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Samuel Koch - Zwei Leben

Samuel Koch - Zwei Leben

Titel: Samuel Koch - Zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fasel
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wohlerzogene, höfliche Samuel steht da neben dem zeitlich herausgeforderten Chaoten, dem feinfühligen Zuhörer, dem risikofreudigen Multisportler und dem Bildungstalent, das es schafft, mit minimalem Arbeitsaufwand maximale Zeugnisrendite zu erlösen. Ein bunter Typ. Irgendwie durch nichts zu bremsen.“

4. Raus in die Welt
    Im Frühjahr 2008 feierten meine Schulkameraden und ich unser Abitur. Die Schule lag hinter uns. Die Türen standen offen. Ich quälte mich mit der Entscheidung herum, was ich nun machen wollte, denn ich konnte mich für so vieles begeistern.
    Da war erstens natürlich der Sport. Das Turnen vor allem, auch wenn das als Berufswunsch aus den genannten Gründen ausschied. Da war aber noch die damit verbundene Chance, mich zum Artisten weiterzubilden. Die Talentscouts vom Cirque du Soleil schauten sich gern bei Turnwettkämpfen in Frankreich um. Des Öfteren überlegte ich mir, mich bei ihnen vorzustellen. Artistik wäre schon toll. Aber ist es was für ein ganzes Leben? Was mache ich mit 40, wenn die Knochen knacken und nicht mehr so können, wie ich will?
    Eine weitere Möglichkeit war, meine Erfahrungen als Risikodarsteller beim Film oder Fernsehen zu nutzen.
    Ich hatte schon seit längerer Zeit Kontakt zu der Eventagentur von Jochen Schweitzer, der mir anbot, seinen Kunden beim Nervenkitzeln zu helfen. Das Angebot ehrte mich.
    Dann stand ein Stipendium der State University of Illinois in Sacramento ins Haus. Der Direktor der Schule, den ich bei einem Turnfest kennengelernt hatte, bot mir an, dort zu studieren. Auch eine schöne Sache. Doch das wäre ein Lehramtsstudium gewesen, mit dem ich in Deutschland nichts hätte anfangen können.
    Nach einem Praktikum im Ernst-Mach-Institut für Kurzzeitdynamik spielte ich noch lange mit dem Gedanken, Physik zu studieren, um beruflich abgesichert in der Forschung zu arbeiten.
    Ich hatte auch eine pädagogische Ader. Schon in der Schule hatten mir oft Klassenkameraden gesagt: „Du kannst das besser erklären als der Lehrer, bitte mach doch mal!“ Warum also nicht Lehrer werden, mit Menschen arbeiten und ihnen etwas beibringen? Den Kindergottesdienst hatte ich schon als Junge zusammen mit meinen Eltern gestaltet, Jugendgruppen in der Gemeindearbeit und beim Sport geleitet. Das hatte mir immer viel Spaß gemacht. Aber ich dachte, so etwas Vernünftiges wie Lehrer kann ich später immer noch werden.
    Bitter war meine Erfahrung bei der Aufnahmeprüfung an der Deutschen Sporthochschule Köln. Beim Bodenturnen vergaß ich einen Strecksprung und konnte wieder einpacken. Und das ausgerechnet mir!
    Zwar wäre ich nach meinem Praktikum in einer Behindertenwerkstatt sehr gerne als Zivi in diese Einrichtung zurückgegangen. Aber da war auf der anderen Seite immer noch ein Wunsch, den ich ja als Turner schon seit meiner Kindheit auslebte – die Schwerkraft hinter mir lassen. Fliegen.
    Was war mit der Bundeswehr?
Eine ganz andere Richtung
    Ich sagte mir: Wenn Bundeswehr, dann nur mit Studium und als Pilot im Cockpit eines strahlgetriebenen Flugzeuges.
    Damals war die Bundeswehr schon in Afghanistan engagiert. Ich wusste, wenn ich die Offizierslaufbahn einschlage, schließt das auch Auslandseinsätze ein.
    Mein Vater erinnert sich an die Gespräche, die wir zu diesem Thema geführt haben: „Ich war selbst Zeitsoldat. Für mich stand damals die ethische Vertretbarkeit des Wehrdienstes nie infrage – auch mit einer christlichen Einstellung. Das ist unser Beitrag für den Staat. Samuels eigene Haltung kristallisierte sich in unseren Diskussionen heraus. Das Grundprinzip des Auslandseinsatzes fand seine Zustimmung. Er wollte Menschen helfen, die unter Gewalt und Unterdrückung leiden müssen!“
    Alles, was ich zum Beispiel über Afghanistan las, hörte oder anschaute, zeigte mir das Ausmaß von Gewalt, Ungerechtigkeit und Fanatismus, mit dem die Menschenrechte dort mit Füßen getreten wurden. Zwar ist der zivile Einsatz wichtig und gut und die Voraussetzung dafür, dass eine Gesellschaft sich ins 21. Jahrhundert entwickeln kann. Aber Lehrer, Schüler und Eltern müssen sicher sein können, dass sie nicht samt ihrem Schulgebäude in die Luft gejagt werden, nur weil ein paar Wirrköpfe jede Art von Bildung und den Aufbau von demokratischen Verwaltungen oder Dorfhospitälern für verwerflich halten. Der Grundgedanke des Engagements der

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