Sandkasten-Groupie
was darauf schließen ließ, was sie gerade dachte. Er stand auf und ging zur Tür der Laube. Es hatte sich Kondenswasser an den Scheiben gesetzt.
Seine Worte fühlten sich ausgesprochen seltsam an. Doch seine Freundin überraschte ihn mit einer winzigen Frage: „Und? Hast du alles?“
„ Was?“
„ Du sagtest, dass das der Preis ist, den man zu zahlen hat, wenn du alles hast! Besitzt du alles ? Bist du glücklich?“ Mia hatte sich aufgerichtet und saß nun im Schneidersitz auf dem Sofa. Nic betrachtete sie einen Moment zu lang und wandte sich ab.
„ Nein. Ist das nicht lächerlich? Ich besitze Kohle wie verrückt, habe tolle Wohnungen und Autos. Im Moment überlege ich mir ein Ferienhaus im Süden mit den Jungs zu kaufen um Songs zu schreiben! Mia, ist das nicht Wahnsinn? Ich kaufe ein Haus, wo ich meine Songs schreiben kann! Viele Menschen besitzen niemals überhaupt ein Haus! Wie kann ich mich überhaupt beklagen, wenn ich es doch so einfach habe!“
Mia schüttelte den Kopf und erst jetzt fiel Nic auf, dass sie ihre Haare offen trug. Eine braune Haarlocke kräuselte sich entlang ihres schmalen Halses bis in ihren Ausschnitt. Nic spürte das sanfte Pochen ihrer Halsschlagader förmlich an seiner Fingerkuppe. Dieses Gefühl drängte ihn danach in ihr Haar zu fassen und sich mit all seiner Kraft das zu nehmen, was er schon seit einer kleinen Ewigkeit begehrte. Der gute Teil seines Herzens zog sich langsam von dieser Vorstellung zurück, während der andere dunkle, böse Teil in ihm verzweifelt danach schrie Mia sein eigen nennen zu können. Es war zum Verrückt werden. Überfordert wandte er sich von ihr ab. Er war keine 24 Stunden in ihrer näheren Umgebung und konnte sich kaum unter Kontrolle halten. Was sagte das nur über ihn aus? Wie verdorben war er nur? Wie selbstzerstörerisch war er nur? Wie konnte er nur ernsthaft in Erwägung ziehen, das Einzige, was ihm noch wirklich was bedeutete aufs Spiel zu setzen für paar wilde Nächte?!
„ Das ist absurd, Domenic! Du glaubst, dass es für Menschen, die mehr Geld als der Durchschnitt haben…“
„ Viel mehr Geld!“, warf er halbherzig ein und musste sich an das Thema ihres Monologes zurückerinnern. Ironischer weise ging es um seine verzwackte Seele, die Mia ständig zu retten versuchte. Sie gab ihn einfach nicht auf.
„ Gut, dass Menschen die wesentlich mehr Geld haben, es nicht gestattet ist, Sorgen, Probleme und Ängste zu haben? Du glaubst, es ist dir untersagt, dich miserabel zu fühlen?“
Nic dachte kurz darüber nach. So in etwa fühlte es sich an.
„ Das ist vollkommener Blödsinn. Weißt du, ich glaube das Geld oft mehr Probleme macht, als es löst. Gut, natürlich ist man von vielen Sorgen befreit. Man braucht keine Angst um seine Existenz zuhaben und daran sind viele Dinge geknüpft. Aber sieh‘ das doch mal von der anderen Seite. Was ist mit Neid, Habgier und der Wertschätzung von den kleinen Dingen, die einfach nicht käuflich zu erwerben sind? Das sind allein Dinge, die Geld verursacht. Du bist ständig unter Bewachung der Presse, der Öffentlichkeit. Du kannst keinen Schritt tun, ohne dass es am nächsten Tag in der Zeitung steht. Ganz davon abgesehen, dass viele Gerüchte und Geschichten deinen Ruf beschmieren und dich als Mensch völlig falsch darstellen. Du bist eine Marionette deiner Agenten geworden und musst Dinge erfüllen, die du für dich selbst nie gewollt hast. Du musst dich mit deiner Band abstimmen… du darfst nichts gefährden, was deine Kollegen auch angeht. Ich weiß, dass ich dieses Leben nicht führen könnte. Ich wäre immer fern von denen, die ich liebe und nie wirklich ich selber.“ Nic sah mit leeren Augen zu ihr hinunter und Mia spürte, dass sie den Nerv getroffen hatte. Doch vielmehr bestätigte seine wunderbare Freundin ihm genau das, was sie so weit entzweit hatte. Jetzt in einem Moment wie diesem, fühlte er sich ihr so nah und fern wie niemals zuvor. Er war rettungslos in diese junge Frau verliebt, die ihm seit seiner Kindheit die beste Begleiterin überhaupt gewesen war. Sie hatte ihn so oft zum Lachen gebracht, in so vielen wichtigen Augenblicken seines Lebens war sie stets bei ihm gewesen. Doch nicht nur die wichtigen Lebensinhalte hatte sie mit ihm geteilt, sondern sie hatte auch im Regen mit ihm am Bus gestanden. Es gab so vieles, was er dieser Freundin sagen wollte, wie sehr ihn diese eine Frau in seinen Bann gezogen hatte und dass es ihm so falsch erschien,
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