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Samuel Koch - Zwei Leben

Samuel Koch - Zwei Leben

Titel: Samuel Koch - Zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fasel
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Menschen ins Gespräch zu kommen, und bin neugierig herauszufinden: Was denken, was fühlen sie? Ich finde Menschen, ihre Erlebnisse, ihre Überzeugungen, ihre Geschichte spannend.
    Meine Schwester Rebecca sagt: „Samuel sucht das Echte. Mit Firlefanz kann er nichts anfangen. So wie er im Turnen an die Grenzen ging, immer das Machbare versucht hat, so geht er auch bei den Menschen an ihre Grenzen. Er will wissen, wie sie wirklich sind. Er ist ehrlich, bis es wehtut. Vor allem für die Leute, die nicht echt sind. Denn Samuel ist gnadenlos. Er versucht, sich und anderen nichts vorzumachen. Das kann anstrengend sein, auch als Schwester, aber bei Samuel tut es gut. Solche Menschen wie ihn trifft man nur selten.“
    Da allerdings habe ich meine Zweifel. Dazu stand bei mir vielleicht der Spaß zu oft im Vordergrund und ich hatte leichte Probleme mit meiner Prioritätensetzung.
    Mein bester Freund Chris sagt. „Sam konnte sich immer schon schlecht entscheiden. In dem Bemühen, es allen recht zu machen, hat er es dann letztlich niemandem recht gemacht. Bei gemeinsamen Unternehmungen hat sich die Entscheidungsfindung des Öfteren so lange hingezogen, dass wir zum Beispiel mal wieder den Zug verpassten.“
    Ich habe auch öfter mal Leute im Stich gelassen und damit gehörig genervt. Andererseits konnte ich auch schlecht Nein sagen und habe mich dadurch dann verzettelt. In Deutscharbeiten habe ich meist so lange das bereits Geschriebene wieder verworfen und neu formuliert, dass mir schließlich nicht genug Zeit blieb und ich eine schlechte Note einfuhr, weil ich nicht fertig geworden war.
    Ich frage daher nach: „Warum bitte sollen Gespräche mit mir guttun?“
    Rebecca sagt: „Weil du nie jemandem wehtust. Du verletzt nicht. Du belehrst nicht. Du machst die Menschen im Gespräch nur auf das aufmerksam, was deiner Meinung nach mit ihnen los ist!“
    â€žMan kann ihm einfach nie böse sein!“, schrieb eine Freundin in der Abi-Zeitung über mich. Auch kann ich nicht verleugnen, dass die Beobachtungen meiner Klassenkameraden über meinen Arbeitsstil gewisse Züge der Wahrheit enthalten: „Er macht alles auf den letzten Drücker, aber ist trotzdem immer erfolgreich!“, meinten in derselben Zeitung Linda, Lisa und Franzi. Oder: „Samuel ist das Versuchsobjekt eines gewagten Experiments: Abi ohne Lernen!“, wie Kollege Dominik festhielt.
    Zitiert wurde auch mein Spruch: „Wer zu früh kommt, ist auch unpünktlich!“ In Musik hatte ich so meine Probleme: Dominik erinnert sich noch schmerzlich daran, dass er gemeinsam mit mir vom Weihnachtskonzert ausgeschlossen wurde, weil ich angeblich nicht singen konnte! Was mir wiederum von einem anderen Schulkameraden das zweifelhafte Lob eintrug: „Samuel bekommt in Musik Niedlichkeitspunkte ...“
    Franzi behauptete, ich sei „einer der höflichsten Menschen mit coolem Klamotten-Style“, sagte aber auch, dass ich oft „lange um den heißen Brei herumreden“ würde.
    Ja, das habe ich schon öfters gehört. Aber freuen tat es mich doch, wenn ich von Mitschülern las: „Wenn er mal einen Tag nicht da ist, ist’s voll langweilig!“
Süchtig nach Leben
    Je länger ich über die Schulzeit nachdenke, desto deutlicher wird mir, wie schön ich es hatte. Ich durfte ausprobieren, genießen, leben , wie es wohl vielen Menschen nicht vergönnt ist.
    Vor vielen zwielichtigen pubertären Experimenten blieb ich größtenteils verschont. Mein Leben war Abenteuer genug, und ich hatte den Sport, der vielleicht eine Art Ersatzdroge für mich war. Und besonders meinem Papa war es wichtig, uns Kindern so viel Selbstwertgefühl zu vermitteln, dass wir es nicht nötig hatten, irgendwelchen Gruppenzwängen zu folgen.
    Ich habe sehr gern mit Freunden gefeiert, aber Drogen waren für mich nie ein Thema. Meine erste Zigarette habe ich mit meiner Mutter geraucht.
    â€žWir haben uns schon immer gedacht: Ehe die Kinder heimlich etwas machen, sollen sie es lieber unter unserer Aufsicht tun“, erinnert sich meine Mutter. „Also habe ich mir Samuel geschnappt, als er dreizehn war, eine Packung Zigaretten in die Hand genommen, ihm eine angeboten, auch mir selber eine angezündet, und dann gesagt: ‚Ich möchte nicht, dass du dich durch Husten blamierst, wenn du mit deinen Kumpels heimlich paffst!‘“
    Seitdem bin ich

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