Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)
aber früher. Er und Daniel Hoffmann, das ist
unser inzwischen verstorbener Abt von Kloster Falzberg, waren Studienkollegen,
wissen Sie? Und gute Freunde. Damals war der Papst noch ein deutscher Bischof
und hat Kloster Falzberg ab und zu besucht.«
*
»Erst
morgen?«, fauchte Visconti eine Viertelstunde später in der Polizeistation von
Heiligenbrück.
Der Duft von frischem Kaffee lag in der Luft, und auf einem
der drei Schreibtische hinter der Theke der Polizeistation warf ein Faxgerät
Blätter aus. Die Polizeistation am Rande des Dorfes zu finden, hatte bereits
Zeit gekostet, und jetzt auch noch diese … diese …
Die dunkelhaarige Polizistin hinter der Theke schenkte
ihm ein unechtes Lächeln. Die strähnige, zu einem Pferdeschwanz
zusammengefasste Langhaarfrisur machte sie nicht sympathischer. »Fast zwanzig
Jahre liegt der Fall Marie Herzog ad acta«, sagte sie. »Da wird es wohl auf
einen Tag nicht ankommen.«
Hast du eine Ahnung, dachte Visconti.
»Ihre Akteneinsicht in den Fall Herzog muss erst
genehmigt werden, Herr …«
»Ispettore Visconti. Verbinden Sie mich mit dem Chef
des für diesen Fall zuständigen Kommissariats, mit dem Sie gerade telefoniert
haben.«
»Der hat jetzt Mittagspause.«
»Merda!« Visconti riss der Geduldsfaden. »Ich brauche
die Information jetzt, jetzt sofort.«
»Eine Stunde. Vorher kann ich nichts tun.« Die
Polizistin ließ sich nicht beirren. »Sie können hier warten oder wiederkommen,
wie Sie wollen.« Sie blickte an ihm vorbei. »Und Sie sollten endlich auch
gehen, Magda. Wir benachrichtigen Sie, wenn wir Ihre Nichte gefunden haben.«
»Bitte tun Sie alles, was Sie können.« Die zarte Frau
von circa Mitte fünfzig, die neben Visconti vor der Theke stand, schien den
Tränen nah. »Lena muss etwas zugestoßen sein.«
Die Miene der Polizistin war abschätzig. »Wir kümmern
uns, Magda. Was soll das?«, fauchte sie, als Visconti plötzlich neben ihr
hinter der Theke stand und sich das Telefon griff. »Sie können doch nicht …«
Die Telefonnummer des Kommissariats, bei dem die
Polizistin angerufen hatte, war noch gespeichert. »Ja, Ispettore Visconti von
der Polizia di Stato Rom. Ich möchte den Leiter des Kommissariats sprechen.
Sofort.«
Was folgte, war eine langwierige Diskussion, nach
deren Ende das Faxgerät der Polizeistation von Heiligenbrück den Mordfall Marie
Herzog ausspuckte, und was Visconti als Erstes sah, war das Foto einer jungen
Frau mit zertrümmertem Schädel.
Er nahm alle Blätter aus dem Fax und setzte sich an
einen der drei leeren Schreibtische.
Die Polizistin ignorierte das geflissentlich.
Die Augen starr, das Gesicht blutverklebt, die Lippen
leicht geöffnet. Die Fotos von der toten jungen Frau, obwohl durch das Faxen
nur schwarzweiß, zeugten von der Brutalität des Mörders.
Marie Herzog, 17 Jahre alt, vor gut siebzehn Jahren an
einem abgelegenen Strandstück erschlagen, zwischen der Kapelle namens St. Anna
und dem Fuß des Hügels, auf dem Kloster Falzberg stand.
Visconti hielt den Atem an. An einer zarten Kette um
ihren Hals hing ein winziges goldenes Rosenkreuz.
Irgendjemand hatte den Unterlagen auch ein Foto von
Marie und ihrer Familie beigefügt; Vater, Mutter und Maries jüngerer Bruder Jan
Herzog, ein Foto aus glücklichen Zeiten.
Der Junge auf dem Foto lächelte.
Visconti starrte ihn an. Jans Mutter war an Krebs
gestorben, die Schwester ermordet worden und der Vater (deswegen zum
Alkoholiker geworden) im volltrunkenen Zustand bei eisiger Kälte draußen
erfroren.
Was für ein Schicksal!
Es dauerte keine Viertelstunde, bis er die gesamte
Akte gelesen hatte.
Dann fischte er sein Handy aus seiner Jacketttasche
und fotografierte die Bilder ab.
Danach schickte er sie an Commissaria Marisa Capeccis
Handy und wählte ihre Nummer. »Ja, Ispettore Fabio Visconti hier, Marisa. Ich
habe dir ein paar Fotos geschickt. Unser Fall scheint mit einem Mordfall hier
in Heiligenbrück in Verbindung zu stehen.«
»Warum hattest du dein Handy ausgeschaltet, Fabio? Der
Boss tobt. Er hat versucht, dich anzurufen.«
Genau deswegen hatte ich es ja ausgeschaltet, dachte Visconti.»Der bekommt noch einen
Herzinfarkt«, sagte er laut.
»Nimm das nicht so auf die leichte Schulter, Fabio.«
»Hör zu, Marisa. Vor siebzehn Jahren gab es hier in
Heiligenbrück einen Mord, und Jan Herzog, der Bruder der ermordeten jungen
Frau, hat den Geldkoffer gekauft, der im Haus des Killers Sciutto in Rom
gefunden wurde.«
Marisa atmete hörbar ein. »Also
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