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Samuel Koch - Zwei Leben

Samuel Koch - Zwei Leben

Titel: Samuel Koch - Zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fasel
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gutzutun, soweit es in meiner Macht stand. Wir haben nicht zusammen geheult, sondern ich habe eher versucht, Frohsinn und Optimismus zu verbreiten. Ich habe mich immer mehr im Mutmach- und Aufmunterungsbereich gesehen. Die Kraft dafür schöpfte ich aus dem Glauben und der Hoffnung, dass sein Zustand nicht so bleiben würde. Das ist auch heute noch so! Er sollte mir gegenüber so sein können, wie er sich wirklich fühlt, und nicht falsche Fassung bewahren, nur um mich zu schonen. Die ganze Situation war sowieso schon kompliziert und schwierig genug für ihn. Als hätte man einen Löwen eingefangen und in einen Käfig gesperrt!

„Sie sehen aus wie Samuel Koch!“
    Langsam musste ich mich daran gewöhnen, wieder unter Menschen zu kommen. Zehn Monate nach meinem Unfall, im September 2011, starteten meine Eltern, meine Schwester, einige Freunde und ich nach Berlin, unter anderem zur Filmpremiere von „Vier Tage im Mai“, dem Film, bei dessen Entstehung ich mitgewirkt hatte. Mit dieser Produktion verbinden sich für mich viele fröhliche Erinnerungen und spannende Begegnungen.
    Natürlich wusste ich, dass es viel Trubel geben würde. Dass ich dann aber bei der Filmpremiere von dem Ansturm auf mich total überfordert sein würde, hatte ich nicht erwartet. Wildfremde Menschen stürzten im Premierenkino auf mich zu, fragten, wie es mir ginge, worauf ich meist so etwas sagte wie: „Ach, eigentlich würde ich gern nur den Film genießen.“ Der Abend verging wie im Flug. Am wichtigsten allerdings waren mir die Stunden, die ich mit alten Arbeitskollegen und Freunden verbringen konnte.
    Ansonsten konnte ich mich unbehelligt auf der Straße bewegen. Natürlich fiel ich mit meinem 230-Kilo-Rollstuhl überall auf. Die meisten Menschen schauten, manche, die mit meinem Gesicht etwas verbanden, guckten auch schon mal länger hin. Diese Form von Aufmerksamkeit war und ist mir unangenehm, aber manche Leute wussten offensichtlich nicht, wie sie mit jemandem umgehen sollten, der sich ein bisschen anders fortbewegte als sie.
    Menschen reagieren eben unterschiedlich auf dieselbe Situation. Inzwischen zeichnen sich für mich aber schon ein paar Gruppen ab. Die einen, die mich ansprechen, kramen sofort ihre Heilertipps heraus: „Also, lieber Samuel, Sie müssen sich unbedingt an den Heiler XY in Berlin wenden. Also, ich sage Ihnen, was der schon alles geschafft hat! Wen der schon alles wieder auf die Beine gebracht hat! Da müssen Sie einfach hin! Ich schreibe ihnen mal schnell seine Telefonnummer auf ...“
    Diese Form von ungefragter Heilplan-Erstellung ist sicher gut gemeint, aber sie ist in der Masse mühsam. Zumal dann, wenn der Redefluss des Ideengebers durch nichts zu bremsen ist. Die mir zugesteckten Telefonnummern von Heilern, Schamanen, Heilpraktikern und Kräuterkundigen stapeln sich schon bei uns. Als Christ glaube ich zwar definitiv daran, dass es Wunder gibt, aber ich vertraue in dem Fall eher der Wissenschaft und den Ärzten als den vielfältig verwirrenden Angeboten, bei denen ich gar nicht wusste, welche davon vertrauenswürdig waren.
    Eine zweite Gruppe, die spontan auf mich zukommt, sind gläubige Menschen. Es ist zwar einerseits schön, dass diese immer sofort für mich beten wollen und ihre Hilfe anbieten, manchmal überfordern mich diese Begegnungen aber auch.
    Und schließlich gibt es die sogenannten „Touristen“. Die zücken als Erstes ihren Fotoapparat, postieren Frau und Kinder um meinen Rollstuhl und knipsen drauflos. Das ist eigentlich ganz lustig. Ich frage mich nur manchmal, was mit diesen Fotos geschieht. Kommen die in einen Rahmen und werden daheim auf dem Fensterbrett oder Kaminsims postiert? Oder landen sie im digitalen Orkus des Löschknopfs, nach dem Motto: „Wer war der Typ noch gleich?“
    Dabei gab es auch kuriose Szenen. In Düsseldorf sprach mich im September 2011 in der Fußgängerzone eine ältere Frau an. Sie druckste etwas herum und sagte dann: „Wir haben Sie schon die ganze Zeit beobachtet. Wissen Sie, Sie sehen aus wie Samuel Koch, der von ,Wetten, dass..?‘, der jetzt in einer Klinik in der Schweiz liegt.“
    Ich bedankte mich freundlich für den schmeichelhaften Vergleich und hütete mich, die Sache aufzulösen. Wir redeten noch ein bisschen miteinander. Dann verabschiedete sich die Dame mit den Worten: „Trotzdem, auch wenn Sie nicht Samuel

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