Sanft berührt – und schon verführt?
sie. Obwohl Olivia ein Leben in Luxus gewöhnt war, verblüffte sie der Reichtum der Wolffs immer wieder aufs Neue. Glücklicherweise hatte sie reichlich Kleidung mitgenommen, weil sie nicht gewusst hatte, was sie auf Wolff Mountain erwartete. So war sie auch für die Tage in New York gut ausgestattet.
Noch vor dem Abflug bot ein freundlicher Steward Getränke und einen Snack an, aber Olivia lehnte ab. Das frühe Frühstück war sehr reichlich gewesen. Kieran nahm sich ein Tütchen Cashewnüsse und ging dann nach vorn zum Piloten. Lächelnd streckte Olivia die Beine aus und kuschelte sich in den bequemen Sessel. Trotz ihrer Vorbehalte freute sie sich auf die kleine Reise. Ferien gönnte sie sich selten, und selbst wenn sie mit den Eltern und Cammie unterwegs war, hatte sie immer auf die lebhafte Kleine zu achten und konnte sich nie ganz entspannen.
Sie schloss die Augen und ließ die Gedanken wandern. Doch als sie eine warme Hand auf der Schulter spürte, fuhr sie hoch. Kieran sah lächelnd auf sie herunter. Selten hatte sie ihn so unbeschwert erlebt. Er setzte sich neben sie und schloss den Sicherheitsgurt. „Fliegst du gern, oder gehörst du zu denjenigen, die sich vor Angst vollkommen verkrampfen?“
„Ich fliege gern. Und du?“
„Ich komme so am schnellsten von A nach B. Das ist für jemanden wie mich das Wichtigste. Aber ich liebe auch dieses Gefühl von Freiheit und Abenteuer. Immer noch. Trotz der zig Flüge, die ich schon hinter mir habe. Und das wird auch so bleiben.“
Ja, wahrscheinlich … Olivia wurde das Herz schwer. Der Mann neben ihr liebte das Abenteuer und die Weite der Welt. Er brauchte das wie die Luft zum Atmen. Plötzlich wünschte sie, sie hätte sich nie auf diesen Trip eingelassen. Denn hier hatte sie den Beweis: Der Vater ihrer Tochter würde in einem sesshaften Leben nie glücklich sein.
Das Flugzeug startete, und Olivia war froh, dass der Lärm eine Unterhaltung unmöglich machte. Sie schloss die Augen und tat so, als schliefe sie. Was sollte sie nur tun? Dass sie kurz davor war, sich wieder in Kieran zu verlieben, diesmal aber als erwachsene erfahrene Frau, konnte sie nicht länger leugnen. Aber wie hätte sie dem auch ausweichen können? Kieran Wolff war ein attraktiver, ernsthafter und liebenswerter Mann. Und im Umgang mit Cammie war er so zärtlich und sanft, dass es Olivia tief berührte.
Er liebte seine Tochter, auch wenn er sie kaum kannte. Er wollte ihr Vater sein, und nur Olivias Ängste und Vorbehalte hinderten ihn daran. Das und ihre Furcht, ihn erneut zu verlieren. Die letzten sechs Jahre waren hart gewesen, und immer noch sehnte sie sich nach ihm, wollte ihn wiedergewinnen. Die Stärke dieser Gefühle war erschreckend. Als er ein paar Worte mit dem Steward wechselte, betrachtete sie das geliebte klassische Profil, den sensiblen Mund, die schlanken muskulösen Glieder. Unwillkürlich musste sie an gestern Nacht denken, als sie sich im Wald geliebt hatten. Er war ein wunderbarer Liebhaber. Wenn sie in seinen Armen lag, hatte sie das Gefühl, die begehrenswerteste Frau der Welt zu sein.
Und obwohl sie sehr gut für sich selbst sorgen konnte, genoss sie die schützenden Gesten, mit denen er sie verwöhnte. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte sie davon geträumt, mit ihm verheiratet zu sein. Doch heute wusste sie, dass selbst ein unterschriebener Ehevertrag sie nicht glücklich machen würde. Sie wünschte sich einen Mann, der an allen Tagen da war und nicht nur in Krisensituationen. Mit denen könnte er umgehen, das war ihr klar, aber der übliche Alltag war nichts für ihn.
Offenbar war sie irgendwann eingeschlafen, denn als Kieran sie sanft anstieß und sie aus dem Fenster blickte, war bereits die Freiheitsstatue zu sehen. Kurz danach landeten sie auf einem kleinen Privatflugplatz. Dann ging alles sehr schnell. Ein Wagen mit Chauffeur wartete am Rollfeld, und bald waren sie mitten im dichtesten New Yorker Verkehr.
Lächelnd nahm Kieran ihre Hand und küsste sie. „Ist es dir recht, wenn wir dich in Downtown Manhattan absetzen und du dich ein paar Stunden allein amüsierst, während ich die Sitzung hinter mich bringe?“
Olivia starrte ihn verblüfft an. „Ja, selbstverständlich. Aber …“
„Aber was?“
„Es ist mir peinlich …“ Sie senkte kurz den Blick, sah Kieran dann aber wieder direkt an. „Ich dachte, diese sogenannte Geschäftsreise sei nur ein Vorwand, um mit mir allein zu sein.“ Sein herbes Aftershave verwirrte sie. Überhaupt war das
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