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Samuraisommer

Samuraisommer

Titel: Samuraisommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Pferde“, fuhr Klops fort.
    „Sonst wären es wohl keine Bauern“, sagte Sven-Äke.
    „Haben die Kinder?“, fragte Mats.
    Janne zuckte nur mit den Schultern.
    „Wenn sie welche haben, kriegst du Geschwister“, fuhr Mats fort.
    „Ich hab schon Geschwister“, sagte Janne und ging weg.
    In dem Augenblick, als ich daran dachte, kehrte Janne mit einem Arm
voll Reisig auf die Lichtung zurück. Es war, als hätten ihn meine Gedanken
hierher zurückgeführt. Er legte das Reisig auf die Erde und kam auf mich zu.
    „Glaubst du wirklich, dass wir das Schloss noch fertig kriegen, bevor
der Sommer vorbei ist, Kenny?“
    „Na klar“, antwortete ich.
    Er guckte zweifelnd.
    „Wir entscheiden selber, wann es fertig ist.“
    „Aber dann?“ Er machte eine Geste, die alles umfasste. „Dann müssen
wir von hier weg. In dem Augenblick, wenn wir fertig sind, müssen wir weg.“
    „Das gilt für alle Samurai“, sagte ich. „Manchmal muss man sein
Schloss verlassen.“
    „Aber die Samurai kommen zurück, Kenny.“
    Er drehte sich wieder zu mir um und sah mir direkt in die Augen. Wir
waren gleich groß. Ich überlegte, ob wir immer noch gleich groß sein würden,
wenn wir erwachsen waren.
    Ich konnte mich nicht erinnern, wie groß mein Vater im Vergleich zu
anderen Erwachsenen gewesen war, und Janne hatte gar keine Ahnung, wie sein
Vater ausgesehen hatte.
    „Wir kommen nie mehr hierher zurück.“ Er machte wieder eine
Handbewegung über das Ganze. „Das Schloss wird verrotten.“
    „Es wird einen neuen Sommer geben.“
    „Nicht für uns, Kenny. Das weißt du.“
    „Ja.“
    „Nächsten Sommer sind wir zu alt.“ Ich antwortete nicht.
    „Dies ist der letzte Sommer“, fuhr er fort. „Der letzte Samuraisommer.“
    „Nach uns kommen andere“, sagte ich. „Klops kommt wieder hierher,
Sven-Äke und Mats.“
    „Ja, ja, aber für uns ist es vorbei.“
    „Mit dem Camp, aber nicht mit dem anderen.“
    „Welchem anderen?“
    „Es kommt immer ein neuer Sommer. Und du wirst immer noch ein Samurai
sein.“
    In dem Augenblick, als ich das sagte, ertönte ein entferntes Dröhnen
vom Himmel. Wir schauten hinauf, sahen aber nichts. Dann tauchte ein Flugzeug
auf. Es glitt über den Himmel, geradewegs über die Lichtung, wie ein Adler. Es
war unterwegs zu geheimen Orten, neuen Orten. Ich dachte an meinen Traum und
stellte mir vor, ich säße dort oben und sähe auf mich selbst herunter. Der
große Kenny schaute auf den kleinen Kenny herunter.
    „Ich möchte Pilot werden“, sagte Janne, während wir weiter nach oben
spähten, obwohl das Flugzeug jetzt verschwunden war. Das Dröhnen der Motoren
aber hielt sich noch ein wenig am Himmel, wie Gewitter. Das Flugzeug war ein
Gewittervogel. Ein Thunderbird.
    „Dann werde doch Pilot“, sagte ich.
    „Auf einem Bauernhof?“ Er senkte den Kopf und guckte mich an.
„Bestenfalls darf ich Traktor fahren.“
    „Das ist nicht das Schlechteste“, sagte ich.
    „Ein Traktor ist kein Flugzeug.“
    Sei dir nicht so sicher, dachte ich und erinnerte mich wieder an
meinen Traum.
    „Vielleicht darf ich nicht mal Traktor fahren“, sagte Janne leise.
„Vielleicht haben die auch gar keinen.“
    Jetzt hörten wir eine andere Art Lärm. Die anderen kamen mit mehr
Tannenreisig aus dem Wald.
    „Ich will das Schloss nicht verlassen“, sagte Janne. Er sah mir wieder
in die Augen. „Ich meine, wenn der Sommer zu Ende ist.“
    „Nein“, sagte ich. „Wer will das schon?“
    „Aber sie werden uns doch zwingen.“ Er wedelte wieder mit der Hand,
diesmal in Richtung des Camps. „Die Alte, die Betreuerinnen.“ Ich antwortete
nicht.
    „Wenn es
die nicht gäbe ...“ Janne verstummte. Ich wartete auf die Fortsetzung.
    „... wenn es kein Camp gäbe ... dann könnten wir hier bleiben. Solange
wir wollen.“
    Ich sagte immer noch nichts. Ich stellte mir vor, wie er zum ersten
Mal zu diesen fremden Leuten auf dem Bauernhof kam. Ich hatte wenigstens
Mutter.
    „Oder?“,
fuhr er fort. „Wenn es das nicht gäbe?“
    „Aber das Camp gibt's nun mal“, sagte ich. „Es liegt da hinten, hinter
den Bäumen.“
    Von hier aus konnte man nichts sehen, aber man brauchte nur wenige
hundert Meter durch den Wald zu gehen, dann tauchte schon das erste Gebäude
auf.
    „Aber
wenn“, sagte er.
    Wenn das Wenn nicht wäre, dachte ich. Vielleicht könnte man das „wenn“
entfernen. Wenn es das Camp nicht gäbe. Wenn es das einfach nicht gäbe. Das
Camp gibt es nicht. Das Camp ist weg.
    Ich sah mich um. Jetzt war

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