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Samuel Koch - Zwei Leben

Samuel Koch - Zwei Leben

Titel: Samuel Koch - Zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fasel
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welches Medium dafür am besten geeignet wäre, stimmte ich schließlich einem Interview mit der Bild am Sonntag und etwas später meinem ersten Fernsehauftritt mit Peter Hahne zu.
    Peter Hahne kam mit seinem Kamerateam nach Nottwil in die Klinik, auf deren Dach dann das Interview stattfand. Zwei Stunden dauerte das Vorgespräch mit ihm, und ich erklärte ihm, was ich sagen wollte und sagen konnte. Wir sprachen auch eine Reihenfolge der Fragen ab. Letztlich lief das Interview anders, als wir es im Vorgespräch strukturiert hatten. Fragen zu wichtigen Themen gingen unter, und die als Schlusspunkt vorgesehene Frage kam schon als zweite. Somit wurde das Interview sehr spontan und improvisiert, was ich grundsätzlich nicht schlecht finde. Allerdings war die im Vorgespräch gewonnene Sicherheit damit dahin.
    Im Dezember 2011 war ich zur Sendung „Menschen 2011“ mit Hape Kerkeling eingeladen. Auch dort bemerkte ich, dass so ein Vorgespräch wohl eher zur Beruhigung des Gesprächspartners dient. Eines meiner Anliegen für die Sendung war, dass ich gern darauf aufmerksam machen wollte, dass nicht nur ein gewisser Samuel Koch im Rollstuhl sitzt, sondern auch Tausende von anderen Leuten Leid erdulden müssen. Zum Beispiel Opfer des Erdbebens in Haiti, denen buchstäblich das Dach über dem Kopf zusammengefallen ist und die, wenn sie die Katastrophe denn überlebt haben, jetzt vielleicht ebenso im Rollstuhl ihr Leben fristen wie ich. Oder nein, nicht wie ich! Keiner von denen hat wohl einen solchen Luxus-Rollstuhl unter dem Hintern und erfährt so viel Zuwendung und Förderung wie ich.
    Es war und ist mir wichtig, dass man sich nicht nur auf meinen Fall konzentriert, nur weil der eben medienwirksam geschehen ist, sondern auf all die vielen anderen Menschen hinweist, denen es ebenso oder noch viel schlechter geht und die Mitgefühl, Hilfe und Unterstützung brauchen.
    Auch an einem anderen Beispiel hätte ich gern mal deutlich gemacht, was mir am Herzen lag: die Wahrnehmung von Querschnittgelähmten in Deutschland, mitten in unserer Gesellschaft. Ihr Problem ist, dass Querschnittlähmungen in Deutschland weitaus weniger öffentliche Aufmerksamkeit und damit Unterstützung erfahren, als das etwa in der Schweiz der Fall ist.
    Guido Zech, den Gründungsvater des Schweizer Paraplegiker-Zentrums in Nottwil, habe ich auch persönlich kennengelernt. Er war lange Jahre Chefarzt, Direktor und Präsident der Schweizer Paraplegiker-Stiftung. Er hat sein ganzes Leben den Querschnittgelähmten gewidmet. Auch seine Angewohnheit, sich auf ein Bein zu knien, wenn er einem Menschen im Rollstuhl begegnet, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein, ist beeindruckend. Jedem Fußgänger unter den Mitarbeitern des Zentrums hat er nahegelegt, nicht den Lift zu benutzen. Seine Begründung: „Wir können laufen, ein Rollstuhlfahrer braucht die Aufzüge nötiger als wir!“ Am Haupteingang der Klinik steht der Leitsatz: „Wie hätten Sie es gern, wenn ...?“
    Der Erfolg seines Einsatzes für die Anliegen und die Rehabilitation von Querschnittgelähmten ist eindrucksvoll. Die Schweizer Stiftung zählt bald zwei Millionen fördernde Mitglieder bei einer Gesamtbevölkerung von fast 8 Millionen Menschen in der Schweiz! In Deutschland hat die entsprechende Stiftung gerade mal 60.000 Mitglieder – bei einer Einwohnerzahl von 82 Millionen Bundesbürgern. So ein Thema hätte ich im Gespräch mit Hape Kerkeling zumindest gern mal gestreift.
    Natürlich weiß ich, dass eine solche Sendung kein Podium für Weltverbesserungs-Appelle ist. Aber wenigstens einen Einblick in die Gedanken, die mich neben meiner eigenen Rehabilitation beschäftigten, sollten die Zuschauer gerne mitbekommen. Doch Hape Kerkeling und ich waren wohl beide gleichermaßen nervös. Themen wie Rollenangebote, die ich nicht bekommen habe oder Bücher, die ich nicht gelesen hatte, traten in den Vordergrund.
    Als das Interview mit Hape Kerkeling im Saal vor Publikum aufgezeichnet war, rollte ich etwas irritiert in die Garderobe zurück. Da ist wohl was schiefgelaufen. Aber was konnte ich jetzt noch tun?
    Nun gut, es war ja eine Aufzeichnung gewesen – zwar mit Publikum in der Halle, aber eben nicht live. Warum also nicht einfach die ganze Nummer noch mal abdrehen? Doch das war leider nicht möglich.
    Am Ende sagte einer der Redakteure einen Satz, der die Realität des

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