Sandra die Detektivin in Jeans
Schatten der Brücke in den grasbewachsenen Abhang der Böschung, und studierte erneut den Stadtplan, um herauszufinden, ob es noch eine andere Südbrücke gab.
Plötzlich raschelte es im Gebüsch der gegenüberliegenden Straßenseite.
Gesine sprang erschrocken auf. Dies war eine sehr einsame Gegend, die ein Mädchen besser nicht allein aufsuchte, ging es ihr durch den Kopf.
Doch dann sah sie Hortenses dunklen Wuschelkopf, und sie bückte sich nach ihrer Badetasche, die sie mitgenommen hatte, weil sie ihren Großeltern sagte, sie gehe ins Schwimmbad, und lief Hortense entgegen.
Hortense schien freundlich gestimmt zu sein. „Wir haben dich durchs Fernglas beobachtet, um sicherzugehen, daß du uns die Bullen nicht auf den Hals hetzt. Aber du scheinst in Ordnung zu sein“, sagte sie und begrüßte Gesine mit einem freundschaftlichen Klaps auf den Rücken.
Sie schritten über einen schmalen, gewundenen Pfad auf die weiter zurück liegenden Schrebergärten zu.
Brombeerzweige kratzten Gesines Arme auf, denen Hortense, die vorausging, geschickt auswich. Hortense schien sich gut hier auszukennen. Sie überschritt sicher jede vom wuchernden Gras verdeckte Bodenerhöhung, über die Gesine stolperte, und jedes versteckte Loch, in das Gesine immer wieder unverhofft hineintappte.
Ihr Ziel war eine morsche Holzhütte von verwitterter blauer Farbe, die inmitten zertrampelter Beete und wildwachsender Aprikosen- und Pfirsichbäume stand. Der Fensterladen hing schräg und lose am oberen Scharnier. Die Tür schleifte beim Öffnen über den Lehmboden.
Der Innenraum war etwa gerade so groß wie eine Küche, die nur zum Kochen und Wirtschaften, nicht aber um gemütlich darin zu essen und zu wohnen eingerichtet ist. Eine alte zerschlissene Matratze lag unter dem Fenster. Auf der rechten Seite stand eine Bank.
Mit Fedor, Roland und Klaudia befanden sich zwei weitere Jugendliche in der Hütte: Ruth und Berthold, dreizehn und zwölf Jahre alt. Sie beantworteten Gesines Gruß mit stummem Kopfnicken.
Hortense schob Gesine in die Mitte des Raumes, während sie selbst sich zwischen Fedor und Klaudia auf die Bank setzte. Die anderen hockten mit angezogenen Beinen auf der Matratze. Niemand sprach.
Gesine rieb verlegen ihren zerkratzten Unterarm.
Fedor reinigte mit der Spitze seines Klappmessers seine Fingernägel.
„Was hast du in der Tasche?“ fragte er plötzlich und ohne den Blick von seiner Tätigkeit zu nehmen.
„Meine Badesachen. Wegen meiner Oma. Sie will immer wissen, wohin ich gehe.“
Fedor blickte beifällig. „Du hast also dichtgehalten? Zu niemand einen Heuler?“
„Bestimmt nicht.“
„Über unseren Versammlungsort hältst du auch die Klappe?“ Gesine nickte.
„Mach‚s Maul auf!“ schrie Fedor sie an.
„Ich sag nichts, Ehrenwort!“ beeilte Gesine sich zu versichern.
„Sollten wir sie nicht doch besser mal in die Mache nehmen, damit sie weiß, wie ernst wir‚s meinen?“ fragte Hortense.
Hortense nützte jede Gelegenheit zur Folter. Es machte ihr Freude, andere zu quälen. Lange Zeit hatte sie selbst sich unterdrückt und mißachtet gefühlt; von den Lehrern in der Schule, von ihrem Stiefvater zu Hause, von ihrer Mutter, die den Stiefgeschwistern die Liebe schenkte, die sie ihr, wie Hortense meinte, vorenthielt.
Als das erste Kind geboren wurde, begann Hortense, obwohl bereits zehn, ins Bett zu nässen. Nach der Geburt des zweiten Babys fing Hortense an, die Schule zu schwänzen und sich auf der Straße herumzutreiben.
Dabei begegnete ihr Fedor. Er war gerade von seiner Ausbildungsfirma entlassen worden, weil die ihm anvertraute Portokasse mehrmals einen Fehlbetrag aufwies und auch sonst manches im Radiogeschäft spurlos verschwand. Da Fedor weit mehr Taschengeld ausgab, als er von seinen Eltern erhielt, vermutete sein Lehrherr in ihm den Dieb, der er auch war, obwohl er es bestritt.
Hortense und Fedor wurden Freunde.
Fedor lehrte Hortense in Kaufhäusern stehlen. Dabei beobachteten sie nicht selten andere Kinder, die der Versuchung erlagen, Sachen, die ihnen gefielen, in ihre Taschen zu stecken. Sie folgten diesen Kindern, nahmen ihnen die gestohlenen Waren ab und zwangen sie, sich Fedors und Hortenses Schweigen zu erkaufen.
So wurde die Fedorbande geboren. Ihr schlossen sich nach und nach weitere Mitglieder an.
Fedor übernahm den geschäftlichen Teil. Er war zuständig für den Absatz der Ware. Dabei geriet er an Anton, einen gewissenlosen Berufsverbrecher, der nun seinerseits die
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