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Samuraisommer

Samuraisommer

Titel: Samuraisommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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solange wir nichts
wissen.“
    „Aber wir müssen das doch untersuchen?“
    „Ja.“
    Vorsichtig durchquerte ich den trockenen Wallgraben und stieg hinauf
zum äußeren Burghof. Hier waren keine Spuren zu sehen, der Boden war zu hart.
Ich kletterte über die innere Steinmauer. Wir hatten Steine durch den halben
Wald geschleppt, um sie zu bauen. Wenn wir mit der Waffenkammer und dem Saal
für die Soldaten fertig waren, würde niemand mehr eindringen können. Nicht
einmal ein Riese mit Schuhgröße fünfundvierzig.
    Plötzlich schrie ein Waldvogel, es war wie ein Warnschrei. Wir blieben
hinter der Mauer auf dem inneren Burghof stehen. Nur der Hauptturm hatte ein
Dach. Es war aus Erde, Steinen und Tannenreisig gebaut.
    Wieder schrie der Vogel.
    „Lass uns zurückgehen“, sagte Klops.
    „Du wolltest doch unbedingt mitkommen.“
    „Das war... vorhin.“
    „Willst du nun Krieger werden oder nicht?“, fragte ich. „Oder war das
auch nur vorhin?“
    Klops murmelte etwas, das ich nicht verstand. Der Vogel schrie ein
drittes Mal, diesmal kürzer, als hätte ihm jemand mitten im Schrei den Kopf
abgehauen.
    „Es ist nur ein Vogel.“
    „Vielleicht hat er etwas gesehen.“
    „Er hat uns gesehen“, sagte ich und ging weiter auf den Turm zu. „Wir
haben ihn aufgeschreckt.“
    Klops blieb abwartend hinter mir stehen. Langsam ging ich um den
ersten Wachturm herum, dann um die Anfänge des anderen. Ich ging an den Steinen
für einen Seitenturm vorbei und stand auf dem Boden des Hauptturmes. Hier war
nichts. Wir waren allein in unserem Schloss.
    Ich kehrte zu Klops zurück.
    „Hier ist niemand außer uns“, sagte ich.
    „Aber die Fußspuren?“
    „Vielleicht ist gestern jemand zufällig
vorbeigekommen. Vielleicht ein Jäger.“
    „Aber wenn er zurückkommt?“
    „Glaub ich nicht.“
    „Vielleicht sagt er es weiter.“
    „Warum sollte er?“
    Ich drehte mich zum Schloss um und versuchte mir vorzustellen, wie
groß es einmal sein würde.
    „Er hat sicher nicht erkannt, was es ist. Er hat nur eine Höhle
gesehen, wenn er das überhaupt kapiert hat.“
    „Wenn die Alte davon erfährt, kommt sie her und macht alles kaputt“,
sagte Klops.
    „Sie erfährt es nicht“, sagte ich.
    „Aber wenn? Kenny?“
    Ich antwortete nicht. Drinnen im Schloss wollte ich
nicht an die Alte denken. „Aber wenn?“, wiederholte Klops. „Dann gibt es
Krieg.“
    Das Mondschwert dort draußen war verblasst, als wir wieder im
Schlafsaal ankamen, so, als würde jemand das Licht langsam mit einem Lappen
auswischen. Bald würde die Sonne wieder aufgehen. Das tat sie immer.
    Niemand hatte uns gesehen, als wir zurück in den Schlafsaal
schlichen. Jedenfalls bemerkten wir niemanden.
    Waren die Fußspuren ein Zeichen? War es das, was der Mond mir zeigen
wollte? Waren es überhaupt Fußspuren? Wir mussten sie bei Tageslicht
untersuchen.
    Ich schloss die Augen. Dann muss ich eingeschlafen sein. Ich träumte
etwas, aber als ich aufwachte, hatte ich es vergessen.
     
    Nach der Morgenwäsche fiel es mir ein. Das kalte Wasser auf meinem
Kopf sorgte dafür, dass ich wach wurde und klar denken konnte, die Sonne in
meinen Augen holte mich rasch aus dem Reich der Träume zurück.
    Ich hatte geträumt, dass ich mit meinem Vater im Auto unterwegs bin.
Wir haben nie ein Auto besessen. Und ich hatte keinen Vater mehr. Deswegen war
es also bestimmt ein Traum. Erst recht, weil ich am Steuer gesessen hatte. Und
wie schnell ich gefahren bin! Ich sah nirgends einen Weg. Es gab nur Himmel und
Weiden. Wenn ich am Lenkrad drehte, folgte mir das Auto mühelos, als würde es
fliegen. Geflogen war ich auch noch nie. Geht ja prima, sagte Vater. Wohin
wollen wir fahren?, fragte ich. Weg, nur weg, antwortete er. Also fuhren wir
weg, nur weg. Hoch über Seen, Felder und Traktoren, über Tannenwipfel.
    Plötzlich parkten wir vor einem Schloss. Es war unser Schloss und es
war fertig. Es war fast eine Kopie des mächtigen Matsumoto aus dem sechzehnten
Jahrhundert. Mehrere kleine Türme bildeten zusammen den Hauptturm. Hier bin ich
schon mal gewesen, sagte Vater. Wirklich?, sagte ich. Hast du meine Fußabdrücke
nicht gesehen?, antwortete er.
     
    „Wollen wir jetzt die Fußabdrücke untersuchen?“ Klops war fertig mit
seiner Katzenwäsche. Er zeigte mit seiner unbenutzten Zahnbürste zum Himmel.
„Es könnte Regen geben, und dann verschwinden die Spuren.“
    Der Himmel war blau, genau wie der Himmel, durch den ich im Traum das
Auto gesteuert hatte. Ich hatte mir gar nicht

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