Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)
versperrte. Ein Freudenschrei lenkte seine Aufmerksamkeit jedoch wieder nach vorn. Der Mönch vollführte einen Tanz auf dem Podest, auf dem der Thron stand.
»Löst dieses Rätsel! Was ist das? Wer ihn herstellt, verkauft ihn. Wer ihn kauft, braucht ihn nicht. Wer ihn in Gebrauch nimmt, weiß nicht, dass er das tut.«
Das Rätsel erwies sich als noch schwieriger zu lösen als das vorangegangene. Jack hatte das Gefühl, sich nicht mehr konzentrieren zu können. Die Gedanken entglitten ihm und seine Kopfschmerzen kehrten noch heftiger als zuvor zurück.
Plötzlich fiel Hana auf die Knie. Jack beugte sich zu ihr hinunter. »Hana! Was ist?«
»Ich … ich … kann nicht mehr denken …«, stotterte sie.
Der Mönch hielt sie offenbar in einem Zauber gefangen und drohte sie an den Rand des Wahnsinns zu treiben.
49
Die Lösung
Wie in einem Schraubstock wurde der Griff nach ihren Seelen immer fester. Jack war, als kämpfe er gegen den Mönch an – nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Verstand. Jedes Rätsel war ein Angriff, jede Antwort ein Konter. Der Druck in seinem Kopf wurde stärker und er war kaum noch in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Hana wand sich bereits vor Qualen auf dem Boden und brabbelte vor sich hin. Der Sprechgesang der Schüler wurde lauter und sie schlugen wieder mit den Fäusten auf den Boden.
»Die Lösung! Die Lösung! Die Lösung!«
Jack hielt sich die Ohren zu. Sein Kopf drohte zu platzen. Ihm war, als müsste er sterben. Die Fäuste klangen wie Hammerschläge. Bum! Bum! Bum! Vor Jacks geistigem Auge tauchte plötzlich das verrunzelte, zahnlose Gesicht des Böttchers auf.
Merkwürdig, nicht wahr? Dass der, der den Sarg bezahlt, ihn nicht braucht, und der, der ihn bekommt, nichts davon weiß …
»Sarg!«, schrie Jack. »Die Lösung ist: Sarg!«
Schweigen senkte sich über die Halle.
Dann begann ein Wispern und Raunen. »Stimmt das? Stimmt das? Stimmt das?«
Der Rätselmönch schleuderte wütend seine Dornenkrone durch die Halle. »Rich-tig!«, heulte er und hüpfte auf seinem Thron auf und ab wie ein rasender Affe. »Löst dieses Rätsel! Löst dieses Rätsel! Löst …«
»Halt!«, rief Jack, zog sein Schwert und richtete es auf ihn. Die Schüler scharten sich um den Mönch, um ihn zu schützen. »Wir haben Eure Rätsel beantwortet, jetzt antwortet mir.«
Der Rätselmönch hielt inne, strich sein Gewand glatt und ließ sich auf seinen Thron fallen. »Aber warum denn mit Gewalt?«, sagte er, als geschehe ihm Unrecht. »Wo ist das Buch? Hier. Habe ich es? Ja.«
»Dann gebt es mir und wir gehen, ohne Euch etwas anzutun«, sagte Jack. Er half Hana aufzustehen.
Der Rätselmönch hob drohend seinen knochigen Finger. Das irre Flackern war in seine Augen zurückgekehrt. »Nein, nein, nein«, sagte er hämisch. »Du hast das erste Rätsel noch nicht gelöst.«
Hana sah Jack erschrocken an. »Das erste Rätsel war noch gar nicht dabei?«, fragte sie.
Das gackernde Lachen des Rätselmönchs erfüllte die ganze Halle.
»So löse denn dieses Rätsel, junger Samurai! Was ist größer als Gott und schlimmer als der Teufel? Die Armen haben es, die Reichen brauchen es, und wenn du es isst, stirbst du daran. Sage es mir und ich gebe es dir.«
Jack und Hana sahen einander ratlos an.
Ihre Gesichter wurden den eingefallenen, angestrengten Gesichtern der Schüler des Rätselmönchs immer ähnlicher. Mit seinen Rätseln hatte der Mönch sie wie mit einem Netz gefangen. Und mit jeder Lösung verstrickten sie sich nur noch mehr darin.
Jack spürte, wie seine Nerven aufs Äußerste gespannt waren und zu zerreißen drohten.
Denke wie Yori!, ermahnte er sich.
Er schlug sich mit den Fäusten an den Kopf, um die Lösung herbeizuzwingen. »Was ist das? Was ist das?«
»Nur der größte Weise … könnte das lösen«, murmelte Hana resigniert.
»Was sagst du da?«, fragte Jack.
»Nur der größte Weise …«
»Natürlich!« Er packte sie aufgeregt an den Schultern. »Und der Mönch hat uns die Lösung bereits gesagt.«
Hana starrte ihn verständnislos an.
»Nur ein Narr glaubt alles zu wissen«, erklärte Jack. »Der Weise dagegen weiß, dass er nichts weiß. Nichts ist größer als Gott und nichts schlimmer als der Teufel. Die Armen haben nichts , die Reichen brauchen nichts , und wenn man nichts isst, stirbt man. Die Lösung lautet: nichts.«
»Rich-tig!«, schrie der Mönch.
» Er kennt die Lösung!«, murmelten die Schüler ehrfürchtig und begannen sich vor Jack zu
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