Sanctus
sei vielleicht in ein Taxi gestiegen.«
Cornelius drückte auf Senden und wartete, bis die SMS verschickt war.
»Hören Sie zu«, sagte Suleiman, »wenn sie in Bewegung ist, könnte sie jetzt Gott weiß wo sein. Ich meine, Sie werden sie ohnehin wiederfinden, sobald sie das Handy einschaltet. Aber ich muss jetzt wirklich aufs Revier zurück. Ich habe ein großes Risiko auf mich genommen, um Ihnen einen Vorsprung zu verschaffen ... und wenn ich nicht zurückgehe und die Frau als vermisst melde, wird das verdammt hässlich werden.«
Cornelius wartete, bis die Nachricht gesendet Meldung erschien und blinzelte dann in den Verkehr. Hier war jeder zweite Wagen ein Taxi. »Sicher«, sagte er. »Spring rein, und wir setzen dich da ab.«
Suleiman zögerte kurz und stieg dann ein.
Kutlar rutschte so weit von ihm weg wie möglich. Der Gestank von Knoblauch und Schweiß, der von dem Polizisten ausging, ließ ihn würgen.
Kapitel 84
Es war kalt in New York, kälter als Rodriguez es in Erinnerung hatte, und er zog seine rote Windjacke an, kaum dass er das Flugzeug verlassen hatte. Er ging gerade durch die Ankunftshalle, als sein Handy vibrierte. Rodriguez schaute sich den neuen Namen und die Adresse an. Das war irgendwo in Newark, eine Privatadresse offenbar.
Rodriguez schaute sich nach einem Zeitungsstand oder einer Buchhandlung um. Das alte TWA-Zentrum war elegant und rund designt; es sah aus, als hätten Käfer es konstruiert und keine Bürokraten. Rodriguez entdeckte einen Barnes and Noble.
Inzwischen war es sechs Jahre her, seit er zum letzten Mal hier gewesen war. Damals hatte er geglaubt, sein Land und sein altes Leben für immer hinter sich zu lassen. Doch nun war er wieder hier, und sein Job war nicht viel anders als das, was er früher gemacht hatte. Rodriguez löschte die SMS und rief eine Nummer aus dem Gedächtnis an. Er hatte keine Ahnung, ob sie noch aktuell war; vielleicht war die Person ja auch schon tot oder saß im Gefängnis. Er lauschte dem Freizeichen, als er die Buchhandlung betrat und an Kochbüchern von Fernsehköchen und Taschenbüchern mit kurzen Titeln vorüberging.
»Hallo?«
Die Stimme klang wie das Rascheln von trockenem Papier. Rodriguez hörte einen lauten Fernseher im Hintergrund. Wütende Leute brüllten, und andere Leute schrien und applaudierten.
»Mrs. Barrow?« Rodriguez hatte das Regal mit den Stadtplänen erreicht.
»Wer ist da?« Der Tonfall war misstrauisch.
»Mein Name ist Guillermo«, antwortete Rodriguez mit dem Akzent von früher, der ihm nun irgendwie seltsam vorkam. »Guillermo Rodriguez. Früher kannte man mich als Gil. Ich bin ein alter Freund von JJ, Mrs. B. Ich war eine Zeitlang nicht in der Stadt, und ich würde ihn gerne wiedersehen ... wenn er denn in der Gegend ist.«
Es folgte eine kurze Pause voller Fernsehlärm. Das klang wie Springer oder Ricki Lake . Rodriguez hatte ganz vergessen, dass solche Shows überhaupt existierten.
»Lorettas Junge!«, sagte die Frau plötzlich. »Du hast doch drüben an der Tooley Street gewohnt.«
»Jep, Mrs. B., Lorettas Junge.«
»Ich habe sie eine ganze Weile nicht gesehen.«
Ein Bild erschien vor Rodriguez’ geistigem Auge. Haut, die sich über spröden Knochen spannte. Schläuche, die ihr Medizin an denselben Stellen in die Arme pumpten, wo früher das Heroin hereingekommen war.
»Sie ist gestorben, Mrs. Barrow«, sagte Rodriguez. »Das war vor gut sieben Jahren.«
»Ach ja? Das tut mir leid, Sohn. Sie war eine nette Lady.«
»Danke«, sagte er, wohl wissend, dass Mrs. B. das nicht ernst meinte.
Wieder waren nur die Stimmen aus dem Fernseher zu hören, und zwar so lange, dass Rodriguez sich schon fragte, ob Mrs. B. ihn vergessen hatte.
»Gib mir mal deine Nummer, Sohn«, sagte sie plötzlich. »Ich werde sie Jason geben. Wenn er dann mit dir reden will, wird er es tun.«
Rodriguez lächelte. »Danke, Mrs. Barrow«, sagte er. »Ich weiß das zu schätzen.«
Er gab ihr seine Nummer, und sie legte auf, während er ihr noch dankte. Rodriguez schnappte sich einen Stadtplan von Newark und ging zur Kasse. Als er das Wechselgeld einsteckte, klingelte das Telefon erneut. Er bedankte sich bei dem Kassierer und ging wieder in den Flughafen hinaus.
»Gil? Bist du das?«
»Ja, JJ, my man, ich bin’s.«
»Verdammt, Gilly Rodriguez.« Man konnte das Lächeln förmlich in der Stimme hören. »Ich hab gehört, du wärst bei den Betbrüdern.«
»Nix da, Mann. Ich war nur eine Zeitlang nicht in der Stadt ...«
Rodriguez
Weitere Kostenlose Bücher