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Samuel Carver 04 - Collateral

Samuel Carver 04 - Collateral

Titel: Samuel Carver 04 - Collateral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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vorbeidröhnten.
    Das Fahrwerk zerschellte, der Rumpf schlidderte über den Asphalt und drehte sich dabei. Die rechte Tragfläche traf einen voll beladenen Holztransporter und riss ab, aber die Twin Otter rutschte weiter, trudelnd wie eine Frisbeescheibe, kam von der Straße ab, holperte noch ein Stück über nackten Boden und kam in einer dichten Wolke aus schwarzem Rauch und aufgewirbeltem Staub zum Stehen.
    Eine Weile rührte sich nichts. Die Schaulustigen, die sich am Straßenrand eingefunden hatten, standen nur da und trauten sich nicht zu der Absturzstelle aus Angst vor einer Explosion. Doch als die Sekunden verstrichen und die Explosion ausblieb, wagten sich die Ersten nervös zu dem Flugzeug.
    Einer kletterte auf die Nase und spähte durch die rissige Frontscheibe ins Cockpit. Andere zogen an der Tür der Passagierkabine hinter den Resten des linken Tragflügels. Dann sprangen sie zurück, weil der Griff von innen bewegt wurde.
    Die Tür schwang auf.
    Dahinter kam ein weißer Mann in schwarzem Kampfanzug zum Vorschein. Sein Gesicht war blutüberströmt von einer Platzwunde an der Stirn. Er hielt sich mühsam aufrecht, indem er sich mit der rechten Hand am Türrahmen abstützte. Mit der linken winkte er kraftlos.
    »Kommen Sie her«, krächzte er. »Helfen Sie bitte.«
    Ein Lkw-Fahrer in einem Fußballtrikot mit Manchester-United-Aufdruck half dem Mann herunter. Dann rief er aufgeregt seine Mitfahrer heran, damit sie ihm halfen. Kurz darauf konnten die Leute sehen, worum sich seine Aufregung drehte, als zwei Passagiere aus dem Flugzeug getragen wurden, ein schwarzer junger Mann von knapp zwanzig Jahren und seine ältere Schwester.
    Beide waren am Leben.

89
    Justus Iluko hatte immer versucht, nicht an den Abend zurückzudenken, an dem er Sam Carver zum ersten Mal sah. Aber manchmal ließ sich die Erinnerung nicht zurückdrängen, und nachts träumte er oft von einer Kleinstadt in Mosambik, sah einen Mann über ein hilfloses junges Mädchen gebeugt, hörte die Rufe von Betrunkenen und das Kichern von Prostituierten, die in einer schmutzigen Kneipe anschaffen gingen, hörte Schüsse und explodierende Granaten, die Schreie der Verwundeten, das Rattern eines nahenden Hubschraubers, spürte das Gewicht des sterbenden Morrison, den er mit anderen an Bord zog. Und bei alldem hatte ihn die Todesangst fest im Griff. Dann wachte er schweißgebadet auf. Früher hatte Nyasha ihn beruhigt, bis die nächtlichen Dämonen wieder in die Dunkelheit verschwunden waren. Jetzt war sie tot, und sein altes Bett gab es wahrscheinlich nicht mehr, genauso wenig wie das Haus, in dem er mit seiner Familie gelebt und von einer besseren Zukunft für seine Kinder geträumt hatte.
    Doch er war noch am Leben, während so viele andere umgekommen waren, und jetzt sollte der Albtraum in neuer Gestalt von vorne beginnen. Diesmal war es ein friedlicher Abend. Man hörte nur die Grillen zirpen, und gelegentlich raschelte ein Tier im hohen Gras und störte die mondbeschienene Stille. Von seinem Posten hinter einem gefällten Baum konnte Justus nur hundert Schritte entfernt das niedrige Haus mit dem Strohdach sehen, das für ihn noch immer die Stratten-Farm war. Auf der Terrasse hatten die Strattens so viele Mahlzeiten eingenommen und so viele Gesellschaften abgehalten, bei denen die afrikanischen Angestellten sich für einen Abend in weiß befrackte Kellner verwandelten. Sie sah noch genauso aus wie früher. Sogar die Palmblattsofas und -sessel standen noch da. Doch Zalika Stratten war eine Gefangene in ihrem einstigen Heim, und ihre Familie verweste in anonymen Gräbern.
    Jetzt saßen bewaffnete Männer auf den Stühlen und beugten sich über den Tisch, an dem sie Karten spielten. Sie waren zu viert. Es standen zwar Bierflaschen auf dem Tisch, aber die Männer waren nicht angetrunken. Ihr Benehmen war äußerst ruhig, das Kartenspiel sollte nur die Zeit totschlagen, die sie nicht im Haus oder auf dem Grundstück Wache halten mussten. Ab und zu kam eine Frau zu ihnen, aber sie war keine Prostituierte, sondern eine respektable Haushälterin, die jeden Mann rügte, der es wagte, die Füße hochzulegen, auch wenn sie ihnen nur das Essen brachte.
    Carver und Justus waren vor zwei Stunden angekommen, nachdem sie den Land Rover anderthalb Kilometer vom Haus entfernt im Busch abgestellt hatten. Sie hatten sich lautlos genähert, und Justus war überrascht und ziemlich beeindruckt gewesen, wie geschickt Carver den Weg wählte, weichen Boden mied und sich

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