Sanft kommt der Tod
wäre das ebenfalls okay.
Sie warf einen Blick in einen Raum, der offensichtlich Straffos Arbeitszimmer war. Geräumig, elegant mit teurem schokoladenbraunem Ledermobiliar. Die Fenster boten einen schönen Ausblick, doch von außen konnte niemand in das Zimmer sehen, denn Straffo hatte die Scheiben mit Sichtblenden geschützt. Ein kleines Sofa, eindeutig nicht groß genug, um sich dort auszustrecken und ein Nickerchen zu machen. Nein, in diesem Raum ging es einzig um die Arbeit und sonst nichts.
Direkt gegenüber lag das Zimmer seiner Frau. Es gab einen kleinen Schreibtisch mit dramatisch geschwungenen Beinen und dazu passendem Stuhl. Alles in Pastellfarben, bemerkte Eve. Rosa und lindgrün, selbst der hübsche kleine Kamin, auf dessen Sims eine Ansammlung gerahmter Fotos stand. Mehrere Aufnahmen der Tochter, der Familie, eine des - jüngeren, weicheren - Ehepaars. Nirgends aber war ein Bild von einem kleinen Jungen.
Nirgends war ein Bild des verstorbenen Sohns.
Auch hier waren an den Fenstern Sichtblenden montiert, sie wurden jedoch von weichen, grünen Vorhängen flankiert. Dann gab es noch ein kleines Tischchen, auf dem neben einem hübschen Teeservice ein Strauß mit frischen Blumen stand.
Das Zimmer nebenan schien ein Spielzimmer zu sein. Das Territorium der Tochter, dachte Eve. Neben einem kleinen Schreibtisch gab es jede Menge Spielsachen in vielen bunten Farben, darunter so viel grelles Pink, dass Eve davon Zahnschmerzen bekam.
Die Kleine hatte ihren eigenen Computer, merkte sie, ihr eigenes Entertainment-Center und ihr eigenes Teegeschirr, das auf einem eigenen kleinen Tischchen stand. Die Umgebung des Schreibtisches sah aus wie ein Büro - für die Generation, die noch zur Schule ging. Diskettenkästen, Blöcke, Pinsel, Stifte, mit denen wahrscheinlich ein Teil der Bilder an den Wänden geschaffen worden war.
Durch eine offene Tür sah Eve ein riesengroßes Bett. Auch das Schlafzimmer der Kleinen war erschreckend mädchenhaft mit jeder Menge pinkfarbener und weißer Rüschen sowie einer großen Puppensammlung, die auf Puppenmöbeln saß.
Was Eve etwas merkwürdig fand. Wofür brauchten Puppen Stühle, Betten, Tische? Außer, die erwachten mitten in der Nacht zu Leben und benutzten dann das Mobiliar.
Was ein eindeutig gespenstischer Gedanke war.
Sie ging weiter an der Tür vorbei, hinter der das Kindermädchen mit begütigender Stimme mit Allika sprach, und entdeckte ein Gästezimmer, das den Test in jedem Fünf-Sterne-Hotel bestanden hätte.
Damit gab es in der mittleren Etage drei Schlaf-und drei Badezimmer - ohne Zweifel kam man aus dem Schlafzimmer der Eltern in ein eigenes Bad -, ein Spielzimmer, das Wohnzimmer der Mutter sowie Straffos Büro.
Sie hob den Kopf und wünschte sich, sie hätte einen Grund, sich auch noch die oberste Etage anzusehen.
Stattdessen wartete sie ab, bis Cora aus dem Schlafzimmer geglitten kam.
Die junge Frau zog vorsichtig die Tür hinter sich zu, flüsterte: »Die Räume sind nicht schallgeschützt« und bedeutete Eve, wieder mit ihr hinunterzugehen.
»Weshalb gibt es in einer solchen Wohnung keinen Schallschutz?«, fragte Eve.
»Mir wurde gesagt, dass die gnädige Frau keinen Schallschutz will, damit sie Rayleen immer hören kann. Wissen Sie, sie hatten einen Sohn, der gestorben ist.«
»Ja, davon habe ich gehört.«
»Ich habe Ihren Rat befolgt und ihr ein Beruhigungsmittel gegeben. Jetzt wird sie erst mal schlafen. Ich habe ihr gesagt, ich würde ihren Mann anrufen, aber sie meinte, dass ich das nicht darf, und hat noch mehr geweint. Jetzt weiß ich nicht, was ich machen soll.«
»Gab es zwischen den Straffos in den letzten ein, zwei Tagen Spannungen oder Streit?«
»Tja, nun.« Cora schob sich die leuchtend roten Haare aus der Stirn. »Sie war ziemlich nervös. Ich schätze, da Sie von der Polizei sind, ist es nicht aus dem Nähkästchen geplaudert, wenn ich Ihnen erzähle, dass es ihr nicht gefallen hat, dass er den Lehrer, der verhaftet wurde, vertreten hat. Sie hat ihm gestern deshalb Vorwürfe gemacht. Sie war ziemlich aufgeregt und wollte von ihm wissen, was er machen würde, wenn gegen den Mann wegen des Mordes an Mr Foster Anklage erhoben wird. Darauf hat der gnädige Herr gesagt, dass sie sich nicht in seine Arbeit mischen soll.
Wie gesagt, die Räume sind nicht schallgeschützt«, fügte Cora mit einem müden Lächeln hinzu. »Aber das war das erste Mal, dass ich die beiden in dieser Weise streiten gehört habe, seit ich hierhergekommen bin.
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