Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)
aus.
Fliegen umschwirrten den Toten in dem Sessel. Sein
kalkiges, leichenstarres Gesicht stand im krassen Gegensatz zu dem schwarzen
T-Shirt, das er trug. Seine mit einer schwarzen Jeans bekleideten Beine hingen
aus dem Sessel. Seine eisblauen leblosen Augen starrten an die Decke. Sein Kopf
war nach hinten über die Sessellehne gekippt, der Mund aufgeklappt. Fliegen
krabbelten über den angetrockneten Sabber, der von seinem Mundwinkel auf die
Sessellehne getropft war.
Rebecca lehnte sich mit offensichtlich weichen Knien
an den Türrahmen. »Ich glaub, ich muss kotzen. Wer ist das?«
»Der Auftragskiller namens Albuin Sciutto, dem ich im
Forum Romanum begegnet bin.« Bariellos Blick haftete an Rebeccas Gesicht.
»Vergiftet, so wie es aussieht. Vermutlich von seinem Auftraggeber, um ihn aus
dem Weg zu räumen. Sie sagten, die unbekannte Anruferin hätte behauptet,
Kardinal Gutenberg solle hier sein. Wahrscheinlich ist er geflohen.«
»Wie bitte?«
»Hier.« Bariello hielt einen kleinen goldglänzenden
Gegenstand hoch. »Der Kardinalsring lag im Nebenraum.« Er fischte sein Handy
aus seinem Jackett. »Ja, Carlo hier, Marisa. Ich hab hier etwas für euch.
Schick sofort ein paar Leute her.« Er drückte Rebecca das Handy in die Hand.
»Sie erklären Commissaria Capecci, wo wir sind, und gehen zurück zu Ihrem
Wagen. Hier sind Sie nicht sicher.«
Rebecca starrte ihm hinterher, als er das Zimmer
verlassen wollte. »Wo wollen Sie hin?«
»Wie ich schon sagte. Wohlmöglich ist Kardinal
Gutenberg demjenigen, der ihn in diesem Haus festgehalten hat, entkommen.«
»Woraus schließen Sie das?«
»Das Fenster des Nebenraums steht offen.«
»Hinter dem Haus steht ein Wagen des Vatikans,
Commissario, versteckt zwischen Büschen.«
»Wie bitte?« Bariello blieb stehen.
»Ein schwarzer Mercedes mit dem Kennzeichen SCV.«
21
Tatsächlich
war es Kardinal Gutenberg gelungen, aus dem Haus zu fliehen. Etwas, das er
nicht zu hoffen gewagt hatte.
Gehetzt blickte er hinter sich, während er lief und
lief. Das Haus, sein Gefängnis, war inzwischen weniger als ein Schatten in der
mondhellen Ferne hinter ihm. Doch die Angst saß ihm wie eine Spinne im Nacken.
Er blickte nach vorn.
Glühwürmchen. Das
war der Anblick von dieser Anhöhe aus Wiesen und Sträuchern, auf der er sich
befand, der Anblick der abendlichen Lichter Roms, der Häuser, der
Straßenlaternen, der Scheinwerfer der Autos, ein ganzer Ozean aus wogenden
hellen Lichtern, wovon jedes einzelne mindestens einem Menschen zuzuordnen war.
Doch keiner von ihnen ahnte, was hier geschah, keiner konnte ihn retten.
Erneut blickte er hinter sich.
Es war ihm gelungen, aus dem Haus zu fliehen, aber
sein Verfolger war nah, ganz nah. Er fühlte es, spürte dessen Nähe. Er
schwitzte. Sein Herz raste.
Hinter einem Strauch fand er Deckung, einen Moment
ausruhen, nur einen kurzen Augenblick. Der leichte Wind streichelte das mit
silbernem Mondlicht übergossene Gras ringsherum, ließ die vertrockneten Halme
wehen, als ob Gottes Hand darüber hinwegstrich.
Miserere me i , domine , betete Gutenberg in
Gedanken. Erbarme dich meiner, Herr. Hilf mir!
Das alles war wie ein entsetzlicher Albtraum.
Er hatte Major Born vertraut, war ihm gefolgt, als der
ihn im Forum Romanum angesprochen hatte, während dieser Commissario Bariello zu
dem Platz vor der Kirche Santi Luca e Martina gelaufen war.
Warum? Was hatte Major Born, einen der besten Männer der
Schweizergarde, dazu bewogen, ihn zu entführen? Wohl zum hundertsten Mal fragte
er sich das. Geld? Lösegeld? Natürlich. Was sonst? Und dennoch – ein
leiser Zweifel blieb. Was war der wahre Grund?
*
Gutenberg
ist nah, ganz nah! , dachte Major Joel
Born nur Minuten später. Er fühlte es, atmete das Odeur seiner Beute.
Die Zweige des Strauchs da vorn bewegten sich.
Der sitzt hinter dem Strauch.
Borns Schritte wurden schneller. Vielleicht würde es
einfacher werden als gedacht.Er begann zu rennen. Keine Chance. Noch
zu weit, um zu schießen. Du denkst, ich sehe dich nicht, Kardinal. Aber da
denkst du falsch. Dieses Mal nicht. Kein Zögern wie vorhin im Haus, als du vor
mir gestanden hast, mit diesem Blick. Dieses Mal drücke ich ab.
Vorsichtig,
die Pistole im Anschlag, einen Schritt von den anderen setzend, näherte er sich
dem Strauch.
Durch
die Verästelung sah er einen Schatten, sah, dass der Schatten sich bewegte, ein
Arm oder Bein von Gutenberg, und der Rest musste hinter den hohen Zweigen
verborgen sein.
Den
Atem anhaltend
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