Samurai 1: Der Weg des Kämpfers (German Edition)
Piraten, sondern japanische Piraten, diszipliniert und skrupellos.« Sein Vater suchte den Horizont ab. »Sie sind weithin gefürchtet und morden bedenkenlos Spanier, Niederländer, Portugiesen und Engländer. Sie sind die eigentliche Plage dieser Gewässer.«
»Und sie sind auch der Grund, warum wir die Alexandria möglichst schnell reparieren müssen«, unterbrach sie der Kapitän von hinten. »Haben Sie den Schadensbericht des Ersten Maats erhalten, Steuermann?«
»Ja, Käpt’n«, antwortete Jacks Vater und entfernte sich mit dem Kapitän in Richtung Steuerrad. »Der Schaden ist so schlimm, wie wir befürchtet haben.«
Jack folgte ihnen und hörte ihr Gespräch bruchstückhaft mit, während er zugleich die Landzunge nach dem geheimnisvollen Mädchen absuchte.
»Es hat die Alexandria ziemlich erwischt …«, sagte sein Vater. »… dauert mindestens zwei Wochen, bis sie wieder in See stechen kann …«
»… ich will, dass die Alexandria bis Neumond seetüchtig ist.«
»… aber das ist nur noch eine Woche …«
»Doppelte Schicht, Steuermann, wenn uns das Schicksal der Clove erspart bleiben soll … tot bis auf den letzten Mann. Enthauptet … alle ohne Ausnahme.«
Die Ankündigung der doppelten Schicht sorgte für Unmut innerhalb der Besatzung, doch beklagten die Männer sich aus Angst vor dem Bootsmann und seiner neunschwänzigen Katze nicht laut.
In der folgenden Woche arbeiteten Jack und die anderen Matrosen wie Galeerensklaven und vergossen unter der heißen japanischen Sonne Ströme von Schweiß.
Während der Reparatur des Toppsegels sah Jack oft zu dem Tempel hinüber. Er flimmerte in der Hitze und schien über der Landzunge zu schweben. Jack hielt täglich nach dem Mädchen Ausschau, doch vergeblich. Allmählich kam er selbst zu der Überzeugung, dass er es sich nur eingebildet hatte.
Vielleicht hatte sein Vater Recht und er war wirklich schon zu lange auf See.
»Das gefällt mir überhaupt nicht«, brummte Ginsel und riss Jack aus seinem Tagtraum. »Wir sind ein segeluntüchtiges Handelsschiff mit einer Fracht aus Tuch, Sappanholz und Gewehren und damit eine leichte Beute für jeden Piraten hier in der Gegend!«
»Aber wir sind über hundert Mann, Sir, und wir haben Kanonen«, gab Christiaan zu bedenken. »Wie könnten sie uns besiegen?«
»Du hast ja keine Ahnung«, schnaubte Piper verächtlich, ein dürrer, knochiger Mann mit einer Haut, die wie zerknittertes Pergamentpapier an ihm herunterhing. »Wir sind hier in Japan. Die Japaner sind keine wehrlosen, halb nackten Eingeborenen. Sie kämpfen. Und sie töten! Hast du schon einmal von den Samurai gehört?«
Christiaan schüttelte stumm den Kopf.
»Sie gelten als die gefährlichsten, heimtückischsten Krieger der Welt. Die machen nicht viel Federlesen mit dir!«
Christiaan riss erschrocken die Augen auf. Auch Jack war beklommen zumute, obwohl er Pipers Ruf als Geschichtenerzähler kannte.
Piper zündete seine kleine Tonpfeife an und zog ein paarmal daran. Die Matrosen rückten näher an ihn heran.
»Die Samurai arbeiten für den Teufel persönlich. Ich habe gehört, dass sie dir den Kopf abschlagen, wenn du dich nicht vor ihnen verbeugst wie ein Sklave.«
Christiaan hielt die Luft an und einige Männer lachten.
»Solltet ihr also jemals einem Samurai begegnen, Burschen, verbeugt euch tief, am besten bis zum Boden!«
»Das reicht jetzt, Piper!«, sagte der Bootsmann, der ihnen vom Achterdeck aus zugehört hatte. »Sonst wird den Jungen noch ganz bange. Und jetzt macht das Schiff seetüchtig – morgen Früh bei Sonnenaufgang fahren wir!«
»Aye, aye, Sir«, riefen die Männer im Chor und kehrten hastig an ihre Arbeit zurück.
Im Laufe der Nacht breitete sich Unruhe in der Mannschaft aus. Wilde Gerüchte über Samurai und japanische Piraten kursierten. Die Wache sichtete sogar schwarze Schatten, die durch den Wald strichen.
Am nächsten Tag suchten die Männer immer wieder mit den Augen die Küste ab. Obwohl der Strand völlig menschenleer war, arbeiteten sie fieberhaft an der Fertigstellung der Reparaturen.
Kurz vor der Abenddämmerung war die Alexandria schließlich zum Auslaufen bereit. Der Bootsmann rief die Mannschaft an Deck. Zusammen mit den anderen wartete Jack auf die Befehle des Kapitäns.
»Sie haben hervorragende Arbeit geleistet, meine Herren«, rief Käpt’n Wallace. »Bei gutem Wind fahren wir morgen nach Nagasaki und machen dort unser Glück. Sie haben sich alle eine zusätzliche Ration Bier verdient!«
Die
Weitere Kostenlose Bücher