Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)

Rätselmönch starrte Jack und Hana mit vorquellenden Augen an.
    »Seid ihr weise Narren oder närrische Weise? Wir wollen doch sehen, ob ihr mit eurem Mund tut uns die Wahrheit kund!«
    »Stellt ein Rätsel! Stellt ein Rätsel! Stellt ein Rätsel!«, rief der Chor der Schüler in fieberhafter Erregung.
    Der Rätselmönch gebot mit erhobener Hand Schweigen.
    »Dann löst dieses Rätsel! Was springt dahin, kann aber nicht laufen, windet sich, ohne von der Stelle zu kommen, und hat ein Bett, ohne je darin zu schlafen?«
    Jack sah ihn überrascht an. Er hatte mit dem ursprünglichen Rätsel von Gott und dem Teufel gerechnet. Doch hatte es keinen Sinn, mit einem Verrückten zu streiten. Er hatte sich der Herausforderung gestellt und musste jetzt das verrückte Spiel des Mönchs mitspielen. Angestrengt überlegte er. Das Rätsel, das der Mönch ihm bei ihrer ersten Begegnung gestellt hatte – was wird nass, wenn es trocknet?  –, hatte trotz des scheinbaren Widerspruchs eine logische Lösung gehabt.
    Hana sah Jack ängstlich an. Er hatte die Stirn gerunzelt.
    »Vielleicht ein kleines Kind?«, schlug sie vor.
    »Ist das eure Antwort?«, krähte der Mönch.
    »Nein!«, erwiderte Jack rasch. »Wie soll ein kleines Kind springen, wenn es noch nicht laufen kann?«
    Die Lösung lag ihm förmlich auf der Zunge. Es springt dahin … windet sich … hat ein Bett …
    Er dachte an den Unterricht bei seinem Vater, in dem sie die verschiedensten Gewässer behandelt hatten, und hob den Kopf. »Die Lösung lautet: Bach.«
    »Stimmt das?«, skandierten die Schüler im Chor.
    Der Rätselmönch stieß seinen Stock auf den Boden, sah Jack böse an und begann plötzlich wie irre zu grinsen.
    »Rich-tig«, rief er. Dabei betonte er jede Silbe einzeln, als spreche er das Wort nur ungern aus.
    Ein gemeinsamer Seufzer der Schüler stieg zum knarrenden Gebälk der Pagode auf.
    »Du bekommst für deine Antwort auch eine Antwort«, sagte der Mönch. »Ja, ich kenne dieses Buch.«
    Mit einer so einfachen Antwort hatte Jack nicht gerechnet. »Wo ist es? Habt Ihr es?«
    Der Rätselmönch lachte schrill vor Vergnügen und schlug übermütig gegen die Seiten seines Thrones. »Zwei weitere Fragen – zwei weitere Rätsel! Zwei und zwei, und wieder bist du mit dabei.«
    Jack fühlte sich hinters Licht geführt. Der Rätselmönch spielte mit ihnen. Aber sie hatten keine andere Wahl.
    »Löst dieses Rätsel! Was ist so zerbrechlich, dass man es schon bricht, wenn man nur seinen Namen sagt?«
    Jack und Hana überlegten angestrengt, doch diesmal wollte ihnen nichts einfallen. Nicht zum ersten Mal wünschte Jack, Yori wäre bei ihnen. Hinter seinen Schläfen pochten dumpfe Kopfschmerzen und er sah, dass auch Hana sich die Stirn rieb.
    »Ein Teller aus Porzellan?«, schlug sie vor, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. »Nein, was bricht sonst noch? Ein Bein … eine Welle …«
    Jack dachte an Jess und Akiko. »Das Herz! Wenn man den Namen von jemandem sagt, den man sehr gernhat, kann einem dabei das Herz brechen.«
    Hana nickte langsam, schien aber nicht überzeugt.
    »Antwortet mir oder verschwindet von hier!«, rief der Mönch grinsend.
    Seine Schüler begannen jetzt mit den Fäusten auf den Boden zu trommeln.
    »Die Lösung! Die Lösung! Die Lösung!«
    »Was könnte es noch sein?«, überlegte Jack. Das stete Trommeln verschlimmerte den Druck in seinem Kopf.
    Hana schwieg. Sie hatte vor Schmerzen die Augen geschlossen. Jack hatte das Gefühl, dass nur die richtige Antwort das Trommeln in seinem Kopf beenden konnte, und sah den Rätselmönch an. »Die Lösung lautet …«
    »Nein!«, rief Hana und hielt ihm mit der Hand den Mund zu. »Erinnerst du dich an den Mönch, der im Todai-ji gesagt hat, ich solle leise sein? Ich hatte die Ruhe gestört, das Schweigen der anderen gebrochen. Die Lösung lautet: Schweigen!«, rief sie.
    Das Trommeln verstummte und aller Augen richteten sich auf den Rätselmönch. Sein Gesicht schien vor Ärger rot anzuschwellen.
    »Rich-tig«, schimpfte er.
    Die Schüler begannen lauthals zu jammern. Jack sah Hana verblüfft an. Wie froh er jetzt war, sie dabeizuhaben! Seine Kopfschmerzen ließen wie eine verebbende Welle nach.
    Der Rätselmönch sprang von seinem Thron auf und lief aufgeregt hin und her. »Ich brauche ein Rätsel«, murmelte er, »gereimt, wenn es geht, ein Rätsel, das er gewiss nicht versteht.«
    Jack hörte hinter sich ein Schlurfen und sah, dass eine Gruppe aufgebrachter Schüler den Eingang