Samurai 7: Der Ring des Windes (German Edition)
weitere Boote waren kleiner, aber dafür schneller. Angetrieben von zwanzig Ruderern und bemannt mit jeweils zehn Samurai, glitten sie schäumend durch das Wasser. Im Grunde handelte es sich um größere Ruderboote, die seitlich nicht durch hölzerne Planken geschützt waren. Feindlichen Geschossen preisgegeben, musste die Besatzung ganz auf ihre Schnelligkeit und Geschicklichkeit vertrauen, wenn sie eine Seeschlacht überleben wollte.
»Man könnte meinen, der Krieg sei noch nicht aus«, bemerkte Miyuki.
»Das ist er auch nicht«, bestätigte der Dichter. Sie tauchten in den Schatten des riesigen atake-bune ein.
»Aber der Shogun hat gewonnen«, sagte Yori.
»Daimyo Mori kämpft nicht gegen den Shogun, sondern gegen die Piraten«, erklärte der Dichter. »Diese Flotte ist nur eine von vielen, die auf dem Meer patrouillieren. Der Daimyo hat die Schiffe nur für den Zweck gebaut, die Piraten-Clans auszumerzen.«
»Gibt es denn so viele Piraten?«, fragte Jack.
»Die genaue Zahl kennt niemand. Das Seto-Binnenmeer ist groß und hat viele tausend Inseln und versteckte Buchten. Aber der Daimyo führt einen persönlichen Feldzug. Sein Sohn wurde von einem Piraten getötet.«
»Und das rechtfertigt einen Krieg?«, fragte Yori. Sie fuhren in den Hafen ein.
»Man merkt, dass Ihr Daimyo Mori nicht kennt.« Der Dichter seufzte. »Als er vom Tod seines Sohnes erfuhr, nahm er die fünfzig erstbesten Piraten gefangen, die er zu fassen bekam, egal, ob sie mit dem Verbrechen zu tun hatten oder nicht, und ließ sie am Hafendamm kreuzigen, als Warnung für andere Piraten. Dann befahl er seinem Folterknecht, sie mit Speeren zu durchbohren. Die Piraten starben einen langen und qualvollen Tod. Ihr Anführer wurde angeblich von sechzehn Speeren durchbohrt, ohne dass ein einziges lebenswichtiges Organ getroffen wurde. Er brauchte fünf Tage zum Sterben.«
Der Dichter stand mit einem mitfühlenden Kopfschütteln auf und machte sich zum Aussteigen bereit.
»Glaubt mir, mit Daimyo Mori wollt Ihr es Euch nicht verderben.«
Jack, Yori und Miyuki wechselten einen besorgten Blick. Der Dichter wünschte ihnen noch viel Glück auf ihrer Pilgerreise und verabschiedete sich mit einer respektvollen Verbeugung. Anschließend gingen sie selbst von Bord. Sie stützten Saburo und halfen ihm, sich in den Schatten einer Zeder zu setzen. Am Kai herrschte lebhaftes Treiben von Fischern, Pilgern und beunruhigend vielen Samurai. Zum Glück fielen sie unter so vielen weiß gekleideten Reisenden nicht weiter auf.
»Bin ich froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben!«, seufzte Saburo und sank gegen den Baum.
»Gewöhne dich nicht zu rasch daran«, sagte Jack. »Wir müssen so schnell wie möglich ein anderes Schiff finden.«
Saburo sah ihn entsetzt an.
Miyuki gab Jack den Sack. »Angesichts der vielen Samurai solltest du hier bei Saburo bleiben«, meinte sie. »Yori und ich sehen uns um.«
Jack nickte, setzte sich neben den Freund und schaute Miyuki und Yori nach, die sich auf dem Kai entfernten. An der Anlegestelle ankerten Holzschiffe der verschiedensten Bauformen und Größen – von der kleinen Jolle über Fischkutter bis zu großen Handelsschiffen.
»Haben wir noch etwas zu essen?«, fragte Saburo.
»Offenbar geht es dir wieder besser«, sagte Jack lächelnd und holte einen Reiskuchen aus der Tasche.
Während Saburo den Reiskuchen langsam kauend verspeiste, sah Jack sich noch einmal vorsichtig im Hafen um. Verglichen mit dem ruhigen Fischerdorf Tomo war Imabari ein Handelszentrum, in dem es laut und lebhaft zuging. Hafenarbeiter be- und entluden Schiffe und eilten mit den verschiedensten Waren in alle möglichen Richtungen: Reis, Sake, Lackwaren, Porzellan, Holz, Seide, Gewürze und – die vielen Samuraiwachen legten die Vermutung nahe – womöglich auch Kupfer, Silber und Gold.
Die meisten Pilger standen im Begriff, den Hafen zu verlassen und auf der nach Süden führenden Straße ihre lange Pilgerreise anzutreten. Je weniger von ihnen noch zu sehen waren, desto mehr fielen Jack und Saburo auf. Jack beschwor Miyuki und Yori in Gedanken, sich mit der Suche nach einem geeigneten Schiff zu beeilen.
Hinter ihnen näherten sich Schritte. Auch ohne sich umzudrehen konnte er aus dem Klirren von Schwertern schließen, dass es sich nicht um einen Pilger handelte.
»Das bedeutet Ärger«, flüsterte er, an Saburo gewandt.
Ein Samurai trat vor sie. »Die Reiseerlaubnis«, befahl er.
Jack hielt den Kopf weiter gesenkt, während
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