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Samuraisommer

Samuraisommer

Titel: Samuraisommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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mit den Federn. „Jedenfalls im nordöstlichen
Amerika. In Minnesota, dem Land der Cheyenne.“
    „Schweden“, sagte ich.
    „Was?“
    „Ich rede von den Weißen. Es sind doch von überall her Leute nach
Amerika ausgewandert, aber am meisten Schweden, nicht? Nach Minnesota.“
    „Vielleicht.“
    „Dann waren es also die Schweden, die den Indianern beigebracht
haben, Skalps zu nehmen.“
    „Was man so beigebracht nennt“, sagte der mit den Federn. „Das war
wahrscheinlich ziemlich schmerzhaft zu lernen!“
    „Was meint ihr wohl, warum ich die Lehrer skalpiert habe?“, sagte der
Bogenschütze. „Wo wir doch gerade vom Lernen reden.“
    Jemand lachte.
    Kerstin begann zu weinen.
     
    „Er ... hat mich da drinnen gejagt.“
    Endlich begann sie zu reden. Ich wusste, dass sie es irgendwann tun
würde. Zuerst klapperten ihre Zähne wie Kastagnetten.
    „Er hat zu mir gesagt, ich soll ... in ... ins Zimmer gehen.“
    „Warum?“, fragte Klops. „Still, Klops“, sagte ich.
    „Welches Zimmer?“, fragte Janne. „Das ... Büro. Von
der Frau.“
    Kerstin nannte die Alte die Frau. Alle Mädchen im
Camp nannten sie die Frau. „Warst du allein?“, fragte ich.
    „Ja ... später. Ann war auch da, aber er sagte, er
wollte nur mit mir reden.“
    „War er allein?“
    „Äh... ja.“
    „Wo war die Alte?“
    „Die Alte? Wer ist das?“
    Sie schien plötzlich vergessen zu haben, wie die
Alte wirklich hieß. „Dann eben die Frau. Wo war die?“
    „Sie war im Saal.“
    „Sie wusste also, dass Christian mit dir im Büro
reden wollte?“
    „Sie hat uns ja gesehen.“
    „Sie hat gesehen, dass Christian mit dir in ihr
Zimmer gegangen ist?“ Kerstin nickte. „Was hat sie gesagt?“
    „Sie hat gar nichts gesagt. Sie ... ging weg. Ich
hab gesehen, dass sie mir ... uns den Rücken zukehrte ... und zur Haustür
ging.“
    „Was ist dann passiert?“
    Kerstin fing wieder an, mit den Zähnen zu klappern.
„Ich bin ... aus dem Fenster gesprungen“, sagte sie. Sie wollte nicht sagen,
was im Büro passiert war. Aber das Wichtigste erzählte sie: dass sie entkommen
ist. Das Fenster schien inzwischen die einzige Möglichkeit geworden zu sein,
sich zu retten. „Ich glaub, wir müssen jetzt weg hier“, sagte Janne.
     
    Wir gingen tiefer in den Wald hinein. Es war dunkler geworden, so
dunkel, als gingen wir immer tiefer in die Nacht. Jetzt galten keine Regeln
mehr. Nicht, was die betraf. Es waren keine zwei Wochen mehr, dann würde das
Camp für diese Saison schließen. Aber nicht einmal das galt mehr.
    Die Mauer sah in der Dämmerung aus wie der Rücken eines Dinosauriers.
Das Reserveschloss bestand aus nicht viel mehr als der Mauer, die an einer Ecke
etwas höher war, so dass sie einen guten Windschutz abgab. Ich sah das Feld und
den Waldrand auf der anderen Seite. Das Feld war wie ein See. Ich dachte an das
Kanu der Mohikaner. Die Erwachsenen könnten es inzwischen gefunden haben, aber
die Mohikaner schienen sich keine Sorgen zu machen. Sie waren Teil unserer
Truppe geworden. Vielleicht mochten sie nicht mehr allein sein. Und je mehr wir
waren, umso stärker waren wir.
    „Wie viele sind es?“, fragte der Bogenschütze plötzlich, als hätte er
meine Gedanken gelesen. „Die Erwachsenen im Camp?“
    Ich dachte nach. Die Alte und die Betreuerinnen. Und Christian. Und
die Köchin. „Zusammen sieben.“
    „Und wir sind ...“
    „Neun“, antwortete ich, „mit euch beiden und Kerstin.“
    „Gut. Was habt ihr für Waffen?“
    „Nur die, die wir jetzt vom Schloss mitgenommen haben.“
    „Hier sind keine versteckt?“
    „Noch nicht. Wir hatten schon mal dran gedacht.“
    „Da ist noch was“, sagte Lennart, der neben mir stand. „Weines Truppe
und Micke.“
    „Was ist mit denen?“, fragte der mit den Federn.
    „Das sind ja auch Feinde“, antwortete Lennart.
    „Meinst du, die würden an der Seite der Erwachsenen kämpfen?“, fragte
der Bogenschütze.
    „Wollen wir wirklich kämpfen?“, fragte Klops.
    „Hast du denn gar nichts kapiert?“, sagte Janne.
    „Wir können uns auf niemanden verlassen, nur auf uns“, sagte ich,
„wir, die wir hier stehen.“
    Aber alle standen nicht. Kerstin hatte sich in den Windschutz gesetzt
und schaute über das Feld, als erwarte sie, dass von dort jemand kommen sollte.
Aber wenn sie kämen, würden sie von hinten kommen, aus dem Wald.
    Eins wusste ich. Dies war kein Spiel, wenn es überhaupt je eins
gewesen war. Sie würden nicht die Polizei rufen. Erst würden sie

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