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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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einen Obstbaum wand, ein weiterer Baum in Form eines Tau, unter dem ein Mann stand. Auch fanden sich hier grobe Bilder, die offenbar Frauen in verschiedenen Stadien der Qual zeigten: Eine wurde gerädert; eine andere schrie im Feuer, und wieder eine andere wurde von Männern zerhackt. Für Cornelius sahen sie alle gleich aus – wie die Frau, die er sich unter der Burka vorgestellt hatte, und sie leiden zu sehen brachte ihm Frieden. Das erinnerte ihn an eine Situation, wenige Tage, bevor er seinen Zug verloren hatte. In der Wüste, abseits der Hauptstraße nach Kandahar, waren sie auf einen antiken Tempel gestoßen. Seine Wände waren mit ähnlichen Bildern verziert gewesen – Bildern von antiker Gewalt, ausgeübt von Menschen, die schon lange zu Staub zerfallen waren.
    Je tiefer sie in den Tunnel vordrangen, desto undeutlicher wurden die Bilder an der Wand, verblichen nach Jahrtausenden. Schließlich erreichten sie eine große Vorkammer. Cornelius richtete sich wieder auf und blinzelte im Licht einer kleinen Schmiede in der gegenüberliegenden Wand. Davor standen vier runde Schleifsteine auf hölzernen Gestellen, und hinter ihnen hing ein großer, runder Stein an der Wand. Er war ein wenig kleiner als ein ausgewachsener Mann, und er erinnerte an einen alten Mühlstein, aus dem in regelmäßigen Abständen vier Stangen ragten. In die Mitte des Steins war das Zeichen des Tau geritzt. Als Cornelius ihn sah, glaubte er kurz, dieser seltsame Stein sei das Sakrament, und wenn dem so war, was bedeutete er dann? Dann bemerkte er tiefe, gerade Kanäle, die über und unter dem Stein in den Fels gehauen waren, und die Wand dahinter war glatt.
    Das war eine Tür.
    Das wahre Sakrament musste dahinter liegen.
    *
    Weit unterhalb der dunklen Tunnel, im unteren Teil des Bergs, erstrahlte die Bibliothek in den Lichtern der zurückkehrenden Gelehrten. Eines dieser Lichter gehörte Athanasius. Die Wächter hatten fast eine Stunde gebraucht, bis sie den Vorfall als falschen Alarm klassifiziert und die Bibliothek wieder geöffnet hatten.
    Die Eingangshalle wirkte ungewöhnlich hell, als Athanasius sie betrat. So viele Mönche waren hier nur selten auf einem Haufen versammelt. Er sah Vater Thomas aus dem Kontrollraum kommen. Sein Freund schaute besorgt, aber professionell drein, während Vater Malachi neben ihm mit den Armen fuchtelte wie eine verschreckte Gans. Athanasius wandte sich rasch ab aus Angst, wenn sie einander in die Augen sähen, käme ihr Geheimnis ans Licht. Stattdessen drückte er sich die Akten in seiner Hand an die Brust und schaute entschlossen in die Dunkelheit jenseits des Torbogens, der in den Hauptteil der Bibliothek führte und zu dem verbotenen Wissen, das er dort versteckt hatte.

K APITEL 128
    Das Scharren des Benzinkanisters hallte durch den Hangar, als Kathryn ihn über den Boden und zu dem weißen Van schleppte, der mit offener Hecktür auf sie wartete. Sie schwitzte vor Anstrengung, und die Muskeln in ihren Armen und Beinen brannten, doch sie hieß den Schmerz willkommen. So wurde sie wenigstens von dem weit tiefer liegenden Schmerz abgelenkt, den sie empfand.
    Gabriel sprang aus dem Van, schnappte sich den Kanister und wuchtete ihn in den Laderaum, wo schon jede Menge andere Dinge warteten, die sie sich im Hangar zusammengesucht hatten: Zuckersäcke, zusammengerollte Decken, Kunststoffrohre und Plastikplanen – alles, was explosiv oder leicht entflammbar war und jede Menge Rauch verursachen würde. All das war ordentlich um einen Stapel angeordnet, auf dem KNO 3 zu lesen stand. Das war Kaliumnitrat, der Dünger, der eigentlich für den Sudan bestimmt gewesen war. Jetzt würde das Zeug einem völlig anderen Zweck dienen.
    Gabriel schob den Benzinkanister an seinen Platz am Rand des Haufens und blickte dann in das leidende Gesicht seiner Mutter. Sie sah genauso aus wie damals, als sein Vater getötet worden war: Trauer gemischt mit Wut und Angst.
    »Du musst das nicht tun«, sagte er.
    Sie blickte ihm in die Augen. »Du auch nicht.«
    Gabriel schaute sie an und erkannte, dass ihre Trauer nicht nur von dem herrührte, was geschehen war, sondern auch von dem, was noch geschehen konnte . Er sprang heraus. »Wir können sie nicht einfach aufgeben«, sagte er. »Wenn die Prophezeiung stimmt und sie wirklich das Kreuz ist, dann könnte das alles verändern. Aber wenn wir nichts tun, dann wird sich auch nichts ändern, und alles, was geschehen ist, war umsonst, und wir werden den Rest unseres Lebens ständig über

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