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Samuel Carver 04 - Collateral

Samuel Carver 04 - Collateral

Titel: Samuel Carver 04 - Collateral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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Kreuz gegenüber.
    »Der Präsident und die First Lady werden die Kommunion im Sitzen empfangen. Die Gesundheit des Präsidenten lässt das Knien nicht mehr zu. Die anderen Teilnehmer werden in einer Reihe dahinter knien.«
    »Werden Sie ebenfalls teilnehmen, Mr. ...? Verzeihung, ich habe Ihren Namen nicht mitbekommen.«
    »Mabeki. Nein, ich werde an dieser albernen Scharade nicht teilnehmen.« Er trat dicht an Carver heran, sodass er vor ihm aufragte. Dann beugte er sich unmittelbar zu dessen Gesicht herab und forderte ihn heraus, dem Anblick des Narbengewebes und des speichelglänzenden Zahnfleischs auszuweichen. »Sehe ich aus, als glaubte ich an einen gerechten und gnädigen Gott?«
    Plötzlich wurde Carver deutlich, wie verzehrend Mabekis Machthunger sein musste, dass er sich entschieden hatte, dieses Äußere um seiner Wirkung willen zu behalten, anstatt wenigstens das Schlimmste durch eine Operation beheben zu lassen. Er wollte tatsächlich so entstellt, so abstoßend aussehen. Er zog daraus Kraft.
    »Nun«, erwiderte Carver und hoffte, dabei ein angemessen verständnisvolles Gesicht zu machen, »es steht uns nicht zu, über Gottes Absicht zu urteilen, wenn er uns leiden lässt. Aber Sie dürfen sicher sein, dass er eine hat und dass sie von Liebe und Mitgefühl begleitet ist.«
    Sein Satz mündete in ein selbstgefälliges, gönnerhaftes Lächeln, und Carver sah zu, wie Mabeki mühsam seine Wut niederrang, die permanent in ihm schwelte.
    »Glauben Sie das, wenn Sie wollen, Reverend. Ich tue es nicht. Und wenn Gott existiert, soll er es mir beweisen.«
    »Gott muss gar nichts beweisen, Mr. Mabeki.«
    Mabeki brummte abfällig und trat einen Schritt zurück, sodass sich die Situation entspannte. Aber er warf noch einen nüchtern abschätzenden Blick auf Carver.
    »Werden Sie ebenfalls die Kommunion empfangen?«, fragte er.
    »Selbstverständlich. Der Zelebrant und die Gemeinde haben Teil am Mahl des Herrn.«
    »Sie essen dasselbe Brot und trinken denselben Wein wie die anderen?«
    Auf die Frage hatte Carver schon gewartet. Mabeki war ein Mann, der immer in allem und jedem eine mögliche Gefahr sah. Würde er nun von ihm verlangen, alles vorzukosten?
    »Natürlich«, antwortete Carver. »Es gibt nur einen Weinkelch, der von allen geteilt wird. Auch die Hostien sind für alle gleich.«
    »Wer nimmt sie als Erster ein?«
    »Ich. Der Zelebrant erhält das Sakrament immer als Erster.«
    Mabeki dachte kurz nach.
    »Gibt es ein Problem?«, fragte Carver und tat, als verstünde er nicht, worauf die Fragen abzielten. »Ich bin sicher, dass ich es nicht anders mache als Reverend Gibson. Der Text stammt aus der Agende. Die Liturgie ist die übliche. Natürlich gibt es ein paar Unterschiede zwischen dem traditionellen Wortlaut und der modernen Version, die manche vorziehen. Ich persönlich gestehe, dass ich mich von der Poesie der –«
    »Ich habe verstanden«, zischte Mabeki. »Beginnen Sie mit der Vorbereitung. Der Präsident und die First Lady werden in fünf Minuten hier sein.«
    Er stelzte aus dem Raum und ließ Carver mit den zwei Leibwächtern zurück, die ihn beobachteten, wie er seine Ledertasche auspackte, die Heiliges und Tödliches enthielt.

59
    Wendell Klerk war früh aufgewacht, da er begierig auf die SMS war, die ihm mitteilen würde, dass Carver seinen Auftrag erfolgreich ausgeführt hatte. Er lag im Dunkeln im Bett bei zugezogenen Vorhängen, um seine schlafende Verlobte nicht zu stören, hielt das Telefon in der Hand und blickte immer wieder auf das Display wie ein nervöser Ehebrecher, der auf eine Nachricht von seiner Geliebten wartet.
    Weil er wach war, hörte er die Schüsse aus der 22er. Man hätte die schnell hintereinander abgefeuerten Schüsse auch für das Knattern eines Auspuffs halten können. Wendell Klerk jedoch war kein Durchschnittsbürger. Er hatte in einem grausamen Bürgerkrieg gekämpft, und was er dabei an Instinkten erworben hatte, verließ ihn nie, nicht einmal im Schlaf.
    Er setzte sich auf und lauschte kurz. Sein Tor war so gebaut, dass es möglichst geräuschlos rollte, um im Haus niemanden zu stören. Doch er meinte, das Rollen der Gummiräder auf dem Asphalt zu hören und dann das kaum vernehmliche Brummen eines Motors. Dann war es still.
    Klerk zögerte nicht. Er drückte den Alarmknopf an seinem Bett. Er hatte immer einkalkuliert, dass das Wachhaus überrannt werden könnte. Der Alarmknopf war über eine eigene Leitung direkt mit der Einsatzzentrale von XPT Security verbunden

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