Sandra die Detektivin in Jeans
Bus.
Das Rentnerehepaar blickte Frau Faber streng entgegen. „Ja, ja, so geht es. Das war ja eigentlich vorauszusehen. Wenn Kinder ohne Vater aufwachsen und die Mutter ist ständig aus dem Haus, was kann aus denen schon anderes werden!“ lästerte die Frau, an ihren Mann gerichtet, und bedachte Frau Faber mit einem anklagenden Blick.
Vorbei war es mit Frau Fabers zuversichtlicher Stimmung. Sie fiel in ihre vorherige Depression zurück. Es geht schon los! dachte sie. Sie werden uns isolieren. Sie werden uns wie Asoziale behandeln. Eine kriminelle Familie, das sind wir jetzt für sie. Mein Gott, wie wird Sandra damit fertig werden?
Der Bus kam an.
Frau Faber trat zurück und wartete, bis die anderen Fahrgäste eingestiegen waren. Mit gesenktem Kopf betrat sie den Bus, löste ihren Fahrschein, entwertete ihn und drückte sich neben einen Mann auf den Vordersitz mit der Aufschrift „Nur für Schwerbeschädigte“, um nicht an den anderen Fahrgästen Vorbeigehen zu müssen.
Die schlechten Nachrichten häufen sich
Florian Seibold kehrte am Mittag aus der Stadt zurück. Leider ohne ein auch nur annähernd zufriedenstellendes Ergebnis, wie er seiner Haushälterin in der Küche anvertraute.
Marlene Faber war im Liegestuhl auf der Terrasse eingeschlafen. Und Herr Seibold hatte sich an ihr vorbei ins Haus geschlichen, um sie nicht aufzuwecken. Er war müde von den anstrengenden Wanderungen von Büro zu Büro und fühlte daher nicht die Kraft, sich den Fragen der verzweifelten Mutter zu stellen.
„Es ist wie verhext“, klagte er Frau Ansbach. „Die jungen Kriminalbeamten sind derart verschlossen, daß absolut nichts aus ihnen herauszuholen war. Sie halten sich streng an die Vorschriften. Sagte mir einer doch tatsächlich, daß sie mit Außenstehenden nicht über die Ermittlungen in einem schwebenden Verfahren sprechen dürften.“ Herrn Seibold ärgerte, daß er als „Außenstehender“ bezeichnet worden war, daß er nicht mehr dazu gehörte, daß er wie ein naseweiser, neugieriger Herr Jedermann abgefertigt wurde.
„Mein Freund Hermann Kresser ist mit seiner Mannschaft draußen in Hochheim beschäftigt. Heute nacht wurde dort ein Raubüberfall auf eine Nachtbar verübt, wobei der Besitzer und eine Barfrau schwer verletzt wurde“, fuhr er grollend fort. „Ich habe nichts erreicht. Kein Mensch war zu sprechen. Und mein Herr Sohn treibt sich eines Kredit-Hais wegen auf dem Gericht herum. Mir hätte man früher mit solchem Auftrag nicht kommen dürfen. Die Not armer Leute auszunutzen, die in Schwierigkeiten geraten sind, und sich dann auch noch als Menschenfreund hinzustellen, das habe ich gern! — Was gibt‚s denn zu Mittag?“
Florian Seibold hob den Deckel vom Schmortopf, wedelte den aufsteigenden Kochdunst beiseite und begutachtete den Inhalt. „Hm, Szegediner Gulasch!“
„Die Kripo war heute morgen bei meiner Tochter. Sie haben nach der Pistole gefahndet, mit der auf Eva geschossen wurde“, berichtete Frau Ansbach, nahm Herrn Seibold den Deckel ab und deckte den Topf wieder zu.
„Ja, ich weiß. Die Petry hat mir‚s erzählt. Ich war auf dem Rückweg noch einmal in der Kanzlei, um zu sehen, ob ich meinen Sohn schließlich doch noch erwischen könnte. Aber er fährt vermutlich direkt vom Gericht zum Essen nach Hause.“ Herr Seibold schüttelte den Kopf. „Das hat‚s bei mir auch nicht gegeben. Mir genügte ein Kaffeehausbesuch am Mittag, um sofort Weiterarbeiten zu können.“
„Leider!“ betonte Frau Ansbach. „Das übermäßige Kuchenessen hat Ihnen schließlich auch das Übergewicht und den Diabetes eingebracht.“
Herr Seibold pfiff Susi und verließ die Küche, um sich vor dem Essen die Hände zu waschen und ein frisches Oberhemd anzuziehen.
„Herr Seibold, was wird denn nun?“ rief Frau Ansbach ihm nach.
Doch Herr Seibold gab sich beleidigt wegen der Vorwürfe seiner Haushälterin und schmollte. Außerdem wußte er nicht, was er antworten sollte. Er mußte zunächst das Gespräch mit seinem alten Freund, Kriminalhauptkommissar Kresser, ab-warten, den er am Nachmittag telefonisch zu erreichen hoffte.
Mitten in Florian Seibolds Verdauungsschlaf schrillte das Telefon.
Sandra, die inzwischen nachgekommen war, nahm den Hörer ab. Ein Kriminalhauptkommissar Kresser verlangte lautstark und ungehalten den Hausherrn zu sprechen.
Sandra weckte ihn.
Er schlüpfte barfuß in seine offenen Lederpantoffeln und schlurfte in sein Arbeitszimmer, wo sich ein Zweitanschluß des Telefons befand,
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