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Sandra und das Haus in den Hügeln

Sandra und das Haus in den Hügeln

Titel: Sandra und das Haus in den Hügeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot Kreuter
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dann werden wir einen deinen Anlagen gemäßen Namen für dich aussuchen.“
    Sandra studierte das Formular und stellte fest, daß es sich um einen Fragebogen handelte.
    Sie las: Name, Geburtsdatum, Wohnort, Beruf, Einkommen. Namen der Eltern und Geschwister. Beruf der Eltern und Geschwister und deren Einkommen. Selbst ihre und ihrer Familie Krankheiten, Drogenerfahrungen, Schulden, Parteizugehörigkeit wollte der Fragebogen wissen. Ihre ganzen persönlichen und familiären Verhältnisse, Medizinisches, Gesetzliches, Strafrechtliches, persönliche Besitztümer, zu erwartende Erbschaften, nichts sollte der Familie verborgen bleiben.
    „Was überlegst du? Beantworte die Fragen, mein Kind. Das kann dir doch nicht schwerfallen!“ mahnte der Hausvater, der Sandra beobachtete. Seine Stimme klang drängend, fast drohend.
    Doch Sandra ließ sich nicht einschüchtern.
    Frau Klabusch hatte ihnen erzählt, daß Jugendliche, die sich um Aufnahme in eine Sektenkolonie bemühen, zum Ausfüllen eines Fragebogens gezwungen werden, der sie den Sektierern ausliefert. Denn der Fragebogen kann einem Arbeitgeber, der Schulbehörde, jedermann zugespielt werden, wenn man aus der Sekte aussteigen möchte.
    Der Fragebogen ist oft der erste Schritt zur Entpersönlichung, hatte Frau Klabusch gesagt. Die nächsten Schritte sind: das Missionieren, das Fishing und das Schämen.
    Missionieren heißt Literaturverkauf und Betteln auf der Straße für die Familie. Fishing bedeutet Jugendliche für die Sekte anwerben. Schämen muß sich der, der nicht erfolgreich genug ist und das tägliche Soll nicht erfüllt.
    Die Sendboten scheinen genau nach dieser Methode zu arbeiten, stellte Sandra fest. Und sie dachte: Ich müßte ja geistesgestört sein, wenn ich diesen Sektierern unsere ganzen Familienverhältnisse auf die Nase binden würde.
    „Mein Kind“, sagte der Hausvater mit hörbarem Arger in der Stimme. „Ich verstehe nicht, weshalb du zögerst. Du hast dich freiwillig bei uns gemeldet und um Aufnahme in unsere Familie ersucht. Wir sind bereit, dich zu erretten. Wir können dir aber nur dann helfen, wenn wir wissen, woher du kommst, wer du bist, und worin deine Schwierigkeiten begründet liegen. Also!“ Er trommelte auf den Schreibtisch.
    Sandra hob den Kopf und blickte ihn furchtlos an. „Ich bin nicht ganz freiwillig hier, Hausvater. Ich wollte nur mit Rocho sprechen. Ich habe ihn deshalb auf dem Parkplatz angehalten...“
    „Und bist in unser Auto eingestiegen und hast Rocho gezwungen, dich mitzunehmen. So groß ist deine seelische Not, ich weiß, mein Kind“, unterbrach sie der Hausvater.
    Es scheint sinnlos zu sein. Sie verdrehen die Tatsachen und legen alles, was ich sage, so aus, wie es in ihre Interessen paßt. Frau Klabusch hatte recht: Wer einer dieser Sekten in die Hände fällt, findet kaum wieder nach Hause zurück, stellte Sandra fest.
    „Bitte, fülle nun den Fragebogen aus! Selbst wenn du etwas zu verbergen hast, braucht dich das nicht zu bekümmern. Wir haben Verständnis für die Schwächen unserer Mitmenschen. Niemand wird je von uns erfahren, was in deinem früheren Leben geschehen ist. Sei also unbesorgt, und beantworte nun die Fragen auf dem Formular“, sagte der Hausvater in Sandras Gedanken hinein.
    Sandra widersprach. „Ich habe nichts angestellt. Ich wollte nur... Ich möchte...“ Sandra wußte nicht, was sie zu ihrer Entschuldigung noch vorbringen konnte.
    Der Hausvater blickte sie lauernd an. „Weshalb bist du hier? Was erwartest du bei uns zu finden?“
    „Ich... Die Lösung meiner Probleme“, stotterte Sandra.
    „Was sind das für Probleme?“
    Sandra schwieg.
    „Wer schickt dich?“ fragte der Hausvater drohend.
    Auch er fängt an, mir zu mißtrauen! stellte Sandra erschrocken fest. Und sie dachte: Ich habe mich blöd benommen! So, wie ich mich hier aufführe, finde ich nie etwas über diese Sekte heraus. Ich gerate nur immer tiefer in Schwierigkeiten.
    Sie beschloß, ihre Taktik zu ändern.
    „Bitte, hab Geduld mit mir, Hausvater“, sagte sie zerknirscht. „Niemand schickt mich. Ich bin hier, weil ich echte Probleme habe. Aber es ist mir noch nicht möglich, sie preiszugeben. Ich fühle mich noch fremd bei euch. Ich weiß noch gar nichts über das Leben in eurer Familie. Eigentlich wollte ich eure Glaubensgemeinschaft nur erst einmal kennenlernen. Ich bin noch gar nicht sicher, ob ich hierbleiben kann. Meine Mutter weiß nicht, wo ich bin. Sie sorgt sich sicher, wenn ich nicht nach Hause

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