Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Samuraisommer

Samuraisommer

Titel: Samuraisommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
„Und ich hab auch
nicht angefangen.“
    „Der andere Junge sagt, du hast angefangen.“
    „Das ist eine Lüge.“
    „Willst du etwa behaupten, dass der andere lügt?“
    „Ich hab mich nicht geprügelt“, wiederholte ich.
    „Du hast diesen Jungen angegriffen. Weine.“
    Antworten war sinnlos. Es war ja doch egal, was ich sagte. Ich schaute
auf die dicken Arme der Alten. Ich wollte nicht, dass sie mir wieder das Ohr
umdrehte. Oder noch was Schlimmeres tat.
    „Wenn das so weitergeht, müssen wir dich nach Hause schicken, Tommy.“
    Jetzt sprach sie den Namen wieder normal aus. Aber es war ja nicht
mein Name.
    „Wenn das so weitergeht, fliegst du raus.“
    „Was ... weitergeht?“, fragte ich, weil ich dachte, ich müsste etwas
sagen.
    „Das habe ich dir doch schon gesagt! Deine Weigerung zu essen. Und die
Prügeleien. Und dass du uns beschuldigst, deine Süßigkeiten gestohlen zu
haben!“ Jetzt schaute sie zur Seite, zum See. Als ob sie mir nicht in die Augen
sehen mochte. „Du solltest wissen, wie viele Hunderte von Kindern im Sommer
gern zu uns kommen würden.“
    Sie sah aus, als dächte sie darüber nach, wie man Hunderte von
Kindern auf die einfachste Weise ertränkt.
    „Hunderte“, wiederholte sie. Sie sah mich wieder
an.
    „Hast du gehört, was ich gesagt habe, Tommy?“ Ich
nickte.
    „Wenn du deinen Teller heute Abend nicht leer isst, schicken wir dich
morgen nach Hause.“
    „Morgen?“
    „Direkt nach dem Frühstück“, sagte die Alte. Dann lächelte sie. „Nach
dem Frühstück, das du nicht isst.“
    Sie sah aus, als meinte sie es ernst. Ich wusste nicht, ob sie es
wirklich tun würde. Ob ihnen Gesetze oder Regeln das Recht gaben, mich
wegzuschicken. Aber ich hatte den Verdacht, dass sie hier einfach taten, was
sie wollten.
    „Aber ... meine Mutter ist nicht zu Hause“, sagte
ich.
    „Es gibt andere Camps“, sagte die Alte. „Falls dich jemand haben
will.“
    Sie stand auf.
    „Jetzt weißt du also Bescheid.“
    „Worüber?“, fragte ich.
    „Was passiert, wenn du dein Frühstück heute Abend auch nicht aufisst.“
    Sie lächelte ein Lächeln, das niemand froh stimmen konnte. Nicht
einmal sie selber sah froh aus, nur schadenfroh. Ich dachte an die drei Tage
alte Grütze. Der Kopf der Alten war wie ein Mond, ein schwarzer Mond, als sie
auf mich herunterschaute. Ihre Zähne blitzten auf. Sie bewegte den Kopf hin
und her, als wollte sie sich vergewissern, dass er noch fest am Hals saß.
     
    7
     
    Die Truppe wartete vorm Haus auf mich. Alle anderen auf dem Hof
warteten aufs Essen. Ich hatte auch Hunger, aber ich wollte nicht daran denken.
Ein Samurai muss darauf gefasst sein, alles auszuhalten. Ich brauchte
vollkommene Selbstkontrolle, durfte keine Gefühle zeigen. Vor allen Dingen
nicht für meinen Magen. Alles ging vom Magen aus. Das Leben eines Samurai sitzt
in seinem Magen. Niemand durfte darüber bestimmen, was ich aß. Es war eine
Frage der Ehre. Ich konnte selbst entscheiden, allem mit Hilfe des kleinen
Schwerts und eines einzigen Schnitts in den Bauch ein Ende zu bereiten.
Hunderttausende Samurai hatten sich dafür entschieden. Aber ich war noch nicht
bereit. So weit war ich noch nicht. „Was hat die Alte gesagt?“
    Klops sah immer noch wie eine ertränkte Katze aus. Seine Augen waren
rot, das Gesicht blau und seine Haare würden vielleicht nie wieder trocknen.
Auf dem Rückmarsch hatten seine Zähne geklappert wie eine Klapperschlange.
    „Weine und seine Clique sind dahinten“, sagte Janne. „Diese
Feiglinge.“
    „Wir knöpfen sie uns später vor“, sagte Lennart und tätschelte sein
Schwert.
    „Aber was hat sie gesagt?“, wiederholte Klops.
    „Sie wollen mich nach Hause schicken“, sagte ich.
    „Das können die doch nicht machen?!“
    „Die können alles machen.“
    „Dann müssen sie uns alle nach Hause schicken“, sagte Janne.
    Ich sah ihn an. Er hatte es nicht eilig, zu diesem Bauernhof zu
kommen. Er sagte „nach Hause“, weil er nichts anderes hatte, was er Zuhause
nennen konnte. Ich kannte auch kein anderes Wort, das zu Hause bedeutete, aber
kein Zuhause war.
    „Ich denk gar nicht dran zu fahren“, sagte ich.
„Hurra!“, sagte Klops.
    „Ist es denn schon entschieden?“, fragte Micke. „Dass du fährst?“
    „Ich hab noch eine Chance gekriegt:“
    „Was für eine?“
    „Die Grütze.“
    „Igitt“, sagte Lennart.
    „Wir können ja denselben Trick benutzen“, sagte Klops, „schicken den
Teller zu den Mädchen.“
    „Noch mal funktioniert

Weitere Kostenlose Bücher