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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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und half ihm auf. Kutlar spürte, wie das geschwollene Fleisch seines Beins gegen den Verband drückte. Der Raum verschwamm vor seinen Augen. Er versuchte, einen Schritt zu gehen, doch seine Beine wollten ihm nicht gehorchen. Das Letzte, was er sah, bevor er das Bewusstsein verlor, war das Bild des glücklichen, sabbernden und vollkommen wurmfreien Hundes.

K APITEL 52
    Der Morgen graute, als Gabriel den Wagen am Rand des Steinbruchs zum Stehen brachte, den Motor abstellte und die Handbremse anzog. Der alte Steinbruch lag in den Bergen nördlich der Stadt, am Ende einer großen Straße, die einst mit Trahpahs großem Nord-Boulevard verbunden gewesen war. Früher waren hier mehr als hundert Ochsenkarren pro Tag entlanggerumpelt und hatten Steine in die Stadt gebracht.
    Die meisten Steine für die öffentliche Kapelle im Stadtzentrum von Trahpah waren hier gebrochen worden, wie auch die für große Teile der Nord- und Westmauer. Heutzutage war die Straße unter dicken, wild gewucherten Bäumen begraben und jahrhundertealtem Laub. Nur hier und da ragte noch ein zerbrochener Pflasterstein heraus und erinnerte daran, was hier einst gewesen war. Der Steinbruch lag zweieinhalb Kilometer von jeder befahrenen Straße entfernt und war auf keiner modernen Karte mehr verzeichnet. Er war unmöglich zu finden, noch nicht einmal bei Tageslicht; es sei denn, man wusste genau, wo er war.
    Gabriel ging zum Rand des Steinbruchs, atmete die feuchte Luft ein, die der Regen vergangene Nacht hinterlassen hatte, und schaute nach unten. Fünfundzwanzig Meter unter ihm befand sich ein Algenteppich auf einem Teich, dessen Tiefe man nicht abschätzen konnte. Ohne Zweifel war sie aber beachtlich. In Steinbrüchen sammelte sich stets das Wasser wie in riesigen Auffangbecken. Gabriel lauschte auf die Geräusche von Motoren, Hunden, Kettensägen oder sonst etwas, das auf andere Menschen in der Gegend hingedeutet hätte; doch alles, was er hörte, war das Platschen von ein paar Steinen, die sich von der Wand gelöst hatten und in den Teich fielen.
    Zufrieden, dass er alleine war, kehrte Gabriel wieder zum Wagen zurück und öffnete den Kofferraum. Die bleichen, leblosen Augen des toten Mannes starrten ihn an. Auf seiner Brust hatte sich ein pinkfarbener Kreis um ein kleines dunkles Loch gebildet. Gabriel nahm die Waffe des Toten: eine Glock 22, die Waffe der Wahl für Drogendealer, Gangmitglieder und die Hälfte aller Polizeistreitkräfte der westlichen Welt. Sie hatte fünfzehn Schuss im Magazin und noch Platz für einen weiteren in der Kammer.
    Gabriel griff über den Toten hinweg und zog zwei Leinentaschen aus dem Kofferraum. Er legte sie auf den Boden und öffnete die erste. Sie enthielt zwei große Flaschen Bleiche. Eine davon schüttete Gabriel über die Leiche, um so jegliche DNA-Spuren zu zerstören, die er möglicherweise hinterlassen hatte. Die zweite Flasche war für das Wageninnere bestimmt. Gabriel öffnete die Tür zum Fond.
    Im Fußraum, halb unter dem Fahrersitz, lag die Tasche, die Liv bei sich getragen hatte. Gabriel nahm sie heraus und warf sie auf den Boden, bevor er Bleiche auf alle Stellen verteilte, die sie berührt haben könnte. Dann drehte er den Schlüssel in der Zündung um, startete den Motor und betätigte die elektrischen Fensterheber. Drei Fenster glitten ganz herunter; eines war bereits rausgeschossen. Gabriel schüttete die restliche Bleiche über Lenkrad, Schaltknüppel und Fahrersitz; dann warf er die leere Flasche in den Kofferraum. Anschließend holte er seine schallgedämpfte SIG P228 aus dem Schulterholster und jagte eine 9-mm-Kugel durch den Boden des Kofferraums. Schließlich schloss er die Kofferraumklappe wieder und schoss auch auf sie.
    Gabriel suchte sich einen Ast, brach ihn in der Mitte durch und trug ihn zum Renault. Er drückte die Kupplung, legte den ersten Gang ein und setzte anschließend den halben Ast so vors Gaspedal, dass der Motor leicht zu drehen begann. Das andere Ende verklemmte er am Sitz. Anschließend stellte er sicher, dass das Lenkrad genau nach vorne gerichtet war, und zu guter Letzt löste er die Handbremse und trat beiseite.
    Die Vorderräder begannen, sich auf dem weichen Boden zu drehen. Einen Moment lang blieb der Wagen, wo er war, bis die Reifen Halt fanden und er nach vorne ruckte. Gabriel schaute zu, wie der Renault an Fahrt aufnahm und schließlich außer Sicht verschwand. Er hörte, wie er gegen die Felswand prallte; dann traf er mit lautem Platschen aufs Wasser, und der

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