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Samuel Koch - Zwei Leben

Samuel Koch - Zwei Leben

Titel: Samuel Koch - Zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fasel
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verschränken!“
    Irgendwann las ich das Buch „Blindgänger“ von Steven Mack, einem Extremsportler, der nach einem Sturz aus 150 Metern Höhe erblindet war, aber auch heute noch auf Berge steigt. Franziska, die mir das Buch vorlas, fragte mich, ob ich lieber gelähmt oder blind sein würde. Ich dachte: Blind sein ist auch nicht gerade schön und Leid ist subjektiv. Aber blind könnte ich versuchen, noch auf Berge zu klettern, ja sogar Ski zu fahren – das wäre toll. Dabei würde ich meinen Körper spüren. Und er würde mich spüren lassen, dass ich lebe. Doch irgendwie trifft es einen immer da, wo es am meisten wehtut.
    Manchmal habe ich einen solchen Bewegungsdrang, dass es sich wie eine Panikattacke anfühlt – wie Platzangst im eigenen Körper, der einbetoniert scheint.
    Wenn mich so eine Attacke überkommt, versucht mein Verstand das sofort zu rationalisieren: „Alles ist gut, es kann gar nichts passieren, ich bin versorgt – wenn ich rufe, kommt jemand.“ Doch trotzdem schüttelt es mich, und ich würde mich im Bett hin und her wälzen, wenn ich es könnte. Alle Versuche, mich zu beruhigen, funktionieren nicht, und ich kann dann nur abwarten, bis der Tag kommt und ich abgelenkt bin.
„Dein Wille geschehe ...“
    Von einem Freund wurde ich kurz nach dem Unfall gefragt: „Samuel, kannst du eigentlich noch das ‚Vaterunser‘ beten?“
    â€žWarum sollte ich nicht?“, antwortete ich.
    â€žNa ja“, erwiderte mein Freund. „Wie ist es denn mit dem Satz: Dein Wille geschehe – kannst du das noch so unterschreiben?“
    Ja, das ist ein Konflikt, der mich beschäftigt. Ich hatte das ganze „Wetten, dass..?“-Projekt von Anfang an bewusst unter Gottes Regie gestellt. Vorher hatte ich hinterfragt, ob ich mich da wirklich zum Affen machen soll, und dann habe ich festgestellt, dass eigentlich nichts dagegenspricht: „Warum eigentlich nicht? Das ist eine spaßige Sache, du bekommst einen Haufen Geld, das du gut gebrauchen kannst, und vielleicht kannst du noch ein paar nette Worte an die Zuschauer richten.“
    Objektiv sprach also nichts dagegen – ich hatte lediglich kein gutes Gefühl dabei. Stets hatte ich versucht, mich nicht zu sehr von Gefühlen leiten zu lassen, sondern rational zu entscheiden. Doch diesmal hätte ich auf mein Gefühl hören sollen ...
    Ich habe wegen dieser Frage viel gebetet und auch meine christlichen Freunde befragt, was sie davon halten. Von allen Seiten bekam ich die Rückmeldung: „Wenn du diese Gelegenheit hast, nutze sie!“
    Ich habe für mich selbst noch ein bisschen mehr hineininterpretiert: Gott hat bestimmt nichts dagegen, dass ich das mache.
    Ein Freund erinnert sich an ein gemeinsames Gebet, bei dem es um die Frage gegangen war, ob ich bei „Wetten, dass..?“ mitmachen sollte und wenn ja, was ich dort sagen würde: „Nach dem Gebet habe ich Samuel ermutigt, zu sehen, was nach der Sendung noch kommt und was vielleicht der weitere Blick Gottes in seiner Frage ist. Der Unfall war nicht die Antwort, die wir erwartet haben.“
Veränderungen
    Gottes Wege sind unergründlich, klar. Aber irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass er mir einen Rollstuhl verpassen wollte .
    In einem Interview wurde ich gefragt, ob ich auf Gott sauer wäre. „Auf ihn?“, antwortete ich. „Wenn ich sauer sein sollte, dann wohl eher auf mich selbst!“ Es gab ja wie geschildert genügend Momente, in denen ich daran gezweifelt habe, ob ich überhaupt auftreten sollte, doch ich hatte sie ignoriert.
    Die Art, wie ich mit Gott über meine Lage, meine Sorgen und Wünsche spreche, hat sich im Lauf der Monate immer wieder verändert.
    Am Anfang war es so, dass ich die Realität ein Stück weit ausgeblendet habe. Ich wollte meine Situation einfach nicht wahrhaben. In den ersten Monaten war es vor allem ein schlichtes Gebet, das ich immer und immer wieder zum Himmel sandte: Bitte, ich will wieder auf die Beine kommen. Ich will mein altes Leben zurück .
    Da sprach eine ziemlich naive Haltung aus mir. Rückblickend war ich total fixiert auf meine Sicht der Dinge: Ich kenne doch solche Verletzungen, das wird alles wieder. Das ist zwar nett mit dem Rolli, aber ich brauche wirklich keinen, danke!
    Der Wandel in meinem Denken brauchte Zeit. Ein wichtiges Mittel, um mich mit der Wirklichkeit meiner neuen

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