Sandra und die Stimme der Fremden
enttäuscht und empört. „Ja, zum Kuckuck noch mal! Ich werde zusammengeschlagen, kriege fast das Licht ausgeblasen, und er kommt nicht?“
Frau Ansbach drückte ihn ins Kopfkissen zurück. „Nun beruhigen Sie sich. Kresser schickt jemanden her.“
„Aha, er schickt jemanden her! Und weshalb kommt er nicht selbst?“ tobte Herr Seibold.
„Sie kriegen noch einen Schlaganfall, wenn Sie sich weiter so aufregen. Herr Kresser kann nicht kommen, weil er selbst krank ist. Er hat die Grippe und liegt im Bett. Die Herren können jeden Moment hier sein“, sagte Frau Ansbach.
„Geben Sie mir meinen Bademantel“, verlangte Herr Seibold.
„Wozu?“
„Weil ich mich duschen und rasieren möchte. Und legen Sie mir meine Kleider zurecht. Oder soll ich die Beamten im Bett empfangen?“
„Jawohl! Ihre Sachen kriegen Sie nicht. Sie legen sich wieder hin, wenn Sie fertig sind“, bestimmte Frau Ansbach.
Florian Seibold knurrte Verwünschungen.
Doch Frau Ansbach kümmerte sich nicht darum, bold schickte sich an aufzustehen.
Der eine der beiden Kriminalbeamten, die auf Anweisung ihres Vorgesetzten, Hauptkommissar Kresser, Herrn Seibolds Bericht protokollieren sollten, erwies sich als ein Bekannter des früheren Anwalts.
„Kommen Sie rein, Ruhwedel!“ polterte Florian Seibold und hielt dem Oberinspektor seine Hand entgegen, während Susi die Beamten mißtrauisch schnuppernd umkreiste.
„Kresser hat also eine Grippe erwischt? Na, Sie sind mir ehrlich gestanden auch lieber. Mein Freund Kresser hat etwas gegen Exanwälte, die auf eigene Faust Ermittlungen anstellen. Sie dagegen sind eher für eine Zusammenarbeit zwischen Kripo und Zivilisten.“
Oberinspektor Ruhwedel lachte. „Es freut mich, daß es Ihnen besser zu gehen scheint. Das ist Herr Lorenz“, stellte er seinen Begleiter, einen jungen, schmalen Beamten, vor.
„Setzen Sie sich, meine Herren“, bat Florian Seibold und kam sofort zur Sache.
„Vorab: Ich habe den Täter nicht erkannt. Ich habe ihn nicht einmal auf mich zuspringen hören und kann Ihnen deshalb keine Angaben über ihn machen. Wichtig erscheint mir nun die Klärung der Frage, weshalb ich niedergeschlagen wurde...“
„Das ist doch nicht erstaunlich, wenn Sie so unvorsichtig sind, allein im Dunkeln und in Hafennähe spazierenzugehen“, mischte sich Lorenz ein.
Florian Seibold bedachte den naseweisen Jüngling mit einem strafenden Blick. „Ich schlage vor, wir reden nacheinander. Sie lassen mich sagen, was ich zu sagen habe, und dann höre ich Ihnen zu“, sagte er kühl.
Der junge Kriminalbeamte errötete und blickte fragend seinen Vorgesetzten an.
Ruhwedels Miene blieb ausdruckslos.
„Meine Nachbarin, eine fast achtzigjährige Witwe, erhält seit einigen Wochen Warensendungen, die sie nicht bestellt, und von denen sie nicht weiß, wer sie orderte“, fuhr Herr Seibold fort. „Auf ihre Bitte hin habe ich es übernommen, nachzuforschen, wer dahintersteckt.“
„Weshalb hat die Frau die Polizei nicht eingeschaltet?“ unterbrach Lorenz den Exanwalt erneut.
„Das lassen Sie sich von ihr selbst erklären“, erwiderte Herr Seibold grob, während Ruhwedel den jungen Mitarbeiter mit einem unwilligen Kopfschütteln zurechtwies.
„Ich vermute, daß meine Schnüffelei dem Täter nicht paßt, und daß er mich deshalb auszuschalten versuchte“, sagte Herr Seibold. „Er scheint meine Lebensgewohnheiten erforscht zu haben. Ich bin überzeugt, daß ihm auch der Anschlag auf meinen Hund, der mich immer auf meinen Spaziergängen begleitet, zuzuschreiben ist.“
„Haben Sie einen Verdacht?“ fragte Ruhwedel.
Florian Seibold berichtete ihm von seinen Ermittlungen bei den Lieferfirmen und von seinem Besuch bei dem Neffen der Katzen-Marie.
„Über die Hundezüchterin befragen Sie besser Sandra Faber“, sagte Herr Seibold abschließend.
Die Unterhaltung hatte ihn erschöpft. Er legte sich zurück und schloß sekundenlang die Augen.
„Sandra...?“ Ruhwedel hob erstaunt die Augenbrauen. „Welches Interesse hat sie an der Sache?“
„Sie ist mit Frau Arnold befreundet“, erwiderte Herr Seibold.
„Wer ist Sandra Faber?“ erkundigte sich der junge Lorenz, der neu im Polizeipräsidium war.
Ruhwedel schmunzelte. „Eine Detektivin. Sie werden sie noch kennenlernen.“
„Eine Detektivin...? Also, Chef, ich habe etwas gegen diese emanzipierten Bienen.“
Florian Seibold bedachte den jungen Kriminalisten mit einem langen Blick und sagte: „Ich auch, mein Freund. Aber Sandra ist
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