Samuel Carver 05 - Collapse
nicht. Der Ortspolizei wurde gesagt, dass sie nicht vernehmungsfähig ist.«
»Ach, scheiß drauf!«
»Das war auch mein Gedanke«, sagte Grantham und hörte sich zum ersten Mal an, als lächelte er. Wie wär’s, wenn Sie hinfahren und sehen, ob Sie ein, zwei Sätze mit ihr reden dürfen? Spielen Sie noch ein bisschen Andy Jenkins, die Stütze des Verteidigungsministeriums. Ich werde ein Wort mit dem örtlichen Polizeichef reden und in einem nationalen Krisenfall an seinen Patriotismus appellieren, damit Sie von der Seite keinen Ärger kriegen.«
»Was ist mit den Ärzten?«
»Ach, lassen Sie Ihren Charme spielen, Carver. Die können Ihnen bestimmt nicht widerstehen.«
»Dann sollte ich Gas geben. Es werden mindestens zwei Stunden bis Aberystwyth sein.«
»Nicht nötig. Bei Haverfordwest ist ein Flugplatz, von Ihnen aus gesehen direkt auf der anderen Seite von Milford Haven. Da kann man Hubschrauber chartern. Tun Sie das und begeben Sie sich in das Krankenhaus, bringen Sie Bull zu einer Aussage, die den Anschlag mit Zorn verbindet, und dann kommen Sie nach London. Wir müssen überlegen, was wegen Zorn zu unternehmen ist. Und da wir gerade vom Teufel sprechen, der gibt gleich eine öffentliche Erklärung im Fernsehen ab, live auf jedem bekannten Sender. Ich werde mir besser ansehen, was er zu sagen hat.«
Carver steckte das Telefon weg und schaltete das Autoradio ein, Radio 5 live. Die Nachrichtensprecherin sagte gerade, siestünde vor dem Haus des amerikanischen Milliardärs Malachi Zorn in Surrey und rechne damit, dass er jeden Augenblick erscheine.
»Zorn?«, fragte Schultz, als sie den Stadtrand von Pembroke erreichten. »Ist das die Sackratte, die für die ganze Scheiße verantwortlich ist?«
»Ja.«
»Den möchte ich eigenhändig vierteilen.«
Carver blickte Schultz an. Er hatte den Zorn-Auftrag eigentlich allein ausführen wollen. Aber es sprach viel dafür, den kräftigen SBS-Mann an seiner Seite zu haben. Er ging im Geiste seinen Plan durch und überlegte, wo Schultz besonders nützlich sein könnte. Ja, das würde funktionieren.
»Angenommen, ich würde Ihnen dabei helfen?«
»Wollen Sie mich verscheißern, Boss?«
»Nichts liegt mir ferner. Hören Sie, im Moment weiß keiner, ob Sie noch am Leben sind …«
»Nee, ganz sicher nicht.«
»Es wird noch ein paar Tage dauern, bis alle Opfer identifiziert sind. Sie könnten so lange von der Bildfläche verschwinden, meinen Sie nicht?«
»Dem Kompaniechef wird das nicht gefallen. Ich bin sein Sergeant Major und muss Vorbild sein, meine Pflicht tun, kann mich nicht zu privaten Vergnügungen verpissen.«
»Machen Sie sich deswegen keine Sorgen. Der Mann, mit dem ich gerade telefoniert habe, ist sehr einflussreich. Wenn ich den bitte, das für Sie geradezubiegen, glauben Sie mir, dann wird das kein Problem sein.«
Schultz hielt an einer roten Ampel und sah Carver lange prüfend an. »Was sagten Sie noch gleich, womit Sie Ihre Brötchen verdienen, Boss?«
»Ich sagte gar nichts.«
»Aber wir rücken diesem Zorn-Typen auf die Pelle.«
»Ja.«
»Und Sie kennen einen Kerl, der mal eben in der City anruft, sich meinen Kompaniechef geben lässt und ihm sagt, was er tun soll?«
»Ja.«
Die Ampel wurde grün, Schultz fuhr weiter. »Und was wollen Sie von mir?«
»Bringen Sie die junge Frau ins Krankenhaus und setzen Sie mich am Flugplatz Haverfordwest ab. Dann fahren Sie nach London. Geben Sie mir eine Nummer, damit ich Sie anrufen kann. Der Auftrag wird morgen ausgeführt. Wir werden aber noch jemanden brauchen, einen, der vertrauenswürdig ist. Und zwar absolut vertrauenswürdig. Wenn von dieser Sache ein Wort durchsickert –«
»Keine Sorge, ich hab den Richtigen dafür. Er war beim SBS und hat vor einem halben Jahr den Dienst quittiert. Will jetzt mit einer dieser amerikanischen Sicherheitsfirmen in den Irak.«
»Ist er gut?«
»Einer der besten.«
»Das genügt mir.«
»Und wir werden diesem Zorn-Scheißer das Licht ausblasen?«
»Warten Sie einfach ab, Snoopy«, sagte Carver.
Im Radio sagte die Sprecherin gerade: »Und jetzt berichten wir live aus Surrey, wo wir gleich eine offizielle Erklärung von dem Mann zu hören bekommen, der die Tragödie des heutigen Tages vorhergesagt hat und der ein enger Freund des verstorbenen Nicholas Orwell war. Ich sehe auf meinem Monitor, dass es so weit ist. Hören Sie also Malachi Zorn …«
56
Wentworth
Zorns PR-Leute hatten geraten, mit einem Auftritt vor der Presse ein paar Stunden zu warten.
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