Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)
Qualm.
Brandgeruch. Es brennt.«
Zarte graue Rauchschwaden krochen durch den Spalt
unter der Tür in den Raum.
Ihre entsetzten Blicke hingen ineinander. Feuer gleich
Tod. Sie waren eingesperrt. Es gab kein Entfliehen.
David nahm das Seil, mit dem er an das Rohr gefesselt
gewesen war, ballte die rechte Hand zur Faust und wickelte es darum.
»Was tust du?«
»Für frische Luft sorgen. Sonst sterben wir sofort an
einer Rauchvergiftung.«
Mit ein paar Schritten war er an dem vergitterten
Sprossenfenster und stieß seine Faust in die Scheibe. Pater Maximilians Lider
flatterten, als das Glas zersplitterte.
»Es wird stärker, David. Wir müssen
Pater Maximilian zum Fenster ziehen.« Der Rauch ließ Lena husten. Keine
Chance zu fliehen! Wir werden sterben!
*
»Hnnn-nein!«
»Sei still, Amelie.«
Pater Nathan zerrte sie mit sich durch den
Kiefernwald, der stellenweise an den Ostseestrand grenzte.
Die Sonne malte helle Flecken zwischen den Schatten
der Bäume auf den Boden.
Amelie sah den Blutfleck auf dem Ärmel seiner Kutte,
da, wo sie ihn gebissen hatte, riss sich los und rannte.
Er packte sie bei den Armen, als sie hinfiel, und zog
sie hoch.
Sie sagte nichts. Sie sah ihn nur an. Das Licht der
Sonne vereinigte die gelben und graublauen Pigmente in ihren Augen zu einem
satten Grün. Augen so klar wie ein Gebirgsbach, in denen ein Mann zu ertrinken
drohte.
»Sieh mich nicht so an, Amelie.« Seine Lippen bebten.
»Ab insidiis diaboli, libera nos, domine. Befreie uns von den Nachstellungen
des Teufels, Herr. Sieh mich nicht so an. Hörst du, Amelie? Sieh mich nicht so
an. Ich muss es tun. Ich muss!« Er schüttelte sie. »Hör auf damit! Hör auf,
mich so anzusehen!«
Einen Augenblick war er versucht, Amelie loszulassen,
sie einfach gehen zu lassen; ein Augenblick der Schwäche.
Du bist raus, Nathan! Meine Entscheidung steht. Du wirst das Kloster
verlassen – verlassen – verlassen –
Damit hatte nichts eine Bedeutung mehr.
»Hnnn-Josch.« Amelie drückte ihre Puppe fest an sich.
»Dein Josch hat dich verlassen.«
»Hnnn-Josch wiederkommen.« Amelies Stimme zitterte.
»Dass ich nicht lache.« Er zerrte sie wieder mit sich.
Wimmernd stolperte Amelie neben ihm her.
Seine Gedanken waren bei Gott. Du bist der
eingeborene Sohn, o Herr, und die Mächte der Unterwelt werden deine Kirche
nicht überwinden . Dafür sorge ich.
Das lauter werdende Rauschen der Wellen war wie Musik.
35
Vögel
zwitscherten in den Wipfeln der Kiefern, als Ispettore Visconti von dem
kilometerlangen Ostseestrand bei Heiligenbrück den Hügel hinauf zu Kloster
Falzberg ging.
Das Rauschen der Meeresbrandung folgte ihm, und eine
Brise kühlte sein erhitztes Gesicht.
Er steckte sein Handy in seine Jacketttasche.
Christian Antonelli hatte ihn aus Rom angerufen. Jan
Herzog lebte unter einer falschen Identität im Vatikan und hatte tatsächlich
mit den Kardinalsmorden zu tun.
Ein wahnsinniger Gedanke, dass es wahr sein könnte,
dass der Papst als damaliger deutscher Bischof Jans Schwester Marie Herzog … Nein.
Nein. Visconti schüttelte den Kopf. Er wagte es nicht einmal, den Gedanken
zu Ende zu denken. Ich muss mit diesem Mönch sprechen, der damals den
Klosterschüler belastet hat.
Am Ende des Fußweges war die Klostermauer aus grobem
Bruchstein zwischen den Kiefernstämmen bereits zu sehen.
Ein eigenartiger Geruch mischte sich unter den
leichten Wind.
Brandgeruch! Visconti stockte der Atem. Dann begann er zu rennen.
Dunkle Schwaden krochen über den Boden, als er sich
dem Kloster näherte.
Das breite Tor in der Klostermauer wurde aufgerissen.
Visconti blieb stehen.
Rechts von dem Tor sah er eine lange Reihe von
Fenstern in der Mauer, dann nur die nackte Mauer, dann wieder Fenster und am
Ende …
Entgeistert starrte er auf die Flammen, die meterhoch
aus dem Kloster schlagend nach einer der nahen Kiefer leckten.
Ein rundlicher Mönch in dunkler Kutte war aus dem Tor gestürzt.
»Pater Jerome! Es brennt!« Er rannte wieder zurück, um gleich darauf mit einem
hageren hochgewachsenen Mönch wieder aufzutauchen.
»Das ist der unbewohnte Klostertrakt, Pater Tobias!«,
schrie der hagere Mönch. »Ihr bringt die Kinder in Sicherheit und ruft die
Feuerwehr. Ich sehe nach, ob noch etwas zu retten ist.«
Pater Tobias starrte ihn an. »In dem unbewohnten Trakt
ist doch niemand, Pater Jerome.«
Pater Jerome hörte ihn nicht mehr, rannte an der Mauer
entlang Richtung Feuer.
Visconti folgte ihm.
Ein Funkenmeer stob ihnen
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