Sandra die Detektivin in Jeans
Fünfmarkstück auf den ausgebreiteten Schein. Ich sagte noch zu Gesine, daß Ihnen das Geld gehört. Sie kann es bezeugen. Gesine hat es von dem Jungen an der Tür in Empfang genommen. Dann bin ich auf die Veranda gegangen...“
„Und Gesine?“
„Sie kam mit hinaus. — Nein, erst ging sie noch ins Bad, kam aber gleich darauf nach. Das war, als Sie mit Ihrer Tochter aus dem Garten kamen. Sie meinen doch nicht etwa, daß Gesine...?“
„Ich meine gar nichts“, erwiderte Frau Ansbach. „Aber das Geld ist nicht da. Und irgendwo muß es ja geblieben sein.“
„Tja...!“ Florian Seibold hob die Hände.
„War vielleicht sonst noch jemand hier?“ erkundigte sich Frau Ansbach.
Florian Seibold schüttelte den Kopf. „Nicht, daß ich wüßte.“
Frau Ansbach versuchte die letzten Minuten ihrer Besucher nachzuvollziehen: „Also, wir kamen mit den Blumen aus dem Garten. Dann rannten Sandra und Joschi auf die Veranda, und meine Tochter schickte sie zum Händewaschen ins Haus…“
Frau Ansbach brach ab.
Florian Seibold sah ihre entsetzte Miene und ahnte, was sie befürchtete.
Er bückte sich verlegen und streichelte Susis Fell, um Frau Ansbach nicht in die Augen sehen zu müssen. „Vielleicht...“ Er lachte gezwungen. „Vielleicht irre ich mich tatsächlich. Vielleicht habe ich das Geld doch verschlampt.“ Er richtete sich auf. „So wird‚s wohl sein. Selbstverständlich ersetze ich Ihnen das Geld.“
„Herr Seibold“, sagte Frau Ansbach energisch. „Hier geht es um Wichtigeres als um fünfundzwanzig Mark. Die kann ich verschmerzen. Wenn Sie die Himbeeren ausgerottet hätten, hätte ich keine verkaufen können. Hier geht es darum, festzustellen, wer das Geld gestohlen hat.“
„Aber ich sage Ihnen doch...!“
„Hören Sie bitte auf mit Ihrer Selbstbeschuldigung!“ Frau Ansbach gehörte nicht zu der Art von Großeltern, die einen Fehltritt ihrer Enkel vertuschen, um sich selbst oder dem Kind Unannehmlichkeiten zu ersparen. „Falls Sandra das Geld genommen hat, möchte ich wissen, welchen Grund sie dafür hatte. Es wäre unverantwortlich von mir, sie nicht zur Rede zu stellen. Denn wenn sie heute damit durchkommt, wird sie das Stehlen vielleicht zur Gewohnheit werden lassen.“
„Glauben Sie denn wirklich, daß Sandra es war?“
„Nein. Ich vertraue Sandra. Trotzdem muß ich mich vergewissern. Sandra hat mich bisher nie angelogen. Ich habe sie jedenfalls noch nie dabei ertappt. Sie wird mir die Wahrheit sagen. Sollte aber Joschi das Geld genommen haben, dann ist das genauso schlimm. Er hat großen Einfluß auf Sandra. Ich fahre morgen abend in die Stadt. Meine Tochter hat Dienst. Dann kann ich Sandra allein sprechen. Ich möchte meine Tochter nicht aufregen. Sie hat es schon schwer genug.“
„Nun regen Sie sich mal nicht selber auf“, bat Florian Seibold. „Es klärt sich bestimmt alles auf.“
Peinliche Unterredungen
Natürlich machte Frau Ansbach sich weiterhin Sorgen. Sie schlief fast nicht in dieser Nacht und konnte am nächsten Tag den Abend kaum erwarten — obwohl sie sich vor der Begegnung mit Sandra fürchtete. Vor dem, was Sandra ihr eingestehen würde. Sie schalt sich selbst für ihr Mißtrauen. Dann wieder plagten sie Zweifel.
Mit völlig zerrütteten Nerven fuhr Frau Ansbach mit dem Neunzehn-Uhr-Bus in die Stadt.
Sandra öffnete auf ihr Klingeln die Tür.
Sie erschrak, als sie ihre Großmutter zu so ungewohnter Stunde sah. „Oma! Was machst du denn hier? Ist etwas passiert?“
„Nein, nein, bei uns ist alles in Ordnung. Ich muß etwas mit dir besprechen“, sagte Frau Ansbach und ging Sandra voraus ins Wohnzimmer.
Dort stellte sie zunächst den Fernsehapparat ab. „Wo ist Rainer?“
„Bei Eva, denke ich. Was mußt du mit mir besprechen, Oma?“
„Sofort! Holst du mir bitte ein Glas Sprudel?“ bat Frau Ansbach, um Zeit zu gewinnen. „Es ist ja unerträglich schwül in der Stadt. Wie ihr das bloß aushaltet.“
Sandra brachte ihrer Großmutter das Mineralwasser und baute sich erwartungsvoll vor ihr auf.
Frau Ansbach klopfte neben sich auf das Couchpolster. „Setz dich zu mir, Sandra.“
Sandra ließ sich schwungvoll auf den Sitz plumpsen. „Was gibt‚s denn, Oma? Mach‚s nicht so spannend. Ich platze ja vor Neugierde.“
Frau Ansbach blickte ihre Enkelin an. Sie sah in ihr hübsches, offenes Gesicht, in ihre hellen, vor Spannung funkelnden Augen.
Nein, da war nichts Duckmäuserisches, kein verlegenes Flattern der Augenlider, kein Ausweichen der
Weitere Kostenlose Bücher