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Samuel Carver 05 - Collapse

Samuel Carver 05 - Collapse

Titel: Samuel Carver 05 - Collapse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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seinem Bier. Er stellte das Glas ab und sagte: »Sie wollen also einen tragischen Unfall.«
    »Exakt – das tragische Ende einer brillanten Karriere. Und es muss in der Öffentlichkeit passieren; man muss Zorn sterben sehen.«
    »Damit es gleichzeitig als Botschaft dient?«
    »Ich würde eher sagen, damit andere bestärkt werden, nicht so gierig zu sein«, meinte Shafik. »Auf jeden Fall können Sie sicher sein, dass meine Kunden an der Beisetzung teilnehmen und viele prachtvolle Kränze schicken.«
    »Na, dann sollten sie lieber hoffen, dass ich mich nicht entscheide, ebenfalls hinzugehen. Ich habe keine Meinung von diesem Malachi Zorn. Aber Ihre Kunden sind mir inzwischen äußerst unsympathisch.«

8
    Brick Lane, London, E1
    Das Päckchen war adressiert an Brynmor Gryffud und dessen Grafikdesign-Agentur Sharpeville Images. Die Firma war spezialisiert auf Markenentwicklung und Websitegestaltung für Wohltätigkeitsorganisationen und Aktionsgruppen, die sich in brisanten Bereichen engagierten, wie zum Beispiel Minderheitenrechte und Tierschutz, Umweltschutz und Antimilitarismus. Gryffud war ein großer, stämmiger Waliser mit Vollbart, der aussah und klang, als sollte er eigentlich Schafe züchten, Rugby spielen und jeden Abend ein Dutzend Pints trinken – was er alles mal getan hatte. Mit seiner volltönenden, melodischen Stimme, die für schwärmerische Reden wie geschaffen war, sagte er gern zu seinen Kunden: »Alles, wo die Daily Mail dagegen ist, da sind wir dafür.«
    Neben seiner Arbeit leitete er eine kleine, aber lautstarke Aktivistengruppe, die »Verteidiger Gaias«. Sie war spezialisiert auf Stunts, mit denen sie auf alles aufmerksam machten, was Gryffud und seine Unterstützer als inakzeptablen Angriff auf die Umwelt ansahen. Angeregt durch die Kämpfer für Vaterrechte, die weltweit bekannt geworden waren, weil sie einfach an stark gesicherten, öffentlichen Plätzen wie der Tower Bridge und dem Buckingham-Palast als Superhelden verkleidet aufgetreten waren, hatte Gryffud sich auf Witz und Fantasie verlegt, um sein Ziel zu erreichen. Seine Aktionen hatten ihm einen hohen Bekanntheitsgrad verschafft und sogar neue Geschäftskunden beschert, aber er hatte längst kapiert, dass sich für die Umwelt so gut wie nichts geändert hatte.
    Als Bildschirmschoner auf seinem Bürocomputer hatte erFotos von den Waliser Hügeln, die er selbst aufgenommen hatte. Dort war er aufgewachsen und dorthin kehrte er zurück, wann immer es ihm möglich war. Seine Verbundenheit mit dieser Landschaft, und durch sie mit dem Planeten, war Teil seiner Seele. Seiner Überzeugung nach bedeutete der Missbrauch all der Gaben, die die Natur dem Menschen bescherte, eine Entweihung des Planeten und führte unausweichlich zu seiner Vernichtung, und das bereitete ihm tiefen Kummer. Jetzt war er mit seiner Geduld am Ende. Seit neustem hörte er auf zornigere, radikalere Stimmen. Er hatte sich überzeugen lassen, dass es Zeit war, die Taktik komplett zu ändern.
    Er blickte auf ein weißes Standardpostpaket von 180 x 100 x 50 Millimeter. Darin befanden sich vier durchsichtige Plastikdosen mit je zehn dicken Markierstiften, ein Lieferschein, der auswies, dass jede Dose 4,99 Pfund kostete, zuzüglich 7,75 Pfund für Porto und Verpackung, und dass die Gesamtsumme von 27,71 Pfund per PayPal gezahlt worden war. Zwei Dosen enthielten blaue Stifte, die anderen beiden rote.
    Für eine Firma wie Sharpeville Images war das eine ganz gewöhnliche Lieferung, die auf ihrem Weg durch das Postsystem keinerlei Aufmerksamkeit erregte. In der erstickenden Atmosphäre staatlich geförderter Paranoia, die das Leben im frühen einundzwanzigsten Jahrhundert durchdrang, war damit zu rechnen, dass Telefonate und E-Mails abgehört und mitgelesen wurden. Doch die altmodische Schneckenpost war ein sichereres Mittel, um geheime Nachrichten und Güter zu übersenden, vorausgesetzt natürlich, die Post war in der Lage, sie zuzustellen.
    Als Gryffud das Päckchen geöffnet und die Stifte darin gesehen hatte, stand er von seinem Schreibtisch auf und durchquerte sein Büro, um die Tür abzuschließen und die Jalousie an dem Fenster herunterzulassen, durch das er gewöhnlich einAuge auf seine Mitarbeiter hielt und diese auf ihn. Niemand dachte sich etwas dabei. Wenn »Bryns Jalousie« herunterging, war dies das allgemein akzeptierte Zeichen, dass Gryffud einen kreativen Gedanken wälzte und in jenem geheimnisvollen Prozess steckte, durch den er auf unerwartete, innovative

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