Samuel Carver 04 - Collateral

Titel: Samuel Carver 04 - Collateral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain

Vom Netzwerk:

brummte Klerk, »aber die einzigen Männer, mit denen ich dich je gesehen habe, waren verweichlichte Playboys ohne jeden Mumm. Von denen war dir keiner gewachsen. Aber in ihm hast du deinen Meister gefunden, und das weißt du.«
    »Ach, sei nicht albern«, erwiderte Zalika und versuchte, ihre Verlegenheit zu überspielen.
    Carver sah sie zum ersten Mal erröten. Plötzlich wirkte sie weicher, verletzlicher und, ja, begehrenswerter. Er überlegte, wie sie wohl als Ehefrau wäre, als Mutter seiner Kinder, und musste sich plötzlich ein Grinsen verkneifen. Klerk stellte sich gern als einfachen, ehrlichen, harten Geschäftsmann dar, aber er war ein gerissener Halunke und ein sentimentaler dazu.
    »Jetzt aber ab mit dir«, sagte Zalika zu ihrem Onkel. »Du musst deinen Flug nach Jo’burg erwischen. Du weißt, wie sehr Brianna es verabscheut, wenn ihr spät dran seid. Und das Flugzeug wartet nicht ewig. Nicht mal auf dich.«
    Klerk gab ihr einen Abschiedskuss, schüttelte Carver die Hand, wünschte ihnen viel Glück und ging.
    »Wie wär’s mit einer Runde im Pool?«, fragte Zalika, als sie allein waren.
    »Ich habe keine Badehose dabei.«
    »Wer braucht die schon?«
    Der Pool von Campden Hall hatte ein Glasdach, das auf Knopfdruck zur Seite fuhr, genau wie die Glaswände, sodass die Schwimmer an dem warmen Frühlingsabend im Freien baden konnten. Der Himmel war noch hell und würde es noch für ein paar Stunden bleiben. Man hörte die Vögel zwitschern und den Wind in den Bäumen rascheln.
    Zalika tauchte ins Wasser, ohne Wellen zu schlagen, schwamm ein Stück in schnellem Kraul und legte eine Wende hin, die Carver unverschämt sexy fand – einen Moment lang sah er ihre sonnengebräunten nassen Beine und Pobacken glänzen –, dann schwamm sie an den Ausgangspunkt zurück, wo er stand und sie beobachtete.
    Sie legte die Ellbogen auf den Beckenrand. »Willst du nicht reinkommen?«
    »Doch«, sagte er. »Zweikampf unter Wasser ist meine Spezialität.«
    »Erst mal musst du mich kriegen.«
    Carver war schneller – ein bisschen – und stärker, aber sie war wendig und flink. Bis er sie endlich schnappte, war er außer Atem vor lauter Anstrengung und Lachen. Aber er hatte sie und hielt sie fest und küsste sie mit der ganzen aufgestauten Leidenschaft, dass es sie beide überwältigte.
    Einer im ruhelosen Arm des anderen taumelten sie vom Pool zum Haus zurück. Zalika klammerte mit einer Hand das Frotteetuch vor der nassen Brust zusammen und quietschte vor Vergnügen, als sie versuchten, nach oben zu gelangen, ohne vom Personal entdeckt zu werden. Eine Zeit lang standen sie aneinandergeschmiegt unter der dampfenden Dusche, dann taumelten sie zum Bett. Und Carver schien es, als müsste er sie selbst beim Sex noch besiegen. Er war sich nicht sicher, ob sie ihm seine anfängliche Weigerung, den Job zu übernehmen, noch ein bisschen übel nahm oder ob das ein tieferes, untrennbares Merkmal ihrer Persönlichkeit war. Doch sie schien sich gezwungen zu fühlen, ihm Widerstand zu leisten. Es war ein zärtliches Ringen, bei dem sie nicht unterliegen wollte und ihm den Rücken aufkratzte, seine Grenzen ausreizte, bevor sie sich endlich entspannen und der Ekstase hingeben, ihre Niederlage akzeptieren konnte.

50
    In London kommen so viele Hautfarben und Nationalitäten zusammen wie sonst nirgendwo. Und unter allen Flughäfen der Welt fertigt Heathrow die meisten internationalen Passagiere ab. Nirgendwo ist die ethnische Mischung so bunt und dicht wie in seinen überfüllten Terminals. Es wäre sehr ungewöhnlich, wenn dort jemand wegen seines Aussehens einen zweiten Blick auf sich zöge. Daher schenkten Samuel Carver und Zalika Stratten dem großen, kahlrasierten Afrikaner, der einige Schritte entfernt mit dem Handy am Ohr bei einem Koffer stand, nicht die geringste Beachtung. Sie waren dabei, ihr Gepäck für den Donnerstagmorgen-Flug mit Cathay Pacific nach Hongkong aufzugeben.
    Carver war emotional mit der schönen Frau neben ihm und geistig mit dem bevorstehenden Auftrag beschäftigt. Er war noch nie in Hongkong gewesen und versenkte sich während des Fluges die meiste Zeit in Stadtpläne und Reiseführer, teils als Profi, der sich mit der entscheidenden Umgebung vertraut macht, teils als Tourist, der sich von einer fremden Stadt faszinieren lässt, von einer kleinen Insel kapitalistischer Demokratie in dem großen kommunistischen China.
    Hongkong war von einer Vielzahl von Inseln umgeben und bestand aus drei Teilen. Der erste