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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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anvisieren, wenn man beim Aufschlag so oder so tot ist? Aber wenn der Tod nicht das eigentliche Ziel war oder zumindest nicht so bedeutend wie ... Zeugen! »Er hat auf eine bestimmte Stelle gezielt, weil er in unserer Jurisdiktion landen wollte«, erklärte Arkadian.
    Reis legte zweifelnd die Stirn in Falten.
    »Die Zitadelle ist ein Staat im Staate«, fuhr Arkadian fort. »Alles jenseits des Grabens gehört ihnen, alles diesseits davon uns. Der Mann wollte sicherstellen, dass er auf unserer Seite landet. Er wollte, dass das so läuft. Er wollte eine öffentliche Untersuchung. Er wollte, dass alle die Narben auf seinem Leib sehen.«
    »Aber warum?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, antwortete Arkadian. »Aber was auch immer der Grund dafür sein mag, für ihn war er wichtig genug, um dafür zu sterben. Sein letzter Wunsch war, von diesem Ort wegzukommen.«
    »Und was wollen Sie sagen, wenn die Hohepriesterschaft anrückt und ihren Mönch zurückhaben will? Wollen Sie denen eine Vorlesung über Jurisdiktion halten?«
    Arkadian zuckte mit den Schultern. »Zumindest bis jetzt haben sie nicht zugegeben, dass der Mann einer von ihnen ist.«
    Er drehte sich wieder zu dem aufgeschnittenen und ausgenommenen Leichnam um. Deutlich waren die Narben an Hals, Beinen und Armen zu sehen. Vielleicht waren diese Narben ja eine Art Botschaft, und wer auch immer sich melden und den Toten für sich beanspruchen würde, wusste vielleicht, was sie zu bedeuten hatten.
    Reis holte einen Karton unter dem Tisch hervor, schaltete das Aufnahmegerät wieder ein und machte sich daran, den Mageninhalt des Mönchs in den Karton zu pressen. »Okay«, sagte er. »Die Eingeweide enthalten nur wenig. Also war die letzte Mahlzeit unseres Freundes nicht gerade ein Festmahl. Es sieht so aus, als hätte er als Letztes einen Apfel gegessen und einige Zeit davor auch etwas Brot. Ich werde den Mageninhalt entsprechend beschriften und zur weiteren Untersuchung ins Labor schicken. Dass der Mageninhalt kaum verdaut ist, deutet jedoch bereits jetzt darauf hin, dass die Verdauung des Mannes aufgrund von enormem Stress extrem beeinträchtigt war. Moment ...«, unterbrach Reis sich selbst und ließ sich die glitschige Membran durch die Finger gleiten. »Da ist noch etwas ...«
    Arkadian trat an den Tisch, und etwas Kleines, Dunkles fiel in die Mischung aus Apfelbrei und Magensaft. Es sah wie ein zusammengerollter Streifen zerkochten Rindfleischs aus. »Was ist das denn um Himmels willen?« Arkadian verzog das Gesicht.
    Reis nahm das Ding, ging damit zum Becken und spülte es ab.
    »Das scheint mir ein kleines Stück Leder zu sein«, erklärte er und legte das halb verdaute Etwas zum Trocknen auf ein Papiertuch. »Es war zusammengerollt, vielleicht um es besser schlucken zu können.« Mit einer Pinzette zog er es auseinander.
    »An seiner Soutane fehlte doch eine Gürtelschlaufe, nicht wahr?«, flüsterte Arkadian.
    Reis nickte. »Ich glaube, wir haben sie gerade gefunden.«
    Reis vermaß das Lederband, und Arkadian machte ein weiteres Foto für die Akte. Dann drehte Reis das Stück um, damit der Inspektor auch die andere Seite aufnehmen konnte, und plötzlich überkam beide ein Gefühl, als würde alle Luft aus dem Raum gesogen.
    Keiner von beiden rührte sich.
    Keiner sagte ein Wort.
    Dann hob Arkadian die Kamera.
    Das Klicken des Auslösers riss Reis aus seiner Trance.
    Er räusperte sich.
    »Offenbar«, sprach er ins Mikrofon, »ist etwas in das Leder geritzt worden.«
    Er schaute zu Arkadian, bevor er fortfuhr:
    »Zwölf Zahlen, scheinbar willkürlich zusammengestellt.«
    Arkadian starrte die Zahlen an. Sein Gehirn lief bereits auf Hochtouren. War das eine Kombination für ein Schloss? Eine Art Code? Vielleicht bezogen sie sich ja auch auf ein Kapitel und einen Vers aus der Bibel, der Licht in das Dunkel bringen oder womöglich sogar die Identität des Sakraments verraten würde. Er prüfte die Zahlen erneut. »Die sind nicht willkürlich«, sagte er und las die Sequenz von links nach rechts. »Ganz und gar nicht willkürlich.«
    Er blickte zu Reis.
    »Das ist eine Telefonnummer«, erklärte er.

T EIL II
    U ND ZUM W EIBE SPRACH ER :
I CH WILL DIR M ÜHSAL SCHAFFEN ,
WENN DU SCHWANGER WIRST ;
UNTER M ÜHEN SOLLST DU K INDER GEBÄREN .
U ND DEIN V ERLANGEN SOLL NACH
DEINEM M ANNE SEIN ,
ABER ER SOLL DEIN H ERR SEIN .
    Genesis 3:16

K APITEL 30
    Durch den hell erleuchteten Raum hallten urzeitliche Schreie voller Verzweiflung, die in der eleganten,

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