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Sands, Lynsay - HG 128 - Doppelspiel aus Liebe

Sands, Lynsay - HG 128 - Doppelspiel aus Liebe

Titel: Sands, Lynsay - HG 128 - Doppelspiel aus Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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Jungen schon eine ganze Weile nicht gesehen, und langsam machte er sich Sorgen. Größere Sorgen als angebracht, dachte er und schüttelte den Kopf über sein eigenes Verhalten. Sosehr er sich auch mahnte, sich auf die Schwester zu konzentrieren und dem Bruder aus dem Weg zu gehen, so konnte er es doch nicht ändern.
    Sobald Charles heute Morgen mit einem fröhlichen Lächeln auf den Lippen in das Frühstückszimmer gekommen war, hatte Radcliffe gemerkt, dass ihm das nicht gelingen würde. Der Knabe zog ihn einfach an. Bei Tisch hatten sie sich angeregt über die gegenwärtige politische Lage unterhalten, und er hatte herzlich über den klugen Witz des Jungen lachen müssen. Das war eigentlich gar nicht so übel gewesen, doch als sich ihre Hände berührten, weil sie beide gleichzeitig zur Marmelade griffen, hatte wieder dieser erregende Schauer Radcliffe durchlaufen.
    Das war höchst beunruhigend. An dem einen Tag näherte er sich der Schwester unsittlich, die doch unter seinem Schutz stand, und am nächsten Tag empfand er für den Bruder etwas, das er in seinem ganzen Leben noch niemals für einen Geschlechtsgenossen empfunden hatte.
    Das ging alles über seinen Verstand, und er war zu der Einsicht gelangt, es sei am besten, wenn er von beiden Geschwistern Abstand hielt. Und das würde er auch heute getan haben, wenn er nicht schon zugestimmt hätte, die Zwillinge zu diesem Picknick zu begleiten.
    Immerhin schlug er sich bis jetzt ganz gut. Er hatte sie in der Gesellschaft anderer junger Herren und Damen zurückgelassen und sich selbst den alten Leuten zugesellt.
    Und dort würde ich auch noch immer bei Gesprächen über Wirtschaft und Politik sitzen, wenn Charles nicht verschwunden wäre, dachte er ärgerlich, als er zu der Stelle kam, wo Beth freundschaftlich plaudernd mit Tomas und Clarissa Mowbray zusammenstand.
    „Wo ist Charles?“ fragte er ohne Vorrede, was das Trio überraschte.
    „Charles?“ wiederholte Beth und schaute sich um. „Oh … vor nicht allzu langer Zeit war er doch noch hier. Er muss wohl …“
    „Er ist in den Wald gewandert.“
    Radcliffe warf der jungen Mowbray, die geantwortet hatte, einen scharfen Blick zu, unter dem sie sofort schuldbewusst errötete. „Wohin?“ wollte er wissen.
    „In den Wald eben. Er … er wollte ein bisschen allein sein. Zweifellos wird er gleich wieder zurückkommen.“
    Radcliffes Miene verfinsterte sich. Er fragte sich, ob es denn wirklich notwendig sei, dass er Jagd auf den Jungen machte. Nötig war es wohl nicht, doch vernünftig schon. Immerhin befand sich der Bursche seit dem Fiasko bei Aggie unter seiner Obhut, und im Übrigen traute er ihm nicht sehr viel Verstand zu. Radcliffe jedenfalls kannte niemanden, der sich von einer Peitschen schwingenden alten Hure hätte ans Bett fesseln lassen. Vermutlich hatte er sich jetzt auch noch verlaufen.
    Wieder einmal geriet ein Zweig in ihre Perücke, und Charlie hielt sie fluchend auf ihrem Kopf fest, bis sie nach einem großen Insekt schlug, das ihr ins Gesicht schwirrte.
    Von Ausflügen in die freie Natur hatte sie noch nie sehr viel gehalten, und so langweilig dieses Picknick bis jetzt auch gewesen war, so wollte sie nun doch lieber zu der Lichtung zurückkehren, sich an einen Klapptisch setzen und Täubchenpastete verspeisen, statt sich durch diesen Dschungel zu kämpfen und keine Ahnung zu haben, wo sie sich eigentlich befand.
    Kurz bevor sie die Lichtung endlich doch noch erreichte, hörte sie einen Angstschrei, den sie nicht ignorieren konnte, auch wenn er von einem Tier stammen sollte. Als sie diesen Schrei noch einmal vernahm, gab sie ihre Absicht auf, zum Picknick zurückzukehren, und lief in die Richtung, aus der diese Schreie zu kommen schienen. Auf diese Weise entfernte sie sich von der Lichtung, geriet dichter an das Flussufer, was sie jedoch erst merkte, als sie schon mit einem Fuß in den nassen, schlammigen Boden sank.
    Sofort trat sie einen Schritt zurück, warf erst einen ärgerlichen Blick auf ihren nun schmutzigen Schuh, dann auf die Zweige des Buschwerks vor sich, ehe sie ihren Weg fortsetzte. Aus dem Schreien war unterdessen ein panisches Kreischen geworden, das urplötzlich abbrach.
    Charlie erstarrte, denn die Stille machte ihr mehr Angst als das Kreischen. Sie sprang durch das Gebüsch und wäre beinahe auf die Knie gestürzt, als das Unterholz unvermittelt den Blick auf eine andere Lichtung freigab. Diese war viel kleiner, und auf ihr sah sie einen ledergesichtigen Bauern, der

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