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Samuraisommer

Samuraisommer

Titel: Samuraisommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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mich
überzeugen, dass es nicht so schlimm um mich stand. „Du bist nur vornüber
gefallen.“
    „Wo ist die Grütze?“ Ich sah mich um. Aber sie schien mir nicht in den
Schlafsaal gefolgt zu sein.
    „Die haben sie weggetragen“, sagte Klops.
    Draußen war es immer noch hell, aber die Sonne schien für heute genug
gesehen zu haben.
    „Jetzt schicken sie mich wahrscheinlich weg“, sagte ich.
    „Ich glaub, das trauen die sich nicht“, sagte Janne.
    „Wieso?“
    „Kinder, die im Camp ohnmächtig werden. Weil sie nichts zu essen
bekommen. Stell dir vor, du fährst weg und erzählst es?“
    Ich nickte.
    „Verdammt guter Trick!“, sagte Klops.
     
    Überall waren die Schatten länger geworden. Ich wusste nicht, wieviel
Zeit vergangen war, und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Sollte ich
aufstehen oder liegen bleiben? Ich schloss die Augen wieder. Vielleicht sollte
ich versuchen zu schlafen.
    Plötzlich bemerkte ich noch einen weiteren Schatten im Raum. Es roch
nach Essen. „Tommy?“
    Ich öffnete die Augen. Es war die Alte. Sie hielt einen dampfenden
Teller in der Hand. Aber ich dachte, ich bilde mir diesen Teller ein.
    Genau in dem Augenblick schoss eine Erinnerung durch meinen Schädel
wie eine Rakete. Ich war krank und Mutter brachte mir etwas zu essen ans Bett.
Der Teller dampfte und es roch gut. Vielleicht war es ein Kotelett. Ich
erinnere mich, dass Vater gern Kotelett gegessen hatte. Er nannte sie Kochletts.
„Wollen wir heute Kochlett essen?“, konnte er fragen. Am Samstag gab es
manchmal Kotelett, jeden dritten, vierten Samstag.
    Ich richtete mich auf. Es roch nach Schinken und
Eiern. „Du musst etwas essen, Tommy“, sagte die Alte. „Iss das.“
    „Was ist das?“ Ich dachte, es sei die verdammte Grütze, die sie mir
hinhielt, obwohl es im ganzen Schlafsaal nach Schinken und Eiern roch.
    „Eier und Schinken“, sagte sie.
    Es ist Sonntag, war das Erste, was ich dachte. Sonntagsfrühstück am
Bett.
    „Ich ... möchte nicht“, sagte ich.
    „Jetzt sei nicht dumm“, sagte sie. „Es ist ganz
frisch.“
    Zuerst wollte ich das Essen stolz zurückweisen. Mein Wille sollte
meinen Hunger besiegen. Dann dachte ich daran, dass ich vorher immer all das
eklige Zeug gegessen hatte, das sie einem vorsetzten, nur jetzt zum Schluss
nicht. Dies hier wirkte überhaupt nicht eklig. Und schon weil die Alte dort mit
Eiern und Schinken stand, würde ich das Essen annehmen, da es bewies, dass ich
diese Runde gewonnen hatte. Die hatten erkannt, dass sie verloren hatten.
    Ich streckte die Hände aus und nahm den Teller entgegen. Es lag eine
Gabel darauf. Der Teller war noch ein bisschen warm, als hätte er im Backofen
gestanden.
    Die Alte verließ den Saal, ein Schatten, der verschwand. Ich hörte,
wie sich ihre Schritte die Treppe hinunter entfernten.
    „Vielleicht sind sie vergiftet“, hörte ich jemanden aus dem
Nachbarbett sagen. „Die Eier.“
    Klops spähte unter der Decke hervor. Ich hatte gesehen, wie er
zitterte, als die Alte dort stand. Es war das erste Mal, dass sie dem Saal in
der Nacht einen Besuch abgestattet hatte.
    „Die Alte hat sicher Arsen ins Eigelb gespritzt.“
    „Möchtest du zuerst probieren?“, fragte ich.
    Er stand auf und setzte sich auf meine Bettkante.
    „Hmmm, das riecht gut.“
    „Möchtest du ein Stückchen Schinken?“
    „Nee, iss du.“ Er sah
besorgt aus, so als glaubte er wirklich an eine Vergiftung.
    Ich steckte mir einen Happen Ei und ein Stück Schinken in den Mund und
kaute. Es schmeckte wunderbar.
    Jetzt wurde es ringsum lebendig im Saal. Micke kam zu meinem Bett und
dann Lennart.
    „Möchte mal wissen, was das zu bedeuten hat“, sagte Lennart.
    „Will die Alte Frieden schließen?“, sagte Micke.
    „Mit mir?“, murmelte ich mit vollem Mund. „Vielleicht nur
vorübergehend.“
    „Trau keinem Erwachsenen“, sagte Lennart.
    Wie Recht er hatte. Trau keinem Erwachsenen. Es war unmöglich,
dahinter zu kommen, warum die Alte mir Essen gebracht hatte, und im Augenblick
konnte ich sowieso nicht klar denken. Ich fühlte, dass mir im ganzen Körper
warm wurde. Als ich richtig hungrig gewesen war, hatte ich gefroren.
    „Die hatte Schiss“, sagte Micke. „Sie haben nicht gewagt, dich noch
länger hungern zu lassen.“
    „Sie hätten ja einfach nur die Grütze zu braten brauchen“, sagte
Lennart.
    „Hmmm.“ Klops sog wieder den Duft ein. „Wenn man nachher so was
kriegt, könnte ich mir vorstellen, auch mal das Essen zu verweigern.“
    „Möchtest du den

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