Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)
Marisa an.
Sie sah einen Schweißtropfen an seiner Stirn
entlanglaufen. Sein rechtes Hosenbein war blutgetränkt.
»Commissaria Marisa Capecci, Major Joel Born. Aber ihr eigentlicher Name ist Jan Herzog. Ist es
nicht so?«
Einem Augenblick schien es dem Mann, der offensichtlich
Fieber hatte, die Sprache zu verschlagen.
»Ihre Pistole, Commissaria. Legen Sie sie auf den
Boden und ihr Handy ebenso, und schieben Sie beides zu mir.«
»Meine Kollegen im Vatikan wissen bereits Bescheid,
Major. Oder soll ich Herr Herzog sagen?«
»Tun Sie, was ich sage! Oder die junge Lady hier ist
tot.«
Marisa spürte das Rasen ihres Herzens, als sie ihre
Pistole aus ihrem Waffengurt zog und sie gemeinsam mit ihrem Handy auf den
Boden legte.
Zögerlich schubste sie beides zu Jan Herzog.
Jan Herzog stieß die Empfangsdame von sich, die sich
wimmernd in eine Ecke kauerte, und richtete seine Pistole auf Marisa, während
er Marisas Pistole und Handy aufhob.
Ein süffisantes Lächeln huschte über seine Lippen, als
er Marisas Pistole eingesteckt hatte und auf ihr Handydisplay blickte, bevor er
das Handy ebenfalls einsteckte. »Zwei Zahlen haben Sie gewählt, Commissaria.
Ein bisschen wenig, um Ihre Kollegen zu erreichen. Anzunehmen, dass die keinen
Schimmer haben.«
»Ich weiß, was Sie erleiden mussten, Jan, und ich
verstehe das. Aber mit dem, was Sie hier tun, ändern Sie nichts.«
Sein Lächeln verschwand. »Wovon reden Sie?«
»Von dem Tod Ihrer Schwester Marie.«
»Sie wissen gar nichts.«
»Sie sind kein eiskalter Killer.«
»Hören Sie auf mit den Psychospielchen.«
»Wenn Sie aufgeben und uns helfen …«
Seine Stimme war nur ein Zischen. »Warum sollte ich?
Mein halbes Leben habe ich darauf gewartet, dass es geschieht. Ihn nur zu
töten, wäre zu einfach gewesen. Er soll leiden, wie mein Vater und ich gelitten
haben.«
»Wer? Der Papst?«
Wieder schien Jan Herzog überrascht. »Das geht Sie
einen Scheißdreck an.«
»Hören Sie, Jan …« Marisa trat einen Schritt vor.
»Stehenbleiben, Commissaria«, zischte Jan Herzog.
»Gehen Sie rückwärts zur Wand und dann setzen Sie sich hin.«
»Was wollen Sie damit erreichen?«
»Ich werde ihm Zeit verschaffen, das zu tun, was ich
eigentlich tun wollte.«
Jetzt war Jan Herzog es, der auf Marisa zutrat, bis
sie den kalten Stahl seiner Pistole an ihrer Stirn spürte. »Er wird es zu Ende
bringen.«
Ja, komm her. Es war die einzige Chance, ihm die Waffe aus der Hand zu schlagen.
Marisa sah die Schweißtropfen auf seinen Wangen und
auf seiner Stirn glitzern, fühlte den Schweiß auf ihrer eigenen Haut.
Er ist unberechenbar. Er ist verwundet, die Seele mehr als der Körper.
Er will Vergeltung, selbst wenn er dabei draufgeht.
»Geben Sie auf, Jan.« Ihre rauchige Stimme klang
ruhig, obwohl ihr Herz raste. »Sie sind am Ende. Sie sind fertig. Sie haben
Fieber.«
Der nächste Augenblick geschah wie in Zeitlupe.
Von ihrem Blickrand sah Marisa eine jähe, kaum
wahrnehmbare Bewegung des hinter seinem Schreibtisch stehenden Psychiaters.
Dann folgten der Pistolenschuss und der stahlharte Schlag gegen ihre Stirn, der
sie rückwärts gegen ein Bücherregal schleuderte, bevor sie auf den hell
gefliesten Boden sackte.
33
Er
starrte die dunkle glatte Eichentür an, hinter welcher der Papst im
Apostolischen Palast im Vatikan in seinem Büro saß.
Wohl schon Tausende Male hatte er sie durchschritten.
Doch jetzt war es anders.
Jetzt würde er es zu Ende bringen.
Jan Herzog hat recht. Ich hasse dich ebenso wie er!
Er legte eine Hand auf die Türklinke. Sie war kühl.
Er atmete tief aus.
Du hast mich sterben lassen!, sagte die Stimme.
Da war sie wieder.Die glockenhelle Stimme war
eine Qual, verfolgte ihn, wohin er auch ging, was er auch tat.
Sonst hörte er nichts, spürte nichts, nicht in diesem
Augenblick, sah nicht einmal mehr die Tür, auf deren Klinke seine Hand ruhte.
Stattdessen war da das blubbernde Geräusch, der Anblick,
wie der Polizeitaucher die menschliche Leiche aus den Tiefen des Tibers in Rom
hinauf an die Oberfläche brachte.Aufgequollen, weiß, ein Auge
geschlossen, das andere offen, grüngelbe Algen um den starren Körper
geschlungen, sodass man nicht wusste, war dieser Mensch ertrunken oder hatten
die Algen ihn erstickt.
Zuerst hatte er es nicht bemerkt, aber dann hatte er
es gesehen. Das geschlossene Auge hatte sich geöffnet, hatte ihn angeblickt,
ebenso starr wie das andere.
Du hast mich sterben lassen!
Nein, nicht ich. Sie waren es!
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