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Samuel Carver 04 - Collateral

Samuel Carver 04 - Collateral

Titel: Samuel Carver 04 - Collateral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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frisiert werden, ohne Rücksicht auf die Kosten oder Anzahl von zu ersetzenden Bauteilen. Er gab dem Verkäufer ein anspornendes Trinkgeld von zwanzigtausend Hongkong-Dollar, damit der Auftrag innerhalb von zwei Tagen ausgeführt würde. Dann beantwortete er alle Fragen, die dem Mann auf der Stirn geschrieben standen, und erzählte augenzwinkernd, dass ein Freund sich gerade einen neuen Porsche 911 gekauft habe. Er wolle in seinem verbeulten alten Wagen bei ihm aufkreuzen und ihm ein Rennen mit einer hohen Wette vorschlagen. Dann wolle er mal sein Gesicht sehen, wenn der Honda gewänne. Das sei ein prächtiger Scherz, stimmte man überein, und Carver wurde das Versprechen abgenommen, am Montag wieder herzukommen und den Kollegen in der Service-Abteilung von seinem Sieg zu berichten, den die Kollegen für ihn errungen hatten.
    »Du bist ein erstklassiger Lügner«, bemerkte Zalika, als sie das Autohaus verließen.
    »Dann sind wir schon zwei«, erwiderte Carver. »Kein Wunder, dass Klerk dachte, wir würden zusammenpassen.«

51
    Moses Mabeki musste sich in die Vergangenheit versetzen, als er die Nummer wählte. Er musste an den jungen Mann denken, der er vor zwölf Jahren gewesen war, und sich den Tonfall vorstellen, mit dem er damals unter seinen Kommilitonen an der London School of Economics gesprochen hatte: die selbstbewusste, großspurige Sprechweise eines gutaussehenden Jugendlichen mit besten Beziehungen, dessen größtes Problem die Frage war, ob er vom Studium genug Zeit abknapsen konnte, um all die Mädchen unterzubringen, die ihn unbedingt kennenlernen wollten. Das war eine Maske gewesen, eine Rolle, genau wie der pflichtbewusste, dankbare Junge, den er Dick Stratten vorgespielt, oder der brüderliche Freund, den er vor Andy gegeben hatte. Dieser Tonfall hatte ihm viel eingebracht, und jetzt war es notwendig, ihn noch einmal hervorzuholen.
    »Johnny Zen, alter Junge«, sagte er, als er durchkam. »Was liegt an?«
    »Moses? Moses Mabeki?«, fragte sein ehemaliger LSE-Genosse Zheng Junjie und lachte los. »Heilige Scheiße, das muss – wie viel? – zehn Jahre her sein.«
    »Mehr«, sagte Mabeki. »Unter meiner Brücke ist viel Wasser durchgeflossen. Unter deiner auch, möchte ich wetten.«
    »Na du weißt ja, wie das ist. Man kriegt einen anständigen Job. Man heiratet, kriegt Kinder. Plötzlich ist man ein alter Knacker. Aber ich will mich nicht beklagen. Ich erschließe Industriegebiete, und das Geschäft läuft gut. Wie steht’s mit dir?«
    »Ich habe weder Frau noch Kinder. Aber ich kann mich auch nicht beklagen.«
    »Keine Frau, hm? Ha! Typisch Moses, die Auswahl ist einfach zu groß, was? Also, was kann ich für dich tun, Bruder?«
    Auch Zheng setzte eine Maske auf; das tat er bei allen Nicht-Chinesen. In der Generation der Eltern galten sie noch alle als Barbaren, unzivilisierte Leute, und Afrikaner wie Moses Mabeki nicht einmal als Menschen. Zheng teilte diese Vorurteile nicht in demselben Maße – seine Generation strebte nach deutschen Autos, italienischen Designerklamotten und einer Eigentumswohnung in Manhattan –, aber das Gefühl der Überlegenheit war geblieben, desgleichen die absolute Trennung zwischen dem wahren Gesicht, das er nur der Familie und dem engsten Freundeskreis zeigte, und dem Gesicht, das er Menschen wie Mabeki präsentierte. Sie waren Freunde gewesen. Mabeki hatte Seiten, die er respektierte, um die er ihn sogar beneidete. Aber sie konnten niemals auf einer Stufe stehen.
    So betrachteten sich die beiden gewissermaßen vom selben Standpunkt. Und sie waren intelligent genug, um das zu wissen. Doch das sollte ein Geschäft zum beiderseitigen Vorteil nicht beeinträchtigen, da waren sie sich einig.
    »Erinnerst du dich noch an unser gegenseitiges Versprechen?«, fragte Mabeki.
    »Hm-hm«, brummte Zheng unverbindlich.
    »Wir haben über unsere Familien geredet – dass ich von einem König der Ndebele abstamme und dass deine Familie sehr mächtige Tanka sind. Ich habe dir versprochen, dass ich meine Beziehungen spielen lasse, falls du mal nach Afrika kommst und etwas brauchst, das sich mit konventionellen Mitteln nicht erreichen lässt.«
    Von Zheng kam ein gedehntes Ja.
    »Und wenn ich mal nach Hongkong käme, würdest du dasselbe für mich tun. Weißt du noch?«
    »Natürlich. Und das war ernst gemeint.«
    »Gut. Ich bin in Hongkong, und du musst mir einen Gefallen tun.«
    »Verstehe. Und wie soll der aussehen?«
    »Du sollst mir etwas abkaufen und einen schnellen, diskreten

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