Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Samuraisommer

Samuraisommer

Titel: Samuraisommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
gelegt. Das Segel hing
schlaff herab wie ein Laken.
    „Hier.“
    Ich schaute auf. Kerstin hielt mir einen Pappbecher
hin. „Dann hast du doch nichts“, sagte ich. „Ich hab mir nachschenken lassen“,
sagte sie. „Dann trink es aus.“
    „Du brauchst gar nicht so zu tun, vor mir nicht.“
    „Ich hab keinen Durst“, sagte ich.
    „Aber du kriegst Durst. Wir müssen ja auch noch zurückgehen.“
    Sie hielt mir den Becher noch näher hin und ich nahm ihn und trank.
Der Saft schmeckte dünn, aber das machte nichts.
    „Du kannst auch meinen halben Wecken haben“, sagte sie.
    „Ich hab keinen Hunger“, sagte ich.
    „Du hast kein Frühstück gehabt.“
    „Nennst du das Frühstück?“, sagte ich.
    Sie setzte sich neben mich. Ich rutschte ein Stück zur Seite. Sie
legte die Hand über die Augen und spähte über den See.
    „Das Boot da bewegt sich nicht“, sagte sie. „Es geht kein Wind.“
    „Was isst du am liebsten zum Frühstück?“, fragte sie. „Reis.“
    „Reis? Meinst du gekochten Reis?“
    „Ja.“
    „Isst du das sonst zum Frühstück?“
    „Nein. Nicht hier.“
    „Ich meine zu Hause? Esst ihr zu Hause gekochten Reis?“
    „Äh ... nein.“
    „Trotzdem ist das dein Lieblingsfrühstück?“
    „Samurai essen Reis zum Frühstück“, sagte ich.
„Klingt nicht gut.“
    „Darauf kommt es nicht an.“
    Sie schwieg und schien über das nachzudenken, was ich gesagt hatte,
aber sicher war ich nicht, denn ich konnte ihre Augen nicht sehen. Die Gedanken
eines anderen kann man nur lesen, wenn man seine Augen sehen kann.
    „Ich hab Schinken und Ei am liebsten“, sagte sie, ohne die Hand von
den Augen zu nehmen. Sie spähte immer noch nach dem Segelboot. „Und Toastbrot
mit Apfelsinenmarmelade.“
    „Ja, von so was hab ich schon mal gehört“, sagte ich. „Kriegst du das
zu Hause?“
    „Sonntags.“ Sie nahm die Hand herunter und schaute mich an.
„Manchmal.“
    „Bestell es dir doch mal bei der Köchin für Sonntag“, sagte ich und
ging zurück zu den anderen.
    Ich fühlte mich sonderbar und drehte mich um. Kerstin war auf der
Klippe sitzen geblieben. Vielleicht wollte sie weiter das Segelboot beobachten.
Bei seinem Anblick hatte ich daran gedacht, dass man mit einem Segelboot
genauso weit kommen könnte wie mit einem Flugzeug. Auch mit diesem Boot, wenn
es einem nur gelang, die Ausfahrt aus diesem See zu finden. Dann würde man
vielleicht von diesem kleinen Dreckssee bis nach Japan segeln können. Das Segel
hatte jetzt Wind, so stark, als käme er den ganzen Weg vom Meer herein. Das
Boot sah aus, als würde es fliegen.
    „Hallo, Weiberheld!“
    Ich drehte mich wieder um.
    „Willst du das Mädchen nicht wieder zurückbringen, Weiberheld? Willst
du sie allein auf der Klippe sitzen lassen?“
    Es war Weine.
    „Wie heißt sie?“
    „Geht dich nichts an.“
    „Man könnte sie ja auch selbst fragen.“
    Hinter Weine standen zwei Jungen und grinsten zu allem, was er sagte.
Ich verstand nicht, was es da zu grinsen gab.
    „Bitte sehr“, hörte ich plötzlich jemanden hinter mir sagen. Heute
redeten offenbar alle hinter meinem Rücken. Ich drehte mich um. Es war Kerstin.
    „Fang an zu fragen“, sagte sie und sah Weine an.
    Weines Gesicht war noch länger geworden als sonst.
    „Hat es dir die Sprache verschlagen?“, fragte Kerstin.
    Man sah förmlich, wie die Gedanken in Weines Schädel mahlten. Ich war
plötzlich nur noch ein unbeteiligter Zuschauer, obwohl ich zwischen Weine und
Kerstin stand.
    „Ach, scheiß drauf“, sagte Weine und begann, zurück zum Strand zu
gehen.
    Seine zwei Idioten schauten ihm einen Moment nach, ehe sie ihm folgten.
    Kerstin stellte sich neben mich.
    „Er will wohl doch nicht wissen, wie ich heiße.“
    „Er ist ein Idiot.“
    „So darf man nicht über andere reden.“ Sie sah mich an. „Es gibt
schließlich richtige Idioten. Solche, denen nicht zu helfen ist.“
    „Dort geht einer.“ Ich nickte in Weines Richtung. Er ging rasch den
schmalen Sandstreifen entlang und die beiden anderen stolperten hinter ihm
her.
    „Nein.“ Kerstin lächelte. „Der ist nur blöd.“
    Ich lachte auf. Es war ein gutes Gefühl. Sie hatte eine scharfe Zunge.
Bei ihr musste man aufpassen. Gegen sie hatte Weine keine Chance. Und dabei
ging es nur um Worte.
     
    Ich konnte Klops nirgends entdecken und auch sonst
hatte ihn niemand gesehen. Ich fragte herum, aber niemand wusste etwas.
    „Ich glaube, er wollte drüben tauchen“, sagte Micke. „Aber das ist
schon eine Weile

Weitere Kostenlose Bücher