Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)
steht. Peter
Lehmann.« Den Schuh beiseite legend, sich die Hände an seiner blauen Latzhose
abwischend wanderte sein Blick über Viscontis Gesicht. »Italiener, hä? Man hört's.«
»Ispettore Visconti von der Polizia di Stato Rom.«
Peter Lehmann baute sich hinter der Theke vor Visconti
auf. »Haben Sie mir die Fotos von dem Koffer übers Internet geschickt? Ich weiß
nicht mehr, wer den gekauft hat. Das habe ich doch schon am Telefon gesagt.«
»Sehen Sie sich ihn bitte noch einmal an.« Visconti
stellte den braunen Geldkoffer aus Sciuttos Haus auf die Theke. »Vielleicht
fällt Ihnen etwas ein.«
»Mutter!« Lehmanns Blick wanderte zu einer Tür rechts
von Visconti. »Mutter! Kundschaft! Sie kommt gleich. Möglich, dass sie etwas
weiß.«
Es dauerte Minuten, in denen nur das surrende Geräusch
der Schuhreparaturmaschine hinter der Theke zu hören war, an der Lehmann
arbeitete, Minuten, die Visconti seine Müdigkeit spüren ließen.
»Was kann ich für Sie tun?« Die grauhaarige zarte
Frau, die plötzlich neben Visconti stand, lächelte.
»Der Mann ist Italiener, Mama. Er will wissen, an wen
wir den Koffer verkauft haben. Lächerlich. Als wenn wir uns jeden Kunden merken
könnten.«
»Zeigen Sie mal.«
Visconti reichte ihr den Koffer.
Klack. Der
Koffer sprang auf, als die alte Frau das Schloss betätigte. »Von denen haben
wir nur zwei hergestellt. Einen habe ich an einen Touristen verkauft. Die sind
unsere häufigsten Kunden, wissen Sie? Sonst ging das mit dem Schuhladen hier
gar nicht. Aber den anderen habe ich an Jan verkauft, vor einem Jahr etwa.«
»Jan?«
»Jan Herzog.«
»Wo finde ich diesen Mann?«
»Gar nicht.«
»Was?«
»Er ist weggezogen, vor fast zwanzig Jahren.«
»Aber Sie sagten doch, er habe den Koffer gekauft.«
»Deshalb erinnere ich mich ja so gut. Plötzlich war er
wieder da, für ein paar Tage, soweit ich weiß. Wissen Sie, dieses schreckliche
Unglück damals …«
»Unglück?«
»Jans Schwester Marie.«
»Mama, das hat doch keine Bedeutung mehr.«
»Nein. Das interessiert mich.« Visconti nahm den
Koffer wieder an sich. »Erzählen Sie.«
»Marie wurde ermordet. Am Strand in der Nähe der
weißen Kapelle, die dort am Kiefernwald steht. Siebzehn Jahre alt ist das arme
Mädel nur geworden. Aber die haben den Mörder geschnappt. Mein Sohn hat recht.
Es hat keine Bedeutung mehr.«
»Und Maries Familie?«
»Die Mutter von Marie und Jan war schon lange krank.
Sie ist kurz nach dem Mord an Krebs gestorben, und der Vater hat das alles
nicht verkraftet und ist dem Alkohol verfallen. Ich glaub, es war im Dezember,
als Maries Bruder Jan seinen Vater gefunden hat, am Strand, an der Stelle, wo
Marie ermordet wurde. Er war erfroren. Das müssen Sie sich mal vorstellen. Jan
war damals erst sechzehn und musste innerhalb kürzester Zeit seine gesamte
Familie beerdigen. Das Jugendamt wollte ihn in ein Heim stecken. Da ist er
einfach abgehauen. Das Haus der Herzogs zerfällt seitdem. Schimmel überall,
eine Ruine.«
»Hören Sie, Inspektor.« Die bisherige Gleichgültigkeit
war aus Peter Lehmanns Gesicht gewichen. »Wenn Sie die alte Geschichte
aufwärmen wollen, wenden Sie sich an die örtliche Polizeistation.«
»Jetzt reiß dich mal zusammen, Peter. Der Mann hat
doch nur freundlich um Auskunft gebeten. Nehmen Sie es meinem Sohn nicht übel,
Inspektor. Er ist eben so. Deshalb ist ihm auch schon seine Frau
davongelaufen.«
»Sei still, Mutter. Das gehört nicht hierher. Was
haben wir eigentlich mit den Morden in Rom zu tun?« Peter Lehmann sah Visconti
nicht an, während er den Schuh in seiner Hand polierte. »Darum geht es doch, oder?
Es kam in den Nachrichten. Warum sonst treibt sich jemand wie Sie hier rum?«
Visconti ignorierte die Frage. »Etwas muss ich noch
wissen, Signora.« Er zog ein Foto aus seiner Jacketttasche. »Kennen Sie diesen,
Mann? Haben Sie ihn hier irgendwann schon einmal gesehen?«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Wer soll das sein?«
Visconti hielt das Foto Peter Lehmann hin. Der
schüttelte ebenfalls den Kopf.
Visconti steckte das Foto wieder ein. »Ein deutscher
Kardinal, Kardinal Gutenberg. Wär ja möglich …«
»Ist das einer von denen, die ermordet wurden?« Peter
Lehmann stellte den Schuh neben die Reparaturmaschine.
»Ein Kardinal also.« Die alte Frau lächelte. »Naja,
warum nicht. Der Papst war ja auch manchmal hier.«
Visconti stockte der Atem. »Wie bitte?«
»Ja, nicht so, wie Sie jetzt denken,
nicht seit er Papst ist natürlich,
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