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Samuel Koch - Zwei Leben

Samuel Koch - Zwei Leben

Titel: Samuel Koch - Zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fasel
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anderen Interessen und Hobbys dazu, dass die Sache mit dem Glauben nach und nach immer weiter in den Hintergrund geriet.

3. Wilde Zeiten
    Mit 17 hatte ich die lauen Lüftchen meiner nicht besonders ausgeprägten Pubertät hinter mir und nach wie vor jede Menge Lust aufs Leben und Spaß an der Bewegung: Turnen, Laufen, Trampolin- und Turmspringen, Reiten, Mannschafts- und Ballsportarten, Schwimmen, Skifahren, Snowboardfahren, Inlineskaten, Bungee, Fallschirm, Wakeboard – all das waren für mich lebenserhaltende Maßnahmen.
    Egal, was mir vor die Nase kam, ich wollte wissen, wie das funktioniert. Attraktive Sportarten wollte ich zumindest mal ausprobieren.
    â€žSamuel war immer ein Bewegungsmensch“, sagt meine Mutter. „Der Junge ist immer auf Achse gewesen, sobald er auf eigenen Füßen stand! Eigentlich waren Saltos seine natürliche Fortbewegungsart.“
    Meistens, jedoch nicht immer, folgte ich dem Motto: „Erst der Spaß, dann das Vergnügen.“ Ich startete für verschiedene Turnvereine und Wettkampfgemeinschaften in meiner Region. Dazu gehörte auch ein französischer Verein auf der anderen Seite des Rheins. Ob Boden, Pauschenpferd, Ringe, Sprung, Barren oder Reck – im Sechskampf konnte ich mich sportlich und geistig austoben.
    Meine Routine wuchs mit den Jahren. Dies ließ mich später auch turnwettkampffremden Auftritten oder Vorsprechen entspannter entgegentreten.
    Einer meiner Trainer, Klaus Seitzl, erlitt einmal eine leichte Speicheldysregulation, als mein Verein zu einem Turnier in Iffezheim bei Baden-Baden aufschlagen musste. Es ging um den Klassenerhalt für unsere Mannschaft. Deshalb reiste ich zu diesem Turnier extra aus Hamburg an. Die Jungs brauchten mich und ich wollte sie nicht hängen lassen. Ausgerechnet an diesem Tag blieb ich in einem Stau auf der A7 stecken. Ich schwitzte Blut und Wasser: Hoffentlich komme ich aus diesem Stau rechtzeitig raus! Hoffentlich schaffe ich es noch rechtzeitig in die Wettkampfhalle! So gut es ging, versuchte ich mich bereits im Auto aufzuwärmen, indem ich die Heizung voll aufdrehte und Dehnübungen machte.
    Es war knapp. Als ich die Halle erreichte, lief der Wettkampf schon. Zum obligatorischen Einturnen fehlte die Zeit. Raus aus den Straßenklamotten, rein ins Tütü. Nur notdürftig konnte ich die vom langen Sitzen im Autobahn-Stau eingerosteten Muskeln ein bisschen mobilisieren. Nur vier Minuten bis zum ersten Auftritt am Boden. Und wir lagen doch schon hinten!
    Mein Trainer Klaus Seitzl erinnert sich: „Obwohl Samuel sich nicht mehr einturnen konnte, schaffte er am Boden die Höchstnote und war unser Matchwinner! Er hat an seinen fünf Geräten konzentriert und fast fehlerfrei geturnt – so etwas habe ich noch nie erlebt!“
    Ich selbst kann gar nicht mehr sagen, wie dieser Wettkampf ablief. Ich weiß nur, dass wir trotz eines Rückstands vor dem letzten Gerät am Ende noch mit einem hauchdünnen Vorsprung gewannen und dass Selim, ein Freund aus der gegnerischen Mannschaft, sich das Kreuzband riss.
    Ich war sehr ehrgeizig, habe aber versucht, mich nicht zu sehr zu verbeißen. In einem Koblenzer Trainingslager hatte ein Trainer uns einmal ermahnt, immer daran zu denken, dass wir Kunstturner bleiben sollten – dass Blut und Schweiß zwar dazugehören, aber eben auch die Kunst, die Freude und die Leidenschaft für den Turnsport erhalten bleiben muss. Das habe ich mir gemerkt und zu beherzigen versucht.
    Oft ging ich abends gegen 20:00 Uhr in die Turnhalle und verausgabte mich noch mal richtig – nicht nur, um immer besser und besser zu werden, sondern weil es mir einfach Spaß machte. Die meisten Sportler kennen das. Diese Freude daran, den Körper wieder mal bis an die Grenze ausgereizt zu haben. So weit zu gehen, dass es ein bisschen wehtut. Und dann noch ein wenig darüber hinaus.
Abi ohne Lernen
    Meine Freunde, Schulkameraden und Sportkumpels waren wichtig für mich. Wie wichtig sie noch werden sollten, konnte ich damals noch nicht ahnen. Aber Freundschaften spielten immer schon eine große Rolle in meinem Leben. Meine Schwester Elisabeth behauptet, ich hätte eine Begabung dafür: „Samuel ist jemand, der Menschen anzieht und fasziniert“, sagt sie. „Er vermittelt anderen das Gefühl: ,Hey, das ist interessant, was du da erzählst! Erzähl mehr.‘ “
    Ich habe jedenfalls wirklich Freude daran, mit

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