Rover.
    Irgendwo in der Dunkelheit hallte das Gebrüll eines Löwen durch den Busch, drohend wie ferner Donner.

92
    Die Wildhüter nannten ihn Lobengula nach dem letzten großen Kriegerkönig der Ndebele. Er war von Anfang an der größte und kräftigste des Wurfes gewesen. Die beiden Brüder und die Schwester waren jung verendet wie viele Löwen. Einer wurde von Hyänen gerissen, einer von einer Giftschlange gebissen und das dritte Junge von einem älteren Männchen zerfleischt. Aber Lobengula überlebte und wurde rasch der prächtigste Junglöwe seines Rudels.
    Zu gegebener Zeit verließ er das Rudel, wie es alle Männchen tun, und wurde zum Nomaden. Er zog durch das Stratten-Reservat, bis er ein anderes Rudel fand, dessen Anführer seine beste Zeit hinter sich hatte und allmählich schwach wurde. Lobengula kämpfte mit ihm, tötete ihn und nahm seinen Platz an der Spitze des Rudels ein. Fünf Jahre lang behauptete er diese Position, war ein prachtvolles Geschöpf mit anderthalb Metern Schulterhöhe und drei Meter fünfundsechzig Länge von der Schnauze bis zur Schwanzspitze. Während seiner besten Zeit wog er sechshundert Pfund, und die ausladende schwarzbraune Mähne war jedem, der in seine Nähe kam, ein Zeichen von Kühnheit und Majestät.
    Ein männlicher Löwe führt jedoch ein gefährliches Leben. Er braucht nicht zu jagen – seine Mähne führt wie ein dicker Schal zu Überhitzung, wenn er gezwungen ist, eine Beute längere Zeit zu hetzen. Aber er muss Kämpfe bestehen. Er muss das Rudel gegen jede Bedrohung von außen schützen und sich gegen andere Männchen, die seinen Platz einnehmen wollen, zur Wehr setzen. Die Laufbahn eines Löwen endet wie die eines Politikers unweigerlich mit Versagen. Er wird entweder getötet oder gezwungen, das Rudel zu verlassen und als Einzelgänger zu leben.
    Als Lobengula schließlich einem Rivalen unterlag, war er noch kräftig genug, um sich am Leben zu erhalten. Doch der Tod im Zweikampf wäre vielleicht ein nobleres Ende gewesen als die erbärmliche Existenz, zu der er verdammt war. Er streifte durch den Busch, suchte nach Aas oder jungen und schwachen Tieren, die er schnell überwältigen konnte. Doch die Nahrungsarmut, unter der die menschliche Bevölkerung litt, griff bald auf die Tierpopulationen über. Die Wildhüter des Reservats taten ihr Bestes, um Wilderer abzuschrecken, doch die Verzweiflung der Leute war so groß, dass viele Gnus, Antilopen und sogar Zebras des Fleisches wegen geschossen wurden. Und am Ende begannen die Wildhüter, die unterbezahlt und selbst hungrig waren, ebenfalls zu wildern.
    Jedes von Menschen erlegte Tier fehlte als Nahrung für andere Tiere. Die Löwen hungerten. Weibchen konnten ihre Jungen nicht mehr ernähren. Allein umherziehende Männchen wie Lobengula sahen ihre Muskeln schwinden und die Rippen unter dem Fell hervortreten. Doch selbst der räudige, alte Lobengula war noch ein sehr großes, gefährliches Tier. Und er wurde mit jedem Tag übellauniger, ein zorniger, verbitterter alter Mann mit einem Groll gegen die ganze Welt.
    In dieser Nacht hatte er seinen Missmut hinausgebrüllt, als er durch den Busch streifte und nach etwas Essbarem suchte, aber keinen Fetzen Fleisch auftreiben konnte. Jetzt war er müde und hungriger denn je. Darum legte er sich nieder, wo es ihm gefiel, was alle Katzen tun. Und wie jede andere Katze auch hatte er absolut keine Lust, den einmal gefundenen Platz wieder zu verlassen.

93
    Fünfzehn Minuten lang kam der Land Rover über das relativ flache, offene Terrain gut voran. Von Zeit zu Zeit sahen sie Tiere, eine Giraffe, ein paar Warzenschweine, sogar eine Nashornkuh mit ihrem Kalb.

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