Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)
und trat so dicht vor ihn, dass sich ihre Nasen fast berührten.
»Wie der Fisch zur Katze geschwommen, bist du wieder zu mir gekommen!«
48
Löst dieses Rätsel!
»Ich komme wegen des Portolans, den Ihr Ronin abgeluchst habt«, erklärte Jack und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn die Nähe des Mönchs irritierte.
»Ein neues Rätsel!« Der Mönch sah Hana an und rollte mit den Augen. »Dabei hat er meines noch gar nicht beantwortet.«
»Er hat dir schon ein Rätsel aufgegeben?«, rief Hana beunruhigt.
Jack nickte. Hana zog ihn von dem Mönch weg. »Du musst es lösen«, flüsterte sie aufgeregt. »Sonst verlierst du deine Seele an ihn.«
»Du glaubst offenbar wirklich an so etwas.« Jack warf dem Mönch einen verstohlenen Blick zu. Er klaubte sich gerade Läuse aus dem Bart und verspeiste sie genüsslich.
Hana deutete auf die sonderbaren Gestalten, die im Dunkeln warteten und den Rätselmönch ehrerbietig anstarrten. »Ob das jetzt onryo sind oder nicht, für mich sehen sie jedenfalls so aus, als hätten sie ihre Seelen verloren.«
Hana konnte durchaus Recht haben, dachte Jack mit einem Schaudern. Der Mönch, den er für einen harmlosen Narren gehalten hatte, mochte verrückt sein, aber eines stand fest: Er hatte die anderen offensichtlich fest in seiner Gewalt. Worin auch immer sein Geheimnis bestand, er war gefährlich.
»Wir holen nur den Portolan und gehen wieder«, sagte er leise.
Er trat wieder zu dem Mönch. Hana folgte dicht hinter ihm.
»Beantwortet mir zuerst eine Frage«, sagte er. »Wisst Ihr, wo mein Logbuch ist?«
Der Rätselmönch grinste. »Ich habe viele Bücher. Für eine Antwort löse ein Rätsel oder … lass es sein und falle dem Wahnsinn anheim.«
»Pass auf, Jack«, warnte Hana. »Das könnte eine Falle sein.«
»Warum so verbissen?« Der Mönch lachte und vollführte einen Tanz um sie. »Irgendwann werdet ihr doch sterben müssen!«
»Es geht um zu viel, Hana«, erwiderte Jack leise. »Schon zu viele Menschen haben ihr Leben für diesen Portolan geopfert. Ich habe meinem Vater ein Versprechen gegeben und kann nicht mehr zurück …«
»Natürlich kannst du nicht mehr zurück, du bist im Kreis gefangen!«, fiel der Mönch ein und drehte sich um sich selbst. »Wer drin ist, muss das Rätsel lösen oder sterben.«
Im selben Moment verschwand die Sonne hinter dem Horizont und die Dämmerung legte sich über den Tempel. Es wurde schlagartig kalt und der ganze Ort wirkte auf einmal wie ein gespenstischer Friedhof. Die verrückten Schüler des Mönchs kamen wie lebende Leichen aus ihren Winkeln gekrochen und umringten Jack und Hana.
»Sieht aus, als hätten wir keine andere Wahl«, sagte Jack und nahm Hana an der Hand.
»Gut, besser, am besten!«, rief der Mönch und klatschte vor Freude in die Hände. »Die Herausforderung ist angenommen, Wetten werden nicht mehr entgegengenommen!« Mit diesen Worten zerrte er sie kurzerhand in die verfallene Pagode, in der es stockdunkel war. Sie stolperten über zahllose Knochen von Tieren und Menschen, die in der Eingangshalle verstreut lagen. Der Rätselmönch verschwand im Dunkeln. Um sie herum waren schlurfende und scharrende Geräusche und keuchendes Atmen zu hören. Hana umklammerte unwillkürlich Jacks Hand fester. Eine ledrige Hand berührte ihr Gesicht und sie schrie auf. Jack zog sie an sich, um sie zu beruhigen.
Der Rätselmönch klatschte zweimal in die Hände und einige Schüler zündeten daraufhin mit einer knisternden Kerze Fackeln an. In ihrem flackernden Schein waren ausgemergelte, zahnlose Gesichter zu sehen, deren aufgesprungene Lippen in einem fort flüsterten: »Die Lösung? Die Lösung? Die Lösung?«
Faustgroße Spinnen krochen über die Wände und von den Dachbalken hingen Spinnweben wie Schleier herunter. Der Rätselmönch hockte inzwischen auf einem hölzernen Thron, der mit Girlanden aus verfaulten Früchten und längst verwelkten Blumen geschmückt war. Er trug eine Dornenkrone und hielt einen knorrigen Stock in der Hand, den er einige Male auf dem Boden aufstieß.
Das Flüstern verstummte und die Schüler legten sich zwischen den Knochen auf den Boden. Jack und Hana beobachteten das verrückte Treiben stumm.
»Nur der Tod kann den Narren heilen«, verkündete der Rätselmönch wie ein Prediger auf der Kanzel.
» Er kennt die Lösung!«, riefen seine Schüler im Chor.
»Nur ein Narr glaubt alles zu wissen. Der Weise dagegen weiß, dass er nichts weiß.«
» Er kennt die Lösung!«
Der
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