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Samuel Carver 05 - Collapse

Samuel Carver 05 - Collapse

Titel: Samuel Carver 05 - Collapse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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den Kopf zu drehen, wusste sie, dass man sie entdeckt hatte. Die Jagd war eröffnet.
    Deirdre war vierunddreißig Jahre alt, körperlich fit, aber keine Leichtathletin. Außerdem waren ihre Gummistiefel hinderlich. Sie atmete immer angestrengter. In den locker sitzenden Stiefeln fanden ihre Füße an dem Hang kaum Halt. Trotzdem kletterte sie so schnell es eben ging weiter, gegen die Schmerzen in den Oberschenkeln und Waden und das Brennen in der Lunge. Sie blickte konzentriert auf den Boden direkt vor ihr, wagte nicht, sich umzudrehen, weil sie fürchtete, was sie dann sehen müsste, oder weil ihr dann klar würde, dass der Gedanke an Rettung illusorisch war. Darum wusste sie nicht, dass der Steilhang, an dem sie sich abmühte, zu einem langgezogenen Kamm führte, der Schulter eines wesentlichen höheren Hügels.
    Ebenso wenig wusste sie, dass ihre Anstrengung der Grund großer Heiterkeit in dem Range Rover war. Unter dem schallenden Gelächter seiner Kollegen hielt der Fahrer auf eine Stelle des Pfades zu, wo er direkt unterhalb der Flüchtenden auskäme. Einer ahmte den Tonfall eines Sportmoderators nach, der ihren Aufstieg kommentierte. »Donnerwetter, sie hat die letzten fünfzig Meter mit knapp dreißig Sekunden zurückgelegt. Das ist ziemlich bemerkenswert! Aber man fragt sich doch: Wie lange kann die tapfere kleine Umweltschützerin noch durchhalten, bevor ihr jemand die Lichter auspustet?«
    Ronnie Braddock fand das nicht komisch. »Ich blase dir gleich die Lichter aus, wenn du nicht das Maul hältst.« Er saß vorne neben dem Fahrer. »Anhalten«, befahl er.
    Der Motor verstummte. Jetzt hörte man nur noch den Wind über den Hang pfeifen. Braddock stieg aus dem Wagen und ging um die Front herum zur Fahrerseite. Den linken Ellbogen auf die Motorhaube gestützt, richtete er seine schnittige,futuristisch aussehende Steyr AUG A1 Maschinenpistole auf die Flüchtende, die zweihundert Meter weiter über ihm im Hang kletterte. Bei dem ständig wechselnden Seitenwind und bergauf war das ein schwieriger Schuss. Doch dann brachte Deirdre Bull es fertig, ihm die Sache viel einfacher zu machen.
    Eben noch kämpfte sie sich den steiler und tückischer werdenden Hang hinauf, jetzt befand sie sich auf dem Kamm und schnappte nach Luft. Direkt vor ihr ging es noch steiler runter als hinter ihr, und sie blickte in eine schwindelerregende Tiefe. Sie richtete sich auf, um nicht versehentlich durch ihren eigenen Schwung hinuntergerissen zu werden. Und für den einen Moment bot sie mit Kopf und Oberkörper ein perfektes Ziel.
    Braddock lächelte unter seiner schwarzen Balaklava und gab den ersten Schuss ab. Daneben. Er fluchte leise, dann lächelte er wieder, weil die Frau sich nach dem Schützen umdrehte. Sein Lächeln wurde breiter, als er sah, wie die Frau von Panik und Entsetzen überwältigt wurde. Noch zwei Mal schnell hintereinander drückte er ab und verfehlte sie diesmal nicht. Die Kugeln drangen in das linke obere Viertel des Oberkörpers ein und warfen die Frau herum, sodass sie über die Kante des Abgrunds fiel und aus seinem Blickfeld verschwand.
    Die Jäger brauchten ein paar Minuten, um zu der Stelle zu gelangen, wo Deirdre Bull abgestürzt war. Da lag sie weit unten im Gras, deutlich erkennbar durch ihren rosa-weiß gepunkteten Regenmantel.
    »Damit ist die auch erledigt«, sagte Ronnie Braddock. »Zeit, dass wir verschwinden.«

37
    Rosconway, Pembrokeshire, Wales
    Brynmor Gryffud saß am Steuer des Campingbusses. Mit gleichmäßigem Tempo fuhr er durch das ländliche Wales und achtete darauf, die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht zu überschreiten – mit dem untermotorisierten Hiace, der unter seiner tödlichen Fracht durchhing, blieb ihm auch nichts anderes übrig. So erreichte er Pembroke um sechs Uhr früh. Von dort fuhr er nach Westen, nahm die B 4320 nach Angle, einem Küstendorf, in dem viele Touristen Station machten, die auf dem spektakulären Pembrokeshire Coast Walk unterwegs waren, der um die südwestliche Ecke von Wales verläuft. Ein paar Meilen vor Angle bog Gryffud rechter Hand in eine Straße ein, die nach Rosconway führte, einem Dorf, das beim Bau der Raffinerie aufgegeben und praktisch abgerissen worden war. Nur die alte Pfarrkirche war unzerstört geblieben. Inzwischen war es kurz vor halb sieben.
    Kurz vor der Kirche hielt Gryffud vor einem Tor an. Dahinter lagen die verfallenen Gemäuer eines ehemaligen Hofes, nunmehr hinter wuchernden Hecken vor dem Blick gelegentlicher Passanten

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