Sanft berührt – und schon verführt?
seine Entscheidung hatte Olivia nicht glücklich gemacht, im Gegenteil. Sie hatte geglaubt, dass er sie nicht mehr wollte. Von dem Gedanken müsste sie inzwischen eigentlich abgekommen sein. Dennoch, in den kommenden Wochen würde er ihr endgültig beweisen, dass er sie damals gewollt und sich daran bis heute nichts geändert hatte.
Aber Cammies Existenz änderte alles. Denn durch sie waren Olivia und er verbunden. Wie stark dieses Band war, musste sich in der nächsten Zeit herausstellen. Ob Olivia ihm verzeihen konnte? „Und was wollen wir jetzt machen?“, fragte er, um sich von diesen Gedanken abzulenken. „Kino? Hafenrundfahrt? Einkaufsbummel?“
Sie sah ihn ernst an. „Wir können nicht immer um den heißen Brei herumreden. Schließlich sind wir hergekommen, um über unsere Situation zu sprechen. Lass es uns hinter uns bringen, dann können wir den Rest des Tages genießen.“
„Wenn du meinst. Du kennst meine Wünsche. Ich möchte, dass ihr den Sommer über auf Wolff Mountain bleibt. Und ich will Cammie sagen, dass ich ihr Vater bin.“
Olivia wandte den Blick ab. „Das geht nicht so einfach. Schließlich habe ich auch noch einen Auftrag zu erledigen. Ich muss in mein Studio zurück.“
„Erzähl mir von deiner Arbeit.“ Schon damals war er von ihren Aquarellen beeindruckt gewesen. Offenbar hatte sie ihr Talent zum Beruf ausgebaut, mit dem gleichen Streben nach Perfektion, das auch er nur zu gut kannte.
„Ich illustriere Kinderbücher, die hier in New York verlegt werden. Dabei bin ich sehr flexibel, sodass ich Zeit für Cammie habe, wenn sie mich braucht. Eins meiner letzten Bücher wurde sogar ausgezeichnet.“
„Dann bist du offenbar sehr erfolgreich.“
„Ja, ziemlich. Ich wollte nie von meinen Eltern abhängig sein, sondern selbst für mich und mein Kind sorgen.“
„Verstehe ich gut. Aber warum kannst du denn nicht auf Wolff Mountain arbeiten?“
„Ich brauche meine Utensilien, Papier, Pinsel, Farben. Außerdem …“
„Außerdem?“
„Ich habe meine Meinung nicht geändert. Nach wie vor glaube ich, dass Cammie sehr leiden würde, wenn du wieder auf allen Erdteilen unterwegs bist. Noch bist du nur ein netter Mann, mit dem sie gern zusammen ist. Aber wenn sie weiß, dass du ihr Vater bist? Dann wird die Trennung für sie viel schwieriger sein. Seit sie verstanden hat, dass ein Kind eigentlich zwei Eltern hat, sehnt sie sich nach einem Vater. Wenn wir ihr die Wahrheit sagen, wird sie davon ausgehen, dass du mit uns nach Kalifornien kommst.“
Die Vorstellung, dass die Kleine sich nach einem Vater sehnte, senkte sich ihm wie ein Stein auf die Brust. „Das ist dein letztes Wort?“
Sie war blass geworden, nickte kurz und schaute ihn ängstlich an. „Wirst du das Gericht einschalten?“
Er stand auf und wandte sich ab, damit sie nicht sah, was in ihm vorging. „Natürlich nicht!“ Er fühlte sich hilflos und zornig zugleich.
Olivia trat neben ihn und legte ihm einen Arm um die Hüften. „Bitte, Kieran, sei nicht böse auf mich. Ich versuche nur, das zu tun, was für das Kind am besten ist. Auch wenn es uns beiden schwerfällt.“
„Ich bin nicht böse“, brummte er und zog sie fest an sich.
„Lass mich morgen mit Cammie nach Hause fliegen. Ich muss meine Arbeit beenden. Außerdem haben Cammie und ich einiges für den Sommer geplant. Und im August kommen wir dann noch mal zu Besuch, bevor du in den Sudan aufbrichst.“
Ihm wurde ganz elend, wenn er an die langen einsamen Wochen dachte, die vor ihm lagen. Er seufzte leise. „Aber versprich mir, noch mal darüber nachzudenken, ob ich Cammie nicht doch die Wahrheit sagen kann.“
„Einverstanden“, sagte sie leise.
„Das ist alles, was ich momentan will.“ Nein, er wollte mehr, so viel mehr … Aber er musste sich gedulden, bis die Zeit reif war.
7. KAPITEL
Olivia fühlte sich schrecklich. Kieran machte vernünftige Vorschläge. Sie war es, die nicht kompromissbereit war. Aber wie sollte sie? Er war kein Vater, wie ein Kind ihn sich wünschte und brauchte. Immerhin hatten sie geklärt, dass Olivia und Cammie vorerst heimreisen würden. Olivia brauchte unbedingt den körperlichen Abstand zu Kieran, um ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden. Wenn sie noch länger mit ihm zusammenblieb, würde sie schließlich allem zustimmen, nur damit er lächelte und sie so wie jetzt in die Arme nahm.
Auf dem Weg zum Central Park hatte er sein Jackett ausgezogen und die Hemdsärmel hochgekrempelt. Für jeden unbefangenen
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